
Mögen Sie Eyssi Diissi?
Letzte Woche war ich zum ersten Mal tief in den Katakomben unter dem ehemaligen Tierwelt-Gebäude im Archiv des Zofinger Tagblattes. Grund dafür war ein Anruf eines alten Freundes aus meinen Rock’n’Roll-Zeiten, der einen ZT-Artikel suchte, in dem es um ein Konzert seiner Band Bon’s Angels im Mai 1991 im Ochsensaal Zofingen ging. Die Bon’s Angels sind die beste AC/DC-Coverband, die mir je zu Ohren gekommen ist. Ich behaupte das, weil ich selber dabei war an diesem Konzert, noch keine 19 Jahre alt und ziemlich sicher leicht betrunken von ein paar Flaschen des schrecklichen Boxer-Biers. Jedenfalls fand ich den Artikel ziemlich schnell. Natürlich las ich ihn und amüsierte mich dabei blendend. Besonderes lustig fand ich, dass der Journalist S.H. es schaffte, sowohl Vor- wie Nachnamen des originalen AC/DC-Lead-Gitarristen zwei Mal falsch zu schreiben.
Am selben Abend las ich den Artikel ein weiteres Mal und wurde plötzlich nachdenklich. Wie hatte ich als einer, der 1972 geboren wurde, vergessen können, dass die Welt 1991 so gut wie nichts mit der heutigen zu tun gehabt hat? Oder konkret gesagt: Wie überprüfte ein Journalist 1991 die Schreibweise eines Eigennamens? Für alle, besonders jene der unter Dreissigjährigen, die jetzt «so schwierig wird das wohl kaum sein» denken: Ihr habt keinen Schimmer, wie die Welt war ohne Internet! Ja, sie war viel entspannter, weil man während eines Gesprächs nicht andauernd jeden Mist googelte und sich damit abfinden konnte, dass man halt nicht mehr genau sagen konnte, ob das AKW Tschernobyl 1986 oder 1987 explodiert war, um nur ein Beispiel zu nennen, mit dem ich vor einer Stunde konfrontiert war (und das ich mit Google in drei Sekunden abhaken konnte). Für einen Journalisten allerdings war die internetfreie Welt etwas weniger entspannt als die heutige, in der man alles am sogenannten «Desk» erledigt. Im oben erwähnten Fall hätte der Journalist zum Beispiel eine AC/DC-Platte zur Hand haben müssen. Oder ein Rockmagazin. Oder einen Kollegen, der sich auskennt. Oder ein Lexikon der angesagtesten Rock-Bands der Siebziger und Achtziger. Und natürlich hätte der Journalist überhaupt erst auf die Idee kommen müssen, die Schreibweise eines Namens zu verifizieren, da er wohl (wie die meisten Journalisten heute noch) davon ausging, er kenne sie. Aber wissen Sie was? Im Grunde ist es doch viel wichtiger, dass der Journalist das Konzert bis zum letzten Ton erlebt hat. Und sogar genossen hat. Und dies in seinem Artikel zum Ausdruck gebracht hat. Dass Angous Joung eigentlich Angus Young heisst, das interessierte schon damals nur die Insider. Dass es «Feedback« und nicht «Featback« heisst, hätte man hingegen schon 1991 einfach rausfinden können.
