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Sonderbarer Diebstahl: Ein Greifvogel erbeutet ein Handy vom Gartentisch und bringt es seinen Jungen ins Nest

Am Freitag rückte der Forstbetrieb Birretholz zusammen mit einem Kletterspezialisten zu einer ungewöhnlichen Mission aus: Ein Smartphone aus einem Greifvogelnest zu holen. Der unbeabsichtigte Nebeneffekt: Die Vogeljugend wird vor der Digitalisierung bewahrt.

Als der Kletterspezialist Lorenz Usteri zum Nest des Greifvogels steigt, findet er dort nicht nur zwei Jungvögel, sondern auch einen Plüschhasen und ein Smartphone. Für dieses war er überhaupt hochgeklettert. In die Före am Fusse des Chestenberg, 25 Meter über dem Boden. Als wäre ein Smartphone in einem Baum nicht schon sonderbar; die Geschichte, wie es dahin gelangte, ist fast unglaublich.

Rotmilane sammeln auch Gegenstände

Markus Lüthy, Revierförster und Betriebsleiter vom Forstbetrieb Birretholz, staunte nicht schlecht, als er am Donnerstag die Mail las, welche die Gemeinde Möriken-Wildegg ihm weitergeleitet hatte: Ein Greifvogel hatte sich am vergangenen Montag auf den Gartentisch eines Dorfbewohners von Möriken gestürzt, sein Smartphone gekrallt und war damit davongeflogen.

Über das Motiv des Elternteils lässt sich nur spekulieren: Die Kleinen ruhig stellen, ihnen mit dem glänzenden Bildschirm eine Freude machen oder die «Animal-Tracker»-App selbst mal ausprobieren. Als der Besitzer sein Telefon ortete, da lag es bereits im Nest des Vogels.

Vorne im Bild: das Handy, hinten: der Plüschhase.
Bild: Lorenz Usteri

«So einen Fall hatten wir noch nie», sagt Lüthy. Ihm sei auch kein ähnliches Vorkommnis bekannt. Gleich für den Freitag setzte Peter Huber, Vorarbeiter des Forstbetriebs Birretholz mit Lorenz Usteri die Rettungsaktion für das Handy an. Mit Seil und Steigausrüstung, die er auch in der Baumpflege braucht, kletterte Usteri die Föhre hoch. «Wir versuchten die Tiere möglichst kurz zu stören», so Lüthy. In rund einer Stunde habe Usteri das Handy aus dem Nest geholt und die Beweisfotos aus dem Wohnbereich der Vogelfamilie geknipst.

Mit Blick auf das Foto mit den Jungvögeln erklärt Thorsten Wiegers von der Vogelwarte Sempach auf Anfrage: «Das sind ziemlich deutlich Rotmilan-Junge.» Rotmilane seien zwar dafür bekannt, dass sie manchmal auch nicht natürliche Gegenstände sammelten und ins Nest trügen. Dabei handle es sich aber um «weiche Materialien» wie Plastik, um das Nest bequemer zu machen oder abzudecken – nicht um technische Gegenstände. Nun stellt sich die Frage: Handelt es sich hierbei um einen Einzelfall oder ändert sich in der Welt der Rotmilane etwas am Wohnkomfort?

«Schon viele Drohnen, Katzen und Flieger von Bäumen geholt»

Den erprobten Kletterspezialisten interessierte diese Frage weniger. Routiniert stieg Usteri zum Vogelnest hoch. «Ich habe schon viele Drohnen, Katzen und Modellflieger aus Bäumen geholt», sagt er. Doch mit Greifvögeln habe er keine Erfahrung.

Als gefährlich habe er die Handy-Rettung trotz Jungtieren im Nest nicht empfunden: «Die Kleinen blieben ruhig, die Mutter war in der Nähe und hat gerufen.» Die Aktion sei reibungslos verlaufen – den Jungvögeln bleibt in Zukunft wohl die Diskussion um Bildschirmzeit und Eltern die Entwicklung hin zum Smarthome erspart.