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Sie verarbeitet das «Vlies der Götter»

Esther Föllmi geht einem selten gewordenen Handwerk nach. Sie stellt in ihrem Atelier in Wikon handgesponnene und -gewebte Produkte her.

In den letzten Jahren ist ein steigender Trend zu reinen Naturprodukten feststellbar. Die Konsumenten schätzen die Vorteile natürlicher handgesponnener und handgewebter Produkte, die aus naturfarbener oder mit Pflanzen gefärbter Wolle hergestellt werden. Die Alpacawolle wird als das «Vlies der Götter» genannt und erfreut sich grosser Beliebtheit.

Esther Fölmli lebt in einem schönen Bauernhaus an der Oberdorfstrasse in Wikon. Mit grosser Leidenschaft stellt sie dort die unterschiedlichsten Produkte her. Bei ihr merkt man sofort: Der Beruf ist Berufung. Ursprünglich hat sie die Ausbildung zur Lehrerin für Handarbeit und Werken durchlaufen. Heute arbeitet sie selbstständig in ihrem Atelier mit den unterschiedlichsten Grundstoffen – in diesem Fall Alpaka- und Schafwolle.

Die Wolle lässt sie in Huttwil karden

Die Seide bezieht sie als grosse Spulen bei einem Händler aus der Schweiz. Die Wolle der Alpakas und der Schafe erhält sie direkt nach deren Schur von diversen Betrieben. Zuerst wäscht sie die Wolle und bringt sie anschliessend zum Karden in die Schaukarderei nach Huttwil. Mit diesem Verfahren werden die Fasern der diversen Wollen gekämmt, damit sie versponnen werden können.

Esther Fölmli berichtet mit Begeisterung: «Ich liebe es sehr, an meinem Spinnrad die Wolle zu dicken oder feinen Garnen zu spinnen, um sie dann als grosse Wollknäuel weiter zu verarbeiten. Gerne stricke ich aus Alpacawolle Mützen, Amadiesli oder Schals. Mit Wonne verarbeite ich die Wolle der Alpacas auch mit Seide zu Stoffen oder verarbeite sie zu Tischdecken, Sets und Läufer.»

Ich liebe es sehr, an meinem Spinnrad die Wolle zu dicken oder feinen Garnen zu spinnen

Esther Föllmi

aus Wikon

Im Moment hat sie auf dem grossen Webstuhl im Estrich zudem einen zweifarbigen, grossen Teppich in Arbeit, der auf der einen Seite grün und auf der anderen Seite weiss, grau ist. Mehrmals betont Fölmli: «Für mich ist die Nachhaltigkeit sehr wichtig. Ich bin mir auch der Problematik der Verwendung der Schafwolle bewusst. Leider wird sie noch viel zu oft weggeworfen.»

Es gebe heute nebst Verwendung der Schafwolle als Isolationsmaterial neu auch Schafwoll-Dünger-Pellets. Die reine Schurwolle wird dafür getrocknet, zerkleinert und danach pelletiert. «Daraus entsteht ein wertvoller organischer Langzeitdünger. Er kann fast das 3,5 fache der Eigengewichts an Wasser speichern», erklärt die Wikonerin.

Die Schurwolle speichert Wasser

Selbst gebe sie die unbearbeitete Schurwolle mit allem was drin steckt, grossflächig auf ihre Tomaten oder Gemüsetöpfe. Die Schurwolle speichert das Wasser und kämpft gegen die Trockenheit an. «Belohnt werde ich mit schönen, saftigen Tomaten und leckerem Gemüse», sagt Esther Fölmi. Als Selbstversorgerin arbeitet sie im Sommer in ihrem grossen Garten, zieht Gemüse und bereitet es auch für den Winter vor.

Ab und an kann man sie auch auf dem Handwerkermarkt in Luzern treffen und mit ihr über Arbeitstechniken sprechen oder mit ihr über die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit diskutieren. Schliesslich ist das Weben eine der ersten Techniken, die vor sehr langer Zeit erfunden wurde und deren Ursprünge sich in Frauenhand befanden.

Esther Föllmli mit einem aus Seide geworbenen Oberteil vor ihrem Wohnhaus in Wikon. Im Hintergrund die vorbereiteten Tomatentöpfe. Sie deckt diese mit der unbehandelten Schafwolle zu.
Bild: Béatrice Wüst