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Nationalrat heisst Soforthilfe für Blatten einstimmig gut – doch die Debatte verläuft gehässig

Das Notgesetz zugunsten von Blatten ist besiegelt. Am Donnerstag stimmte der Nationalrat einem Solidaritätsbeitrag in Höhe von fünf Millionen Franken einstimmig zu – trotz gehässiger Wortgefechte.

So viel Einigkeit herrscht unter der Bundeshauskuppel selten. Mit 191 zu 0 Stimmen hat der Nationalrat am Donnerstag einem Notgesetz zugestimmt. Damit kann der Bund 5 Millionen Franken Soforthilfe an die Gemeinde Blatten überweisen. Am Dienstag hatte bereits der Ständerat einstimmig grünes Licht gegeben.

Gedacht ist der Betrag für unbürokratische Sofortmassnahmen, deren Kosten nicht von Versicherungen oder Subventionen gedeckt sind. Es gehe darum, Härtefälle abzufedern, sagte Umweltminister Albert Rösti (SVP). Der Bundesrat erinnerte daran, dass viele Menschen bloss noch mit ihren Kleidern und dem Portemonnaie dastanden. Klar ist auch: Die Gemeinde braucht rasch Geld, um Material wie Computer anzuschaffen.

Grund für das Notgesetz ist der Bergsturz, der am 28. Mai das Dorf Blatten im Lötschental zerstört hat. Bis zu 9 Millionen Kubikmeter Eis und Geröll donnerten ins Tal. 300 Blattnerinnen und Blattner verloren ihr Hab und Gut. Viele hatten keine Zeit mehr, persönliche Utensilien zu holen, weil die Evakuierung schnell über die Bühne ging. Sie wohnen jetzt verstreut im Lötschental oder ausserhalb.

Viele Rednerinnen und Redner erinnerten an den Schafhirten, der nach wie vor vermisst wird. Céline Weber (GLP, VD) zeigte sich besonders berührt über die Schilderungen eines Vaters, der das Grab seiner Tochter nicht mehr besuchen kann.

«Schämen Sie sich nicht?»

Trotz parteiübergreifender Eintracht über die Notwendigkeit der Soforthilfe kam es zu gehässigen Wortgefechten. SVP-Vertreter verglichen die 5 Millionen Franken für Blatten mit dem Milliardenbudget für die Entwicklungshilfe im Allgemeinen und den 25 Millionen für Afghanistan im Speziellen. «Das ist unglaublich. Ich fasse es nicht. Schämen Sie sich nicht, die Katastrophe von Blatten politisch auszuschlachten?», echauffierte sich Emmanuel Ammoos (SP, VS). «Ich habe nur einen Vergleich gemacht», konterte Michael Götte (SVP, SG).

Für Kritik sorgte derweil die Tatsache, dass der Bundesrat eiligst ein Ad-hoc-Gesetz zusammenzimmern musste. Unter Federführung von Pius Kaufmann (Mitte, LU) hat die Finanzkommission eine Motion eingereicht, um die Katastrophenhilfe in künftigen Fällen auf eine nachhaltige gesetzliche Grundlage zu stellen.

Gemäss groben Schätzungen entstand in Blatten ein Schaden von einer halben bis einer ganzen Milliarde Franken. Der Kanton Wallis hat bis jetzt 10 Millionen Franken für Soforthilfe gesprochen. Zahlreiche andere Kantone zeigen sich mit finanziellen Beiträgen solidarisch, die Glückskette hatte bis am Donnerstag 17 Millionen gesammelt. Die Gemeinde Blatten hat eine Kommission installiert, die sich um die Verteilung der Spenden kümmert. Diese wiederum wird von einem Notariatsbüro kontrolliert.