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«Das Vergehen kann also gar nicht begangen worden sein»: Polizist vermutete Hanfplantage und fand Waffen – dennoch wurde niemand verurteilt

Ein 21-Jähriger musste sich wegen Vergehen gegen das Waffengesetz vor dem Bezirksgericht verantworten. Er wurde freigesprochen – aber nicht aus den Gründen, die sein Verteidiger darlegte.

«Ich werde keine Aussagen machen», sagte Julian (Name geändert) zu Beginn der Verhandlung. «Auch nicht zur Person?», fragte Gerichtspräsident Christian Märki. «Nein.» Die Befragung des Beschuldigten war schnell vorbei. Vorgeworfen wird dem 21-Jährigen ein Vergehen gegen das Waffengesetz. Er habe Waffen ohne Waffenerwerbsschein und ohne schriftlichen Vertrag gekauft. Dafür soll Julian gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm zu einer Geldstrafe von 5000 Franken bedingt und einer Busse von 1000 Franken verurteilt werden.

So knapp wie Julian war, so ausführlich war dafür sein Anwalt. «Es führt kein Weg an einem Freispruch vorbei», lautete die immer wiederkehrende Botschaft des Plädoyers. Dies, weil die Beweismittel unrechtmässig beschlagnahmt worden seien. Tatsächlich sprach Gerichtspräsident Christian Märki den Beschuldigten von Schuld und Strafe frei. Aber nicht aus den Gründen, die der Verteidiger präsentierte.

Vorstrafe, Geruch und ein zugeklebtes Fenster

Insgesamt zehn Waffen wurden während einer Hausdurchsuchung festgestellt. Die wurde angeordnet, weil ein Polizist eine Hanfanlage bei Julian zuhause vermutete. Ein Kellerfenster, das von der Hauptstrasse aus sichtbar ist, war zugeklebt und mit einem Lüftungsrohr versehen, und der Polizist gab an, Cannabis gerochen zu haben. Als Jugendlicher wurde Julian bereits einmal wegen Betäubungsmitteln verurteilt.

«Der Vorwurf hat weder Hände noch Füsse», sagte der Verteidiger. So habe der Polizist laut Polizeibericht einen «mittelfesten» Geruch nach Cannabis wahrgenommen. Der Anwalt meinte: «Ich kenne mich zwar nicht aus, aber entweder es riecht nach Cannabis oder nicht.» Es handle sich bei der Begründung des Polizisten um eine leere Behauptung. Das werde dadurch bestätigt, dass bei der Durchsuchung kein Cannabis gefunden wurde. Bei der Hausdurchsuchung habe es sich demnach um eine sogenannte Fishing-Expedition gehandelt. Die Zufallsfunde, also die Waffen, die dabei festgestellt wurden, dürften demnach keinesfalls als Beweise zugelassen werden.

Gehörten die Waffen der dritten Person im Haus?

Würden sie das doch, sei aber immer noch nicht bewiesen, dass die Waffen Julian gehören. Auf den Bildern würde man den genauen Fundort der Waffen nicht erkennen und neben seiner Mutter und ihm wohne ja noch eine weitere Person im Haus. Dass es sich dabei um eine fast 90 Jahre alte Frau handelt, erwähnte der Verteidiger nicht.

Weiter argumentiert der Verteidiger, dass sein Mandant die Liste mit den gefundenen Waffen nie unterschrieben habe, sondern seine Mutter. Daraufhin suchte Märki das von Julian unterschriebene Dokument hervor und zeigte es ihm. Der Gerichtspräsident fügt an, dass der Anwalt gemäss Protokoll damals beim Unterschreiben auch dabei war.

Er konnte das Vergehen gar nicht begehen

Bei der Urteilsverkündung erklärt Gerichtspräsident Christian Märki, dass die Hausdurchsuchung aufgrund der Beweise – Vorstrafe, Geruch und verklebtes Kellerfenster mit Lüftungsrohr – rechtmässig gewesen sei. Die Beweise seien typisch für Indoor-Hanfplantagen.

Aber wieso wurde Julian freigesprochen? Ein Blick ins Waffengesetz zeigt: nicht alle Waffen setzten einen Waffenerwerbsschein voraus – so auch die zehn Druckluft- und CO2-Waffen nicht, die bei Julian gefunden wurden. «Das Vergehen kann also gar nicht begangen worden sein», sagt Märki. Die Waffen des Beschuldigten seien zwar meldepflichtig. Ob diese Regel eingehalten wurde, sei während des Strafverfahrens aber gar nie überprüft worden.

Bei der Staatsanwaltschaft hat man das mündlich eröffnete Urteil zur Kenntnis genommen. Die schriftliche Begründung werde man noch prüfen, Wie es auf Anfrage heisst, behalte man sich das Rechtsmittel respektive die Berufung als Möglichkeit vor.