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Zehn Grossrätinnen wollen «Gemeindeammann» abschaffen und die Kantonsverfassung dafür ändern

Baden packt den «Stadtammann» in die Mottenkiste, Buchs den «Gemeindeammann» ebenfalls. In Küttigen wird die Abschaffung der Bezeichnung diskutiert, in Windisch ist sie seit ein paar Jahren umgesetzt: 2017 haben 77 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner dem Namenswechsel von Gemeindeammann zu Gemeindepräsidium zugestimmt.

Seither ist Heidi Ammon in Windisch Gemeindepräsidentin, angetreten hatte sie ihr Amt noch als Frau Gemeindeammann. Für den Kanton aber bleibt Heidi Ammon weiterhin Frau Gemeindeammann, denn die Bezeichnungen der politischen Ämter sind in der Kantonsverfassung verankert – und dort ist vom Gemeindeammann die Rede.

Nur männliche Form wird erwähnt

Ein Umstand aus einer vergangenen Zeit, den es zu ändern gilt, finden zehn Grossrätinnen aller Parteien ausser der SVP. Sie fordern, dass die Kantonsverfassung angepasst wird, im entsprechenden Artikel soll «der Gemeindeammann» durch «Präsidium der Gemeinde» ersetzt werden. Die Motion haben sie in der letzten Sitzung des Grossen Rats vor Weihnachten eingereicht.

Carole Binder, Grossrätin SP.

«Die Gemeinden sind zwar in der Wahl der Bezeichnung frei, beim Kanton gilt aber nach wie vor nur die männliche Form», erklärt Carole Binder-Meury (SP), warum sie und ihre Kolleginnen diese Anpassung möchten. Zum Beispiel bei der Ausschreibung der Wahl muss die Terminologie des Kantons übernommen werden. Gut 50 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts sei es an der Zeit, dass in den Bezeichnungen der höchsten politischen Ämter kein Geschlecht mehr explizit erwähnt wird, sagt Binder.

Abgrenzung zu anderen Präsidien

Jeanine Glarner, Frau Gemeindeammann von Möriken-Wildegg, sagte im letzten Herbst gegenüber der AZ, sie sehe keinen Grund, an der Begrifflichkeit etwas zu ändern. Zwar sei «Gemeindeammann» veraltet, «aber sympathisch». Schliesslich sei der Ammann die Bezeichnung für ein Amt, das vom gesamten Wahlvolk bestimmt werde. Die Terminologie trage dem Rechnung, das Amt werde von einem Präsidium eines Vereins oder in der Privatwirtschaft abgegrenzt.

«Wir wählen eine Funktion, kein Geschlecht», sagt aber auch Carole Binder. Gerade deswegen sei es stossend, dass nur die männliche Form in der Verfassung stehe. Die weiblichen Bezeichnungen «Frau Vizeammann» oder «Frau Gemeindeammann» betiteln die Vorstösserinnen als holprig und unmöglich. «Sie gehören auch im Aargau in die Geschichtsbücher und nicht mehr in den politischen Alltag», halten sie fest.

Letzter Versuch scheiterte 2009

Tatsächlich ist der Aargau der letzte Kanton mit Gemeindeammännern. Solothurn hat den Begriff schon 1992 abgeschafft, St.Gallen 2002 und zuletzt Thurgau 2014. Neu ist die Idee aber auch für den Aargau nicht. Im Juli 2006 überwies der Grosse Rat ein Postulat, das für die Bezeichnung der Gemeindebehörde «Gemeindepräsidentin beziehungsweise Gemeindepräsident» forderte.

Der Regierungsrat baute die Forderung ins zweite Paket der Gemeindereform mit ein. Doch diese scheiterte im September 2009 an der Urne. Carole Binder mag nicht abschätzen, wie der neue Vorstoss im Grossen Rat ankommen wird. Sie ist aber überzeugt: «Der Gemeindeammann entspricht nicht mehr dem Zeitgeist.»

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