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Umstrittener Pater Adam gründet in Gebenstorf-Turgi «Untergrundkirche»

Im Frühling liess die Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi die Schlösser der katholischen Kirche austauschen. Priester Pater Adam darf sich der Kirchen und Kapellen in Gebenstorf und Turgi nicht mehr nähern. Er hat ein Rayonverbot. Messen hält er aber trotzdem – in einem Keller.

Es ist ein ungewohnter Ort, um eine Messe zu feiern. Ein Heizungskeller im Vogelsang in Gebenstorf. Es riecht nach Öl, der Verputz löst sich von den Wänden. Erst auf den zweiten Blick fällt der improvisierte Altar auf: Ein weisses Tuch über einem Klapptisch, dekoriert mit Jesus- und Marienstatuen. Den Besucherinnen und Besuchern der selbsternannten «Untergrundkirche» macht das allerdings nichts aus. «Der Ort ist für mich egal. Jesus ist überall», sagt etwa eine Besucherin.

Die Abspaltung der Kirche

Der Austausch über die Gottesdienste findet über eine Whatsapp-Gruppe mit dem Namen «Underground»-Christen statt. Es ist nicht nur eine Anspielung auf den unterirdischen Standort der Gottesdienste, sondern auch darauf, dass sie sich von der regulären katholischen Kirche verstossen fühlen. Pater Adam hatte von der katholischen Kirche Gebenstorf-Turgi ein Hausverbot erhalten, als er nach seiner Kündigung weiter Messen in der Kirche abhielt. Daraufhin verschob er die Messen vor die Kirchen und hat seitdem ein Rayonverbot. Er darf sich den Kirchen und Kapellen in den Gemeinden Gebenstorf und Turgi nicht mehr nähern.

Deshalb haben Pater Adam und seine Anhänger sich von der regulären katholischen Kirche abgespalten – das sogenannte «Schisma von Gebenstorf». Daher sei der Ort beim Lernwerk in Gebenstorf sehr passend, findet eine Besucherin: «Dies ist ein Ort, an den diejenigen Menschen kommen, die wieder neu anfangen müssen im Leben. Hier sind wir geduldet.» Dennoch sei der Begriff Untergrundkirche nicht ganz ernst gemeint: «Unsere Messen sind öffentlicher als die Messen in der Kirche.»

Über 20 Personen sind an der Messe im Industriekeller. Frauen, Männer, Junge und Alte. Und das an einem Wochentag. Ganze zehn Messen hält Pater Adam jede Woche im Keller. Und jede dieser Messen sei gut besucht, sagt Daniel Ric, der ehemalige Präsident der Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi, und enger Vertrauter von Pater Adam: «An jedem Gottesdienst sind mindestens zehn Personen, am Wochenende sicher drei oder viermal so viele». Die «Untergrundkirche» zähle damit mehr Kirchenbesuche pro Woche als die reguläre katholische Kirche.

Nach dem Rayonverbot der katholischen Kirche Gebenstorf-Turgi hat Pater Adam seine Messe zunächst nach draussen verlegt.
Claudia Laube

Katholische Kirche Gebenstorf-Turgi fühlt sich nicht bedroht

Eine Bedrohung für die katholische Kirche sei das aber nicht, sagt Andreas Zillig, Vizepräsident der Kirchenpflege: «Die meisten Personen, die dahin gehen, sind nicht aus der Region Gebenstorf-Turgi». Einen Einfluss auf die Zahl der Kirchgängerinnen und Kirchgänger habe das deshalb nicht. Er vermutet den Kirchenstreit und die Bekanntheit von Pater Adam als Grund für die vielen Besucherinnen und Besucher der Messen.

Zur Erinnerung: Im vergangenen Mai hat die römisch-katholische Landeskirche Aargau bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen Daniel Ric und den Finanzverantwortlichen wegen Amtsmissbrauch und «eventualiter ungetreue Geschäftsführung» eingereicht. Zum einen seien an der Kirchgemeindeversammlung im November nicht wie aufgetragen Ergänzungswahlen für drei neue Kirchenpflegemitglieder traktandiert worden. Zum anderen habe der umstrittene Pater Adam Serafin weiterhin Lohn erhalten, obwohl er gar nicht mehr in der Kirchgemeinde angestellt gewesen sei.

Für Daniel Ric hingegen ist klar, es sei nicht der Eklat, der Menschen anzieht. Er sieht den Grund in der Art des Gottesdienstes:

In anderen Pfarreien werden Sachen gemacht, die weltweit absolut unüblich sind. Ausländer, Ausländerinnen und Secondos kommen deshalb zu uns.

Die meisten Kirchenanhänger geben noch einen anderen Grund an: Die schiere Menge an Gottesdiensten. «Ich gehe auch in andere Kirchen, aber ich arbeite im Gesundheitswesen mit verschiedenen Diensten. Ich gehe dahin, wo es ein Angebot gibt», sagt eine Besucherin. Ausserdem falle ihr kaum mehr auf, dass der Gottesdienst nicht in einem Gotteshaus stattfinde.

Irgendwann während der Messe fällt auch mir nicht mehr auf, dass wir in einem Industriekeller sind. Die Besucherinnen und Besucher singen und beten so laut, dass das Surren der Heizung übertönt wird. Und der Geruch nach Öl wird vom Geruch nach Weihrauch abgelöst.

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