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Verträge mit der EU: Der Aargau will mitreden können

Das Aargauer Kantonsparlament will sich die Option einer Standesinitiative zum EU-Rahmenabkommen offenhalten. Einmal mehr setzt sich die rechtsbürgerliche Mehrheit gegen alle anderen Parteien durch.

Im Grossen Rat ging es am Dienstag um das Verhältnis der Schweiz zu Europa. Respektive darum, wie Entscheide in diesem Bereich gefällt werden sollen. Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass kein Ständemehr nötig ist. Die Aargauer SVP-Fraktion findet: Kantone brauchen mehr Mitspracherecht. Konkret fordert sie eine Standesinitiative für ein obligatorisches Ständemehr im Zusammenhang mit der Abstimmung über ein Rahmenabkommen mit der EU.

«Der Grosse Rat wird aufgefordert, eine Standesinitiative im Namen des Kantons Aargau einzureichen, um die Bundesversammlung aufzufordern, die Abstimmung über die EU-Verträge dem obligatorischen Referendum zu unterstellen und damit auch den Ständen eine Stimme zu geben», lautete der Antrag auf Direktbeschluss. Es ist ein Vorgehen, das man bereits aus anderen Kantonen kennt.

In einem ersten Schritt entschieden die Grossratsmitglieder am Dienstag nicht über den Inhalt, sondern nur darüber, ob sie das Anliegen weiterverfolgen möchten.

SVP erhält Unterstützung von freisinniger Seite

Für Barbara Borer-Mathys ist klar: «Die Verträge werden, nach allem was wir bisher wissen, Auswirkungen auf die Souveränität unseres Kantons haben.» Laut der SVP-Grossrätin gehen sie weiter als die bestehenden Abkommen. «Der politische Einfluss der Kantone wird unter Umständen kleiner», befürchtet sie. Eine breite demokratische Legitimierung der Frage ist nötig und fördert laut Borer-Mathys die Akzeptanz beim Volk. Persönlich frage sie sich: «Wofür brauchen wir die Stände noch, wenn wir sie nicht einmal für die Änderung von Verträgen, die über der Verfassung stehen, zu Wort kommen lassen?»

Barbara Borer-Mathys, Grossrätin SVP.
Bild: Andrea Zahler

Unterstützung erhielt die SVP von der FDP. «Ob eine Standesinitiative nötig wird», hielt Grossrat Silvan Hilfiker fest, «ist aus heutiger Sicht nicht erkennbar.» Denn der Inhalt der Verträge sei noch nicht wirklich bekannt. Erst wenn dies der Fall sei, werde man seriös entscheiden können, ob eine Standesinitiative sinnvoll sei, sagte er. Gleichzeitig betonte Hilfiker: «Das heisst für die FDP aber nicht, dass man die Standesinitiative später zwingend annehmen wird.»

Mitte-Links kann dem Vorgehen nichts abgewinnen

Alle anderen Parteien zeigten kein Verständnis für das Vorgehen der SVP. «Die GLP steht für eine klare Trennung von kantonalen und nationalen Zuständigkeiten», sagte etwa Annetta Schuppisser. Der Kanton Aargau habe bei dieser Frage keine Sonderrolle. «Eine Standesinitiative ist das falsche Vorgehen», findet auch Robert Weishaupt (Mitte). «Es handelt sich um eine politische Forderung, nicht um eine Gesetzesanpassung.» Denn dafür seien Standesinitiativen eigentlich vorgesehen.

Auch die EVP steht der Idee kritisch gegenüber, wie Grossrat Lutz Fischer bekräftigte. «Bei diesem Fall richtet sich die Standesinitiative sogar gegen die Interessen des Kantons Aargau.» Grossrat Hannes Tobler von den Grünen bezeichnete den SVP-Antrag als «eine teure Kampagne für etwas mehr Aufmerksamkeit auf Kosten der Steuerzahler».

SP-Grossrat Stefan Dietrich holte noch weiter aus. Es gehe der SVP nicht um Demokratie, sondern um Taktik und Blockade. «Ein kleiner aargauischer Beitrag zum grossen Theater – eine SVP-Show der Europaverhinderung.» Man rufe nicht nach mehr Mitbestimmung, sondern nach mehr Vetorecht. «Dieser Antrag ist rückwärtsgewandt und politisch kontraproduktiv.» Er helfe niemandem, ausser vielleicht der SVP beim nächsten Wahlplakat, so Dietrich.

All der Widerstand brachte nichts. Es zeigte sich einmal mehr, dass die Zusammenarbeit von SVP und FDP funktioniert und sich der rechtsbürgerliche Block im Rat durchsetzen kann. Der Rat sprach sich mit 68 zu 66 Stimmen für die Ausarbeitung einer Standesinitiative aus. Wegen eines Antrages hat die zuständige Kommission neu sechs statt vier Monate dafür Zeit.