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Beim Impfen an der Schule Oftringen: Massnahmenkritiker belästigen das Impfteam des Kantons

Vierzehn kleine Ampullen mit Pfizer-Impfstoff liegen in der dickwandigen Kühlbox. Vierzehn Ampullen, das ergibt fast hundert Impfdosen. Eine kostbare Fracht. «Wir bekommen den Impfstoff immer schon aufgetaut», erklärt der Mitarbeiter der kantonalen Impfkampagne, der jeden Morgen beim Zeughaus in Aarau das Material an die mobilen Impfteams abgibt. Bis zu dreissig Tage lang könne man die Ampullen mit dem Impfstoff bei zwei bis acht Grad Celsius lagern.WERBUNG

Es ist 7.30 Uhr morgens, die Luft ist mindestens so kalt wie in der Kühlbox. Impfstoff, Zubehör und ein Notfallkoffer werden ins Auto geladen, dann macht sich das mobile Impfteam auf den Weg. Es besteht aus zwei Frauen – die eine ist fürs Medizinische zuständig, die andere kümmert sich um die administrativen Belange.

Das mulmige Gefühl, beobachtet zu werden

Ihr Ziel ist die Schule in Oftringen. Seit Mitte August läuft die Impfkampagne an den Aargauer Mittel- und Berufsschulen, seit Ende September sind die über 12-jährigen Oberstufenschülerinnen und -schüler an der Reihe. Stand letzte Woche haben in den Schulen der Sekundarstufe II 2327 Personen mindestens eine Impfung erhalten, in jenen der Sekundarstufe I sind es 737 Personen.

In Oftringen sind 53 Schülerinnen und Schüler der Bez, Sek und Real für eine Impfung angemeldet. Sie alle sind über 12 Jahre alt und haben eine schriftliche Einwilligung der Eltern dabei – ohne diese wird kein Kind geimpft. Niemand kann sich spontan impfen lassen oder wird gar vor Ort von einer Impfung überzeugt. Alles ist von langer Hand geplant.

Eine Stunde, bevor es mit den Impfungen losgeht, beginnen die zwei Frauen mit dem Aufbau der Impfstation in der Aula. «Die Situation ist an jedem Ort ein bisschen anders», meint die eine. Sie schaut nach, wo die Schülerinnen und Schüler nach der Impfung die 15-minütige Wartezeit absitzen können. «Hier ist es super gelöst mit dem separaten Raum, der aber vom Hauptraum aus einsehbar ist», sagt die Frau.

Die Frauen vom mobilen Impfteam nehmen das Material am Kühlcontainer beim Aarauer Zeughaus in Empfang.

8 Bilder

Diese Schachteln enthalten Impfzubehör: Nadeln, Spritzen, Alkoholtupfer und Pads.
Der Pfizer-Impfstoff wird in der Kühlbox bei 2 bis 8 Grad Celsius gelagert.
In der Schule Oftringen angekommen, wird das Material ausgeladen.
Die medizinische Fachperson vom Impfteam legt die Spritzen aus.
Die medizinische Fachperson vom Impfteam legt die Spritzen aus.
Der Pfizer-Impfstoff wird mit Kochsalzlösung vermischt, bevor er verimpft wird.
Die medizinische Fachperson vom Impfteam zieht die Spritzen auf - sieben Impfdosen zieht sie aus einer Ampulle.

Die Frauen vom mobilen Impfteam nehmen das Material am Kühlcontainer beim Aarauer Zeughaus in Empfang.

Chris Iseli

Stühle und Tische werden zurechtgerückt, Computer und Drucker angeschlossen, die Spritzen aufgezogen. Die Frauen sind mitten im Aufbau, als die eine aus dem Fenster schaut und auf dem Veloweg gegenüber einen Mann entdeckt. Der Mann trägt eine Kamera. Durch die Glasfront der Aula kann er ungehindert fotografieren, wie drinnen die mobile Impfstation aufgebaut wird. «Nicht schon wieder», sagt die medizinische Mitarbeiterin vom Impfteam. Schnell werden die Rollläden heruntergelassen. Doch ein mulmiges Gefühl bleibt – das Gefühl, unter Beobachtung zu stehen.

Ein Gegendemonstrant schiesst Fotos auf dem Schulgelände

Eine Mitarbeiterin der Schulverwaltung und eine Angehörige des Impfteams gehen nach draussen und konfrontieren den Mann. Dabei stellt sich heraus: Er ist ein Gegendemonstrant, der gegenüber Impfungen an der Schule kritisch eingestellt ist. Die Mitarbeiterin der Schule verwarnt ihn und fordert ihn auf, das Schulgelände zu verlassen – ansonsten werde die Polizei eingeschaltet, um ihn wegzuweisen. Trotz der Verwarnung: Der Mann bleibt in der Nähe des Schulhauses stehen, weitere Personen kommen hinzu. Es sind auch Frauen dabei – es könnten Eltern von Schülerinnen und Schülern sein.

Schon am Vortag bei der Schule Rothrist habe es eine Demonstration gegen die Impfaktionen gegeben, sagt der Mitarbeiter der kantonalen Impfkampagne. Dort protestierten rund 20 Personen gegen den angeblichen Impfzwang. «Am Montag vor einer Woche erhielten wir eine Anfrage für eine Kundgebung im Rahmen der Impfaktion an der Oberstufe», erklärt Frau Vizeammann Daniela Weber, die unter anderem dem Ressort Schule vorsteht.

Gemeinde Rothrist hatte Kundgebung bei der Schule am Montag bewilligt

In Absprache mit der Schulleitung, der Regionalpolizei und dem Departement Gesundheit und Soziales des Kantons bewilligte der Gemeinderat die Kundgebung. «Wir dachten, dass eine bewilligte Demonstration unter überprüfbaren Vorgaben besser ist, als allenfalls mit einer unbewilligten konfrontiert zu sein.» Weber, die wegen der Kundgebung den gesamten Morgen auf dem Areal der Oberstufe verbracht hatte, stellt den 20 bis 25 Demonstranten ein gutes Zeugnis aus.

«Eine unserer Auflagen war es, dass die Demonstranten nicht mit den Kindern interagieren. Daran, wie an alle anderen Auflagen, haben sie sich gehalten.» Auch die Regionalpolizei, welche immer wieder vor Ort war, sei mit dem Verlauf der Demonstration zufrieden gewesen, sagt Weber. «Auch im Nachhinein sind wir der Meinung, mit der Bewilligung den richtigen Weg gewählt zu haben.»

Die Störaktionen geben den Impfteam-Mitgliedern zu denken

Anders als in Rothrist ist die Demonstration an der Schule Oftringen nicht bewilligt. «Die Massnahmenkritiker machen Fotos und Videos. Sie treten ziemlich provokativ und penetrant auf», sagt der Mitarbeiter des Kantons. «Für alle Einsätze von uns hat der Kanton ein Sicherheitsdispositiv, damit wir in solchen Situationen rasch reagieren können.» Gemäss Zahlen des Kantons waren die mobilen Impfteams bisher an 120 Aargauer Schulstandorten im Einsatz. An sieben kam es zu Zwischenfällen während der Impfaktionen.

Der Mitarbeiter der Impfkampagne ebenso wie die beiden Frauen vom Impfteam möchten weder ihr Bild noch ihren Namen in der Zeitung sehen. Dies hat auch mit den Störaktionen zu tun: «Ich möchte nicht, dass diese Leute bei mir zu Hause an der Türe klingeln», sagt die eine Frau. «Es gibt mir schon zu denken, wie sie auftreten.» Der Mitarbeiter des Kantons sagt, er habe einen breiten Rücken, ihm mache das Ganze nicht viel aus:

«Generell versuchen wir die Demonstrierenden auszublenden. Wir ignorieren die kleine Minderheit, die solche Aktionen durchführt, und lassen uns nicht beirren.»

Genauso auch in Oftringen: Pünktlich um 9.30 Uhr betritt die erste Schülerin die Aula. Auch ein Arzt ist zugegen, der den Ablauf überwacht. Er befragt die Schülerin zu Allergien und ob sie Covid-19 schon durchgemacht habe. Nach der Impfung bekommt die Schülerin einen Traubenzucker und begibt sich in den Warteraum.

Ebenso geregelt läuft die Impfung bei den anderen 52 Oftringer Schülerinnen und Schülern ab. Zwei Stunden sind dafür eingeplant. Am Nachmittag steht das mobile Impfteam an der Schule Gränichen im Einsatz. «Es ist ein sportliches Programm», sagt die eine Frau vom Impfteam, «aber das schaffen wir schon.»