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Bisexualität: Billie Eilish knutscht mit einem Mann – und sorgt für Drama in der LGBTQ+-Community

Bisexualität bedeutet: Man steht auf Männer und Frauen. Doch Billie Eilish zeigt, dass es offenbar trotzdem nicht so einfach ist. Weil sie einen Mann geküsst hat, wird plötzlich ihre Sexualität – und einmal mehr auch gleich die Existenz von Bisexualität angezweifelt.

Vor gut 25 Jahren fiel Carrie Bradshaw in einer «Sex and the City»-Folge fast vom Stuhl, als ihr Date beiläufig erwähnte, dass er bisexuell sei. Ihre Reaktion: «Ich glaube nicht mal an Bisexualität. Ist das nicht nur ein Zwischenstopp auf dem Weg in die Schwulenszene?» Zugegeben, die kleinkarierte Sexkolumnistin liess in der Serie gewaltig viel dummes Zeug raus und einiges ist grauenhaft gealtert. Aber an dieser Aussage scheint sich bis heute erstaunlich wenig verändert zu haben.

Denn als Billie Eilish kürzlich knutschend mit Schauspieler Nat Wolff gesichtet wurde, flippte das Internet aus. Der Grund: Die Sängerin hat in einem Interview vor zwei Jahren erwähnt, dass sie Frauen attraktiv fände, im Song «Lunch» trällerte sie explizit davon, eine Frau oral zu befriedigen und dann gabs noch einen Kuss mit einer Frau beim Coachella-Festival. Weil wir ja nichts Besseres zu tun haben, ging all das natürlich durch die Promi-Klatsch-Decke.

Irgendwo dazwischen hat sie zwar klargestellt: «Ich mag Jungs und Mädchen, lasst mich doch bitte in Ruhe, wen interessiert das schon?» Offensichtlich sehr viele Menschen. Und diese stopften sie fröhlich in eine Schublade. Doch während bei «Sex and the City» eine fiktive heterosexuelle Frau ihr Hirn zum Fenster hinausschmiss, tun nun tragischerweise ausgerechnet ein paar Mitglieder der LGBTQ+-Community so, als wäre das B in LGBTQ+ nur Deko.

«Ausgerechnet im Pride-Monat Juni!», empört sich jemand zu Billie’s «Tat». Andere werfen ihr «Queerbaiting» vor. Billie habe nur zu Marketingzwecken vorgespielt, auf Frauen zu stehen. Ähnlich wie es vor Jahren es eine ganze Welle von Promifrauen gab, die sich so Aufmerksamkeit sicherten.

Britney Spears und Madonna waren mit ihrem Gezüngel wochenlang in den Schlagzeilen. Katy Perry schaffte mit «I Kissed a Girl» den Durchbruch. Und erst letzten Monat küsste Jennifer Lopez bei ihrem Auftritt an den «American Music Awards» eine Tänzerin. Alles hübsch inszeniert, alles sehr hetero-kompatibel, um ein sexy Skandälchen zu fabrizieren.

Britney Spears und Madonna 2003 an den MTV Video Music Awards.
Bild: Keystone

Vielleicht hat das der Diskussion um Bisexualität nachhaltig geschadet. Denn offensichtlich wird, wer bi ist, immer noch nicht ernst genommen. Wer auf Männer und Frauen steht, muss sich rechtfertigen oder «sich mal entscheiden». Man wird verdächtigt, nur zu «experimentieren» oder Angst vor dem Outing zu haben. Dabei ist doch niemand verpflichtet, in einer Schublade zu hocken, um «sein Team» nicht zu verärgern oder sich ein Label auf die Stirn zu klatschen.

Apropos: Es ist fast ironisch. Während Begriffe wie Pansexualität oder Non-Binärität (sehr!) langsam ins gesellschaftliche Bewusstsein tröpfeln, bleibt Bisexualität irgendwie unsichtbar. Zu queer für die Heteros, zu hetero für die Queers. Und «ausgerechnet im Pride-Monat Juni» wird die Knutscheinlage von Billie Eilish zur Internet-Schlacht in den eigenen Reihen.