
Filmreifes Handgemenge: Patron verliert mitten in der Nacht die Nerven
Flammen loderten hoch und dichter Rauch qualmte aus einem Holzschnitzellager, als die Feuerwehr und mehrere Patrouillen der Kantonspolizei in einer Samstagnacht im Juni 2023 zu einem Brand in einem Industriequartier ausrückten. Da dort auch ein Sattelschlepper mit Anhänger vom Feuer bedroht war, wurde der Patron des Unternehmens, nennen wir ihn Kurt, aufgeboten, um das Fahrzeug um zu parkieren.
Es war 3 Uhr morgens und Kurt war offensichtlich mit dem linken Bein aufgestanden. Und so sass er, beschuldigt der Hinderung einer Amtshandlung und der mehrfachen Beschimpfung in Zurzach vor dem Richter. Der 69-Jährige allerdings will sich rein gar nichts zuschulden hatte kommen lassen. Vielmehr hätten aus seiner Sicht der Dinge zwei Kantonspolizisten hier sitzen müssen.
Nachdem er damals am Ort des Geschehens erschienen war, hatte Kurt als Erstes die Polizeibeamten als unfähig betitelt und auf deren Frage, warum seiner Meinung nach der Brand im Holzlager ausgebrochen sei geantwortet, es sei durch einen «Drogenhund» angezündet worden.
Als Kurt wegen der Rauchentwicklung zum Patrouillen-Fahrzeug geführt wurde, nannte er den Beamten erneut «unfähig» und «nicht in der Lage zu arbeiten». Als Kurt – ganz Patron – mehrfach betonte, den Ort jederzeit verlassen zu dürfen, alles andere sei Nötigung, eröffneten die Beamten ihm, dass er zur formellen Befragung auf den Posten Baden überführt werde. Darauf reagierte er zunehmend renitent, was in «du Sauhund längsch mech nid a» gipfelte, als er vom Beamten am Arm gepackt wurde.
Umgehend Strafanzeige gegen Beamte eingereicht
Nach einem filmreifen Handgemenge gelang es dem Polizisten den Patron in Handschellen zu legen, wobei beide Kontrahenten leichte Verletzungen erlitten. Es folgte seitens Kurt eine Tirade von Schimpfwörtern wie «Sauhund», «Arschloch», «Krüppel» an die Adresse von zwei weiteren Beamten. In einem Konferenzgespräch zwischen Kapo und Staatsanwaltschaft wurde schliesslich entschieden, Kurt zu entlassen. Darauf hatte er umgehend Strafanzeige gegen die Beamten wegen Nötigung eingereicht, welche in der Folge allerdings sowohl vom Bezirks-, Ober- und Bundesgericht abgewiesen worden war.
Nun also sass er selber als Beklagter vor dem Richter. Als Zeugen wurden zwei Mitarbeiter von Kurt befragt, die am Brandort anwesend gewesen waren. Einstimmig sagten sie aus, wegen zu grosser Distanz nicht verstanden zu haben, was ihr Patron gesagt hatte. Als Auskunftspersonen gab die Beamtin an, sich nicht an Details erinnern zu können.
Der ins Geschehen stark involviert gewesene Beamte seinerseits wies bezüglich der Schimpfworte auf seinen damaligen Rapport hin. Er betonte, die Handschellen seien nötig gewesen, da der Beschuldigte freiwillig nicht mitgekommen wäre.
Vorwürfe vor Gericht wiederholt
Kurt, eine imposante Erscheinung mit Schnauz, gemustertem Hemd und Jeans, nahm breitbeinig und mit Käppi vor dem Richter Platz. Mürrisch und nur marginal beantwortete er die Fragen zu seiner Position in der Firma, Vermögen und Einkünften. Als es um die Brandnacht ging, kam er hingegen rasch in Fahrt. Die Polizisten hätten ihn die längste Zeit mit tränenden Augen voll im Rauch sitzen lassen. «Die sind gemeingefährlich. So geht man nicht mir Menschen um.»
Er habe über eine Stunde um Hilfe gerufen, habe geblutet, den Oberarm hätten sie ihm ausgerenkt gehabt. «Dass ich sie mit solchen Ausdrücken beschimpft habe, stimmt überhaupt nicht.» Er habe lediglich zu ihnen gesagt, sie sollen besser die Brandstifter suchen. «Aber die sind unfähig. Die können nicht einmal einen Einbruch aufklären. Acht solche hatte ich in der Firma.»
Kein Verständnis für Verhalten des Beschuldigten
Die Staatsanwältin hatte eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 90 Franken sowie 1200 Franken Busse beantragt. Kurts Verteidiger forderte einen Freispruch – sämtliche relevanten Vorwürfe seien unbewiesen, es stehe Aussage gegen Aussage. «Der Polizist sagt, er könne sich nicht erinnern und verweist auf den Rapport. Dabei bleiben solche Ausdrücke doch haften.»
Sein Mandant habe unter Schock gestanden. «Als die Beamten ihn als Verursacher des Brandes zu verdächtigen schienen, stellte sich bei ihm ein gewisser Unmut ein, was aber keineswegs die gewalttätigen Eingriffe der Polizei rechtfertigte.» Kurt habe sich keine Hinderung einer Amtshandlung zu Schulden kommen lassen, «höchstens einen grossen Ungehorsam und der ist, laut Bundesgericht, nicht strafbar.»
Richter Cyrill Kramer sprach Kurt vollumfänglich schuldig und erhöhte die beantragte Strafe auf 100 Tagessätze bedingt auf zwei Jahre sowie 1800 Franken Busse. «Die Beamten hatten gute Gründe dafür, den Beschuldigten vor Ort festzuhalten; ihre Interventionen waren angemessen.» Als Bürger müsse man sich an die Weisungen der Polizei halten, «Kurt aber war und ist uneinsichtig.» Er muss nebst der Busse auch sämtliche Verfahrenskosten tragen.