
«Ideenlos» bis «zu viel Marketing»: Parteien kritisieren Zukunftspläne des Regierungsrats für den Aargau
Mit dem Entwicklungsleitbild 2025-2034 hat der Gesamtregierungsrat am Mittwoch aufgezeigt, wie er den Kanton Aargau weiterentwickeln will. Die drei strategischen Schwerpunkte umfassen eine ganzheitlich ausgerichtete und intensivere Wirtschaftsförderung, eine Lebensraumgestaltung mit natürlichen Grundlagen und Energieversorgung sowie die Förderung leistungsfähiger Gemeindestrukturen.
Die entsprechende Botschaft an den Grossen Rat füllt 30 Seiten, dazu gibt es ein handliches Büchlein mit farbigen Illustrationen und auf der Website des Kantons Videos mit Landammann Dieter Egli (SP).
Die SP Aargau wünscht sich weniger Worthülsen und kritisiert: «Der Regierungsrat blickt ideenlos in die Zukunft.» Ein konkreter Gestaltungswille für offenkundige Herausforderungen wie die Klimakrise und den Umgang mit dem Stromgesetz fehle. Auch bei der kantonalen Umsetzung der Pflegeinitiative gebe es noch viele ungelöste Fragen, schreiben die Sozialdemokraten in ihrer Stellungnahme. Obwohl die Kantonskasse prall gefüllt sei, rechne der Kanton in den kommenden Jahren mit Verlusten. Die Diskussion über eine aktive Zukunftsgestaltung werde so blockiert.
Steuerpolitik, ein entscheidender Hebel?
Die Grünen sprechen von einem Schritt in die richtige Richtung, aber keinem grossen. «Die Bevölkerung im Aargau wächst – der verfügbare Raum hingegen nicht. Nutzungskonflikte sind vorprogrammiert.» Die gute Ausgangslage bei den kantonalen Finanzen müsste aus Sicht der Grünen unbedingt für Investitionen in den Klimaschutz, die Bildung, in bezahlbare Betreuung und eine digitale Verwaltung genutzt werden. Und nicht für kurzfristige Steuergeschenke.
Das sehen die Liberalen sowie die Aargauische Industrie- und Handelskammer (AIHK) genau umgekehrt, die nochmals die Werbetrommel für die Abstimmung über die kantonale Steuergesetzrevision vom 18. Mai rühren. Ein entscheidender Hebel für die Standortattraktivität seien tiefe Steuern und Abgaben.
Freisinnige greifen den Landammann an
Mit einer weitsichtigen Steuerpolitik und dem Bereitstellen von Wohnraum, notwendigen Mobilitätsachsen und Erschliessungen schaffe der Aargau die Grundlagen als attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort, so die FDP. «Teure» Standortförderungsprogramme lehnen die Freisinnigen ab. Sie sprechen sich gegen den Beitritt zur Greater Zurich Area (GZA) aus, wie er in der Anhörung war. Parteipräsidentin Sabina Freiermuth hält fest: «Es irritiert, dass Landammann Egli einen Beitritt zu GZA und die Schaffung von Potenzialräumen bei jeder Gelegenheit öffentlich anpreist.» Die FDP erwarte vom Regierungsrat, insbesondere von Volkswirtschaftsdirektor Egli, dass er politische Prozesse einhalte und auf Marketingkampagnen für politische Ideen ohne zugrunde liegende Entscheide des Grossen Rates verzichte.
Auch aus Sicht der AIHK dürften sich die Ziele noch stärker auf Entlastung und Deregulierung konzentrieren. Direktor Beat Bechtold sagt: «Bei der Ansiedlung von Arbeitsplätzen sind nicht die überzeugendsten Marketingmassnahmen ausschlaggebend, sondern die besten Standortfaktoren: wettbewerbsfähige Steuern, eine funktionsfähige Infrastruktur und der Abbau von bürokratischen Hürden.»
Bei der Ansiedlung neuer Unternehmen solle die kantonale Verwaltung Gemeinden unterstützen, schreibt die AIHK. So könne die Erschliessung neuer Areale besser koordiniert werden. «Dies jedoch, ohne als Landkäuferin zu agieren.» Den föderalen Strukturen gelte es, Sorge zu tragen. Und für die Energieversorgung seien Technologieneutralität sowie die Weiterentwicklung aller Energieträger unabdingbar. Dazu gehört auch die Kernenergie.