
Sneakers sind aus der Mode nicht mehr wegzudenken – wir zeigen die Modelle, die in diesem Jahr heiss laufen
Am Ostermontag reiste eine Freundin nach Zürich, um sich eine Varieté-Show anzusehen. Ein Ausflug in die Big City, das ist Anlass genug, sich herauszuputzen, dachte sie sich. High Heels gehören da selbstverständlich dazu. Ihr Mann liess sie vor dem Theater aussteigen, mehr als eine Häuserzeile lang hätte sie damit nicht gehen können. Im Saal dann die Überraschung. Sie war die einzige Person mit hohen Hacken. Alle anderen trugen: Sneakers.
Für einmal passt der Anglizismus besser. Turnschuhe sind längst nicht mehr nur zum Turnen da. Und «to sneak» bedeutet: anschleichen. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Auf leisen Sohlen haben sich Sneaker angeschlichen und sich nun zum globalen Phänomen, zum Phänomen der Masse entwickelt: Man trägt sie heute immer und überall, zum Anzug, zum Einkaufen, in der Disco, sogar zum Chanel-Kostüm. Oder eben im Theater.
Ein Novum in der Modegeschichte, davor bewegten sich Sneakers stets im begrenzten Gärtchen. In den 1980ern war es die Hip-Hop-, Breakdance- und Basketball-Community, in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren wurden die Schuhe zum Bestandteil jugendlicher Subkulturen – von Skatern über Raver bis zu Hip-Hoppern. Im Mainstream blieben sie im Schatten von High Heels, Ballerinas und spitz zulaufenden Lederschuhen. Turnschuhe zum Cocktaildress? Damals undenkbar.
Die Geschichte

Bild: imago stock&people
Der Weg der Sneakers beginnt um das Jahr 1830 herum, in der Tüftelkammer eines gewissen Charles Goodyear. Nach zahlreichen Experimenten gelang es dem Amerikaner, Kautschuk widerstandsfähig zu machen.
Und zwar durch Vulkanisation: Dabei werden zwischen den Kautschuk-Molekülketten Schwefelbrücken aufgebaut. Galt Kautschuk zuvor als schwierig, weil er bei Hitze weich und klebrig, bei Kälte brüchig wurde, war das neue Material – Gummi – robust, biegsam und wetterfest. Das machte es perfekt für die Sohlen von Schuhen, die bequem und sporttauglich sein sollten.
Goodyear aber fokussierte vorerst auf Autoreifen und Zelte. Erst 1892 – lange nach seinem Tod – kam der erste massenproduzierte Sneaker auf den Markt. Der Leinenschuh Keds mit Gummisohle schlug ein wie eine Bombe. Um 1917 folgte der Basketballschuh «All Star» von Converse.
Wenig später pröbelte der deutsche Schuster Adolf «Adi» Dassler an Sportschuhen mit Spikes herum, zusammen mit seinem Bruder Rudolf. Obwohl die beiden rasch internationale Erfolge feierten, trennten sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg: Adi gründete Adidas, Rudolf Puma – eine der berühmtesten Rivalitäten der Sportgeschichte.
Die Trends 2025
Schlanke Silhouetten, niedrige Profile – und Y2K
Sowohl Adidas als auch Puma stehen heute wieder hoch im Kurs. Um Modelle wie Samba und Gazelle von Adidas – schlanke Silhouette, niedriges Profil – entstand in den vergangenen Jahren eine richtige Hysterie; gewisse Farbkombinationen waren innert weniger Minuten ausverkauft. Puma profitiert von diesem Hype: «Zu unseren am stärksten nachgefragten Modellen gehört derzeit der Speedcat», sagt Daniela Klaeser, Teamleiterin Streetwear beim Onlinehändler Zalando.
Er gilt als coole Alternative zum Samba; die Mode- und Lifestyle-Plattform Stylight rief ihn gar zum Trend-Sneaker 2025 aus. Einen Schuh also, der erstmals 1999 auf den Markt kam. Dass gerade dieses Puma-Modell nach fast 30 Jahren wieder gross im Kommen ist, passt zum Zeitgeist, der die Nullerjahre – auch «Y2K» genannt – feiert, sagt Klaeser: «Wir erleben eine Rückkehr der Styles aus dieser Zeit. Marken durchforsten ihre Archive auf der Suche nach dem ultimativen Y2K-Comeback-Modell und bringen sogenannte Low-Profile-Sneaker neu heraus.»

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Bei Adidas wiederum löst das Modell Country OG Samba und Gazelle ab: Laut verschiedenen Modemagazinen ist dieser Schuh mit Wildledereinsätzen und den ikonischen Streifen im Retro-Stil auf dem Vormarsch. 1972 für Athleten und Athletinnen designt, gilt der Sneaker heute als Evergreen und kann zu allen erdenklichen Styles kombiniert werden:

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Weniger «girly Styles», mehr monochrom und unisex
Auch klobige Modelle, Chunky Sneakers genannt, die die Szene in den vergangenen Jahren dominiert haben, sind noch immer auf den Strassen zu sehen, und zwar bei Jung und Alt. Die Farbgebung geht indes langsam weg von superbunt zu monochrom. Beige und Grau dominieren, und das hat seinen Grund: Unisex-Sneaker sind gross im Kommen.
Sergio Muster, Gründer der Messe Sneakerness*, sagt dazu: «Ich sehe das weniger als Trend, sondern vielmehr als Entwicklung innerhalb der weiblichen Community, die sich endlich von den typisch ‹girly Styles› löst.» Der US-Hersteller New Balance bietet sehr schöne, schlichte Modelle an:

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New Balance ist ausserdem erst kürzlich eine Zusammenarbeit mit der italienischen Edelmarke Miu Miu eingegangen. Solche «Collabs» gibt’s nun immer mehr, kein Wunder: Plötzlich wollen auch Luxuslabels, die bis dato auf Lederschuhe fokussiert hatten, beim lukrativen Sneaker-Markt mitmischen. Es funktioniert, obschon die Preise für solche Modelle teils exorbitant sind:

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Weiss ist out, dafür punkten Mesh und futuristische Styles
Obschon die Entwicklung hingeht zu gedeckteren Tönen, auch bei den Collabs: Mehrfarbige, knallige Chunky Sneakers halten sich wacker, insbesondere bei Männern, und gerade auch zum Anzug. Sneakers in blitzendem Weiss hingegen sind nun endgültig auf dem Absprung. Zu inflationär war deren Präsenz in den Teppichetagen in den vergangenen Jahren. Kommunikationsberater David Schaerer aus Zürich hat sich ganz bewusst für ein buntes Modell von Nike aus einem Concept Store in New York entschieden:

Bild: Andrea Bachofner
Mit den klobigen Modellen verwandt, aber nicht mit ihnen zu verwechseln, sind derweil Viz-Tech-Sneaker: eine Mischung aus futuristischem Design und technischen Details, die entfernt an den Stil eines Trekkingschuhs erinnert. Daniela Klaeser von Zalando: «Hier treffen auffällige Silhouetten auf innovative Sohlentechnologien, Mesh-Materialien und metallische Finishes. Ein perfekter Mix aus Statement-Look und Funktionalität, wie man ihn beispielsweise bei den Asics SportStyle Gel-Quantum 360 findet.»

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Je mehr Komfort, desto besser
Wenn es derweil um Bequemlichkeit gehen soll, punktet die Marke Skechers: Mit ihrer «Hands Free Slip-Ins»-Technologie schlüpft man, ohne sich zu bücken, geradezu spielend in den bereits geschnürten Schuh rein – mehr Komfort geht nicht.

Bild: zvg
Und das ist am Ende das, was zählt und wohl auch zu den Gründen gehört, warum Sneakers derart grosse Erfolge feiern: Mit ihnen geht man federleichten Schrittes und mit leisen, weichen Sohlen durch die Welt. Das ist so viel besser, als mit High Heels rumzustaksen.