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Die brutal kurze Illusion vom Waffenstillstand – keine Sieger, keine Stabilität in Nahost

Nur wenige Stunden nach Verkündigung einer Feuerpause werfen sich Israel und Iran gegenseitig neue Raketenangriffe vor. Was ist in den nächsten Tagen zu erwarten?

Kurz nach Inkrafttreten der Feuerpause zwischen Israel und dem Iran am Dienstag warfen sich die Kriegsparteien gegenseitig vor, die Angriffe fortzusetzen. Mindestens fünf Gründe sprechen dagegen, dass die Feuerpause einen dauerhaften Frieden in der Region einleitet.

Erstens besteht das tiefe Misstrauen zwischen Israel und dem Iran weiter. Für den Krieg zwischen Israel und der von Iran unterstützten Hamas in Gaza gibt es nach wie vor keine Lösung.

Zweitens machte Erschöpfung – und nicht der Wille zum Frieden – die Feuerpause möglich. In Israel wurde nach Medienberichten in den vergangenen Tagen die Munition für die Flugabwehrsysteme knapp. Im Iran wurden Atomanlagen, Regierungsgebäude und Stützpunkte der Sicherheitskräfte zerbombt, Generäle und Atomwissenschaftler wurden von israelischen Raketen getötet.

Drittens ist die Zukunft des iranischen Atomprogramms ungewiss. Der Iran hat hoch angereichertes Uran versteckt und könnte damit eine Atombombe bauen, geschützt vor den Inspektoren der internationalen Atomenergiebehörde – weil es kein Atomabkommen gibt.

Vierten skann sich keine der beiden Kriegsparteien auf US-Präsident Donald Trump verlassen. Der Iran erlebte vorige Woche, dass Trump zuerst neue Verhandlungen ankündigte, dann aber die iranischen Atomanlagen angreifen liess.

Israel freute sich darüber, dass Trump die israelischen Kriegsziele – komplette Vernichtung des iranischen Atomprogramms und Regimewechsel in Teheran – verbal unterstützte, musste dann aber erkennen, dass der Präsident nur zu einem einzigen Militärschlag gegen den Iran bereit war.

Fünftensbleiben in Jerusalem und Teheran bis auf weiteres Politiker an der Macht, für die ein Friedensschluss nicht infrage kommt. Irans Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei träumt von der Zerstörung des israelischen Staates, Israels Premier Benjamin Netanyahu will das Mullah-Regime stürzen.

Zwar ist in nächster Zukunft eine gewisse Entspannung zu erwarten. Das liegt aber nicht an der Friedfertigkeit von Israel und Iran, sondern daran, dass sie Trump nicht verärgern und ihre Waffenarsenale wieder auffüllen wollen – für den nächsten Krieg.