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Mit Quereinsteigern gegen den Lehrermangel – der Kanton soll Studierende unterstützen

Dass im Aargau Lehrermangel herrscht, ist bekannt, das Problem wird angegangen. Im Aufgaben- und Finanzplan gibt es einen eigenen Entwicklungsschwerpunkt mit Massnahmen. Und erst am letzten Dienstag überwies der Grosse Rat diskussionslos ein Postulat der SP, das ein Monitoring zur Anzahl ungenügend qualifizierter Lehrpersonen an Aargauer Schulen verlangt.

Mit einer Untersuchung allein werde das Problem jedoch nicht gelöst, hielt der Regierungsrat zum Vorstoss der SP fest: «Hierzu sind in erster Linie die Arbeitsbedingungen an der Volksschule attraktiv zu gestalten, gewinnbringende Ausbildungsmöglichkeiten an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz zu etablieren oder auszubauen und mehr Personen zu Lehr- und Fachpersonen auszubilden.»

Zweijähriges Studium zur Primarlehrperson soll attraktiver werden

Dafür bringt die SP jetzt einen weiteren Vorschlag. Mit finanzieller Unterstützung durch den Kanton soll es Quereinsteigenden leichter gemacht werden, die Ausbildung als Lehrerin oder Lehrer in Angriff zu nehmen, verlangt die Fraktion per Postulat. Eingereicht hat sie es in der letzten Grossratssitzung.

An der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz wird seit diesem Schuljahr die Studienvariante Quereinstieg angeboten. Absolvieren kann diese, wer mindestens 30 Jahre alt ist und bereits in einem Beruf tätig war. Das Bachelorstudium für Kindergarten und Primarschulstufe dauert sechs Semester, für höhere Schulstufen braucht es ein Masterstudium. Zum Quereinsteigenden-Studium gehört, dass die Studierenden ab dem zweiten Jahr bereits in einem Pensum von 30 bis 50 Stellenprozenten unterrichten.

Der Haken: 30-Jährige haben oft Verpflichtungen

So ausgebildete Lehrpersonen sind also bereits deutlich früher auf dem Markt als jene mit herkömmlichem Bildungsweg. «Es ist für die Stellenbesetzung eminent wichtig, dass dieser Ausbildungsweg ausgebaut wird», hält die SP-Fraktion in ihrem Postulat denn auch fest. Doch einen Haken hat das Ganze aus Sicht der Sozialdemokraten: In vielen Fällen sei davon auszugehen, dass über 30-Jährige für die Versorgung einer Familie aufkommen müssen. Doch im ersten Ausbildungsjahr können die Quereinsteigenden keiner geregelten Arbeit nachgehen und damit auch keinen nennenswerten Verdienst erzielen.

Rolf Walser, Grossrat SP.

Das könnte für Interessierte ein Hindernis sein, die Ausbildung in Angriff zu nehmen, sagt SP-Grossrat Rolf Walser: «Diese Berufsleute stehen vielleicht mitten im Leben und es ist für sie nicht ohne weiteres möglich, ein Jahr lang ohne Einkommen eine Ausbildung zu machen.»

Der Kanton Aargau müsse in der aktuell angespannten Situation also alles unternehmen, um möglichst viele Lehrpersonen ausbilden zu können, schreibt die Fraktion in ihrem Postulat. Sie fordert, dass Quereinsteigende mit Familienverantwortung vom Kanton über die schon bisher möglichen Darlehen hinaus finanziell unterstützt werden.

Polizistinnen und Polizisten werden während Ausbildung entlöhnt

Die Idee kommt nicht von ungefähr. Aargauer Polizistinnen und Polizisten erhalten während ihrer gesamten zweijährigen Ausbildungszeit einen Lohn. Im ersten Jahr zwischen 4400 und 4850 Franken pro Monat, im zweiten zwischen 4900 und 5350 Franken. «Auch die Polizei hat Schwierigkeiten, genügend geeignetes Personal zu finden. Dieser Lohn aber ist ein Anreiz», sagt Rolf Walser. Er ist Präsident der Kommission Öffentliche Sicherheit.

Das könnte auch bei Lehrpersonen funktionieren, glaubt der Grossrat. Zur Ausgestaltung der Unterstützung macht die SP aber keine Vorschläge. «Wir halten das bewusst offen», sagt Rolf Walser. Studierende müssten dabei natürlich nicht wie eine bereits ausgebildete Lehrperson entlöhnt werden, «aber so, dass sie davon weiterleben können», findet der Schulleiter der Kreisschule Erzbachtal.

Über 300 offene Stellen für Lehrpersonen

Auf dem Schulportal des Kantons Aargau waren am letzten Freitag insgesamt 303 freie Stellen für Lehrpersonen ausgeschrieben. Etwa bei der Hälfte werden Stellvertretungen gesucht, der grosse Rest sind unbefristete Stellen als Klassenlehrperson oder Fachlehrperson in Teil- oder Vollzeit. Die Schulleitungen werden vermutlich nicht alle davon mit ausgebildeten Lehrpersonen besetzen können. Ab kommenden Sommer aber können die Quereinsteigenden bereits etwas Entlastung bringen.