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Nach Ankunft von Niederreiter: Weshalb kommen unsere NHL-Stars so gerne an die WM?

Auch in diesem Jahr verstärkt eine ansehnliche Truppe von NHL-Spielern die Schweiz an der WM. Nun ist auch noch Nino Niederreiter angereist – kaum war er mit Winnipeg aus den NHL-Playoffs ausgeschieden. Was ist die Motivation der NHL-Stars? Für einmal geht es um etwas, das man mit Geld nicht bezahlen kann.

Eine WM-Teilnahme rechnet sich für einen etablierten NHL-Profi nicht. Der Auftritt bei einem Titelturnier hat praktisch keinen Einfluss auf den Marktwert. Und die Prämien sind für die NHL-Multimillionäre so bescheiden, dass sich des Geldes wegen eine WM-Teilnahme auch nicht lohnt. Der Verband bezahlt nach Tagesansätzen plus einen Bonus aus den Rangprämien des internationalen Verbandes (IIHF).

Der Landesverband des Weltmeisters bekommt 1,1 Millionen Dollar, der Finalist 950’000, die Halbfinalisten etwas mehr als 700’000 und die Viertelfinalisten gut 500’000 Dollar. Erreichen die Schweizer den Final, dann gibt es zwar für jeden mehr als 50’000 Franken Prämien. Das mag im richtigen Leben viel sein. Aber nicht genug, um für junge Männer, die alle mehr als drei Millionen im Jahr verdienen, des schnöden Mammons wegen einem WM Aufgebot Folge zu leisten.

Trotzdem lehnt keiner aus der NHL ein WM-Aufgebot von Nationaltrainer Patrick Fischer ab. Absagen gibt es eigentlich nur, wenn einer keinen Vertrag für die neue Saison hat. Weil sich nur laufende Saläre versichern lassen. Künftige hingegen nicht.

Nico Hischier bleibt trotz Verletzung beim Team

Nun ist auch noch Nino Niederreiter dabei Nach dem Ausscheiden in der zweiten Playoff-Runde hat Nino Niederreiter soeben in Winnipeg alles stehen und liegen lassen, um sofort nach Herning zu fliegen und dem Team zu helfen. Nico Hischier kann wegen einer Verletzung nicht mehr mitspielen. Er bleibt trotzdem bis zum Turnierende bei der Mannschaft. Mit Jonas Siegenthaler, Janis Moser, Kevin Fiala und Timo Meier gehören vier weitere NHL-Multimillionäre zum WM-Team.

Was motiviert unsere NHL-Stars zu einer WM-Teilnahme, wenn nicht Geld? Der wichtigste Faktor ist eine Romantik, die es nur im Eishockey in dieser ausgeprägten Form gibt. Die Nordamerikaner preisen seit Anbeginn der Zeiten Eishockey als letzten echten Teamsport. Diese Romantik beginnt dort, wo die Kameradschaft wichtiger wird als die Summe auf dem Konto. Dort, wo das Spielfeld ein Ort wird, an dem Männer und Multimillionäre wieder zu Jungs werden, die dem Puck hinterherjagen, weil dies ihre Leidenschaft ist und nicht, weil sie es müssen.

Wenn Stars, die alles haben, was Geld kaufen kann, trotzdem freiwillig die Ferien verkürzen und die WM bestreiten, sich anschreien, anfeuern, umarmen, sich in Schüsse werfen, Schmerzen erleiden – dann geht es nicht um Verträge und Marktwert. Dann geht es um ein Abenteuer. Um das Hochgefühl, gemeinsam etwas zu erreichen, was allein nicht möglich wäre.

Die Magie des Pausenplatz-Hockeys

Taktik kann heute fast jeder Bandengeneral. Und wenn er kein taktischer Hexenmeister ist, dann kann er die taktische Ausbildung hoch qualifizierten Assistenten überlassen. Aber längst nicht alle haben die Fähigkeit, junge Männer, die fürstlich bezahlt werden, um ein «Lagerfeuer» zu versammeln und aus einer WM-Expedition eine Abenteuerreise zu machen. Dieses Feingefühl ist gerade im technologisierten und kapitalisierten Sport wichtiger denn je – und Patrick Fischers ganz grosse Stärke.

In der ersten Phase seiner Amtszeit ist der Nationaltrainer oft für sein «Pausenplatz-Hockey» kritisiert worden. Inzwischen ist genau das sein Erfolgsgeheimnis: Zusammen mit seinen Assistenten hat er das zuweilen wilde «Pausenplatz-Hockey» längst strukturiert. Dabei ist ihm gelungen, die «Pausenplatz-Magie», die Lust am Spiel zu bewahren.

Er führt auf leisen Sohlen aber mit grosser Wirkung. Durch Sprache, Musik, Rituale, Atmosphäre in der Kabine. Es ist ein ständiges, feines Justieren der emotionalen Temperatur. Die «Pausenplatz-Magie» ist die Kunst, Multimillionäre zum lustvollen, leidenschaftlichen Spielen zu bringen, als seien sie auf dem … Pausenplatz.

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