Sie sind hier: Home > Bundesgericht > Willkürliche Beweisführung? Beschuldigter erklärt Vorwurf des zweifachen Diebstahls mit einem Versehen

Willkürliche Beweisführung? Beschuldigter erklärt Vorwurf des zweifachen Diebstahls mit einem Versehen

Ein Mann aus der Region Zofingen wehrte sich bis vor Bundesgericht gegen eine Reihe von Vorwürfen. Dabei zweifelte er die Beweiskraft der Bilder einer Videoüberwachung an.

Leugnen ist für manch einen Beschuldigten die beste Verteidigung. Damit versuchte es auch ein Unternehmer aus der Region – bis hin zum Bundesgericht. Die Liste der Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm war lang.

So soll der Beschuldigte mal die Verkehrsregeln verletzt, mal eine Kollision mit einem Lastwagen verursacht haben. Ausserdem wurde ihm vorgeworfen, verschiedenen Personen mehrfach ein Auto überlassen zu haben, obwohl er gewusst habe, dass diese keinen Führerausweis besassen.

Elektrogeräte im doppelten Boden verstaut

Am schwersten wiegen aber die Vorwürfe aus dem März und April 2021: An zwei Tagen soll der Beschuldigte in einer Drive-in-Arena Elektrogeräte gestohlen haben. Er wurde von der Videoüberwachung gefilmt, wie er die Geräte im Doppelboden seines Autos verstaute und anschliessend Zementsäcke auf den Kofferraumboden legte. Das Diebesgut war somit unsichtbar.

Dabei agierte der Mann so, dass nicht jeder Handgriff direkt vom Sichtfeld der Videokamera erfasst wurde. Die Aufnahmen liessen für die Staatsanwaltschaft aber keinen anderen Schluss zu, als dass er die Geräte verbergen wollte, damit sie an der Kasse von der Mitarbeiterin des Marktes nicht erkannt wurden.

Auf den ausgestellten Rechnungen waren denn auch nur die Zementsäcke und andere billige Waren aufgeführt, die Elektrogeräte fehlten. Einmal hatten diese einen Wert von rund 2500 Franken, das andere Mal 1100 Franken.

Für all die Vorwürfe erliess die Staatsanwaltschaft zwei Strafbefehle. Der Beschuldigte erhob Einsprache. So ging es vor das Bezirksgericht Zofingen. Und zumindest einen Teilerfolg konnte der Mann dort erringen.

Kläger und Beklagter ziehen vor das Obergericht

Das Bezirksgericht sprach ihn in mehreren Punkten frei. Den mehrfachen Diebstahl sah das Gericht durch die Videoaufnahmen jedoch als bewiesen an. So verurteilte es den Beschuldigten zu einer bedingten Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 180 Franken, bei einer Probezeit von drei Jahren.

Staatsanwaltschaft und Beschuldigter waren mit dem Urteil nicht einverstanden und zogen vor das Obergericht. Der Beschuldigte wollte einen vollumfänglichen Freispruch erwirken. Die Auslegung der Videobilder der Drive-in-Arena hielt er für nicht beweiskräftig.

Vielmehr seien die Geräte versehentlich in den Doppelboden seines Autos gerutscht. Er habe nie die Absicht gehabt, diese zu stehlen und sie nachträglich auch bezahlt.

Die Staatsanwaltschaft wollte unter anderem eine höhere Gesamtstrafe erwirken. Sie forderte für die einzelnen Taten 140 statt 110 Tagessätze und zusätzlich eine Verbindungsbusse von 3600 Franken. Diese ist nicht bedingt, sondern muss auf jeden Fall bezahlt werden.

Das Obergericht folgte in grossen Teilen dem Antrag der Anklage. So setzte es die Zahl der Tagessätze von 110 auf 140 nach oben, die Tagessatzhöhe aber von 180 auf 90 Franken nach unten. Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schwere des Vergehens, die Tagessatzhöhe nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verurteilten. Ausserdem setzte das Obergericht eine Verbindungsbusse in Höhe von 3000 Franken fest.

Beschuldigter wehrt sich gegen «willkürliche Beweisführung»

Auch gegen dieses Urteil ging der Beschuldigte vor und reichte Beschwerde beim Bundesgericht ein. Er forderte die Aufhebung des Obergerichtsurteils und Freispruch in allen Punkten. Zur Begründung führte er beim Vorwurf des Diebstahls an, dass die Auslegung der Videobilder völlig willkürlich sei und ihm damit kein Diebstahl nachgewiesen werden könne. Wieder berief er sich darauf, dass es sich um ein Missgeschick gehandelt habe.

Das sah die Beschwerdekammer des Bundesgerichts anders. Die Bilder liessen keinen anderen Schluss zu, als dass der Beschuldigte die teuren Elektrogeräte im Zwischenboden seines Autos versteckt habe. Die Aussage, dass diese aus Versehen in den Zwischenboden gefallen seien, sei kaum glaubwürdig. Müsste ihm doch das gleiche Missgeschick an zwei unterschiedlichen Tagen passiert sein.

Und spätestens beim Bezahlen hätte ihm das angebliche Missgeschick auffallen müssen. Schliesslich fiel der Rechnungsbetrag beide Male um einen vierstelligen Betrag geringer aus, als zu erwarten gewesen wäre. Zu den bereits verhängten Strafen brummte die Kammer dem Beschuldigten noch Gerichtskosten über 3000 Franken auf.