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Wenn sich Wolken impfen lassen

Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, heute über ein frühlingshaftes Thema zu schreiben. Ich hätte beispielsweise erklären können, wie die warme Frühlingssonne den Körper das Glückshormon Endorphin ausschütten lässt. Und wie genau die milden Temperaturen einen Einfluss auf unsere Psyche haben. Aber nachdem uns der Winter über das vergangene Wochenende noch einmal heimgesucht hat und die Nächte derzeit richtig frostig daherkommen, musste ich mir eingestehen, dass die Sinnhaftigkeit dafür genauso wenig gegeben ist wie meines Erachtens eine japanische Winkekatze auf einem Fensterbrett.

Ja, wir müssen uns damit abfinden, dass uns das Wetter hin und wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Zu beneiden ist keinesfalls die Landwirtschaft, welche einen der trockensten Märzmonate seit Messbeginn erdulden musste. In Aarau fiel etwa ein Drittel der für einen normalen März üblichen Niederschlagsmenge. Und als ob dies noch nicht genug des Leides wäre, liegen die Nächte mit dem aufklarenden Himmel aktuell im tieffrostigen Bereich, was vielen Obstbauern Sorge bereiten dürfte. In der Nacht vom vergangenen Sonntag auf Montag lag das solothurnische Welschenrohr mit –12,1 Grad an der Spitze der Tiefstwerthitparade aller Schweizer Flachlandstationen.

Natürlich gibt es Möglichkeiten, wie landwirtschaftlich angelegte Pflanzen vor dem Frost geschützt werden können. Wein­reben und Obstbäume, welche von sogenannten Frostschutzkerzen umgeben sind, kennen wir von Fotos aus den Medien. Doch tatsächlich ist es auch möglich, das Wetter weiträumiger zu beeinflussen. So unterhält die Volksrepublik China ein staatliches «Wetterveränderungsamt». Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele im Jahr 2008 in Peking sollte unbedingt trocken über die Bühne gehen, sodass man Flugzeuge in den Himmel schickte, welche mithilfe von Chemikalien die Regenwolken vor der Millionenstadt abregnen liessen. Bereits während des Zweiten Weltkriegs hielten die Sowjets während ihrer Militärparaden die Wolken über dem Moskauer Roten Platz vom Himmel fern. Dieses Vorgehen wird auch «Wolkenimpfung» genannt.

Dass die chinesischen Forscher der Mutter Natur das Regenwasser aber noch nicht reichen können, zeigte sich im November 2009. Um eine anhaltende Dürreperiode zu beenden, sollte mit einer Wolkenimpfung Regen produziert werden. Dies ging aber gründlich in die Hose: 16 Millionen Tonnen künstlich erzeugter Schnee trafen Peking unvorbereitet. Das absolute Chaos war vorprogrammiert.

Inwieweit Wolkenimpfungen künftig auch in der westlichen Welt eine Rolle spielen werden, bleibt abzuwarten. Auch wenn ich heute gerne über Frühlingsgefühle geschrieben hätte: Dafür schicke ich keine Flugzeuge in den Himmel. Der Wintereinbruch vom Wochenende geht also weder auf die chinesische noch auf meine Kappe.