
Gehirnerschütterung, Platzwunde, Prellungen – so erlebte René Schindler den brutalen Angriff
Zwei Arzttermine hat René Schindler am Mittwochnachmittag. Einen, weil die Schulter noch immer schmerzt und einen beim Zahnarzt, weil ihm die Angreifer einen Zahn ausgeschlagen haben. Dann begibt er sich für den Medientermin zurück an den Ort, wo er am Freitagabend heftig verprügelt wurde.
Schindler erscheint in blauem Hemd und schwarzer Hose und wirkt einigermassen gefasst. Ein Mann kommt vorbei, schüttelt ihm die Hand und wünscht gute Besserung. Zofingen ist betroffen davon, was der SVP-Einwohnerrat und -Grossrat erleben musste.
«Ich bin etwas in Trance»
«Es geht mir den Umständen entsprechend gut», sagt René Schindler. Inzwischen kämen aber mehr Erinnerungen an den Angriff auf als am Anfang. «Ich bin etwas in einer Trance», stellt er fest. «Ich habe aber das Gefühl, dass ich das verkraften kann.» Seine Frau habe mehr zu kämpfen, weil sie immer wieder die Bilder vor sich sehe.
Zu verkraften hat der 53-Jährige einen Angriff von drei jungen Männern. Passiert ist es am Freitagabend, um 23 Uhr, nach dem traditionellen Fackelzug, der jeweils das feierliche Ende des Kinderfests markiert. «Wir gingen vom Thutplatz Richtung Rosengarten und sahen dann, wie sich drei am Grind nahmen.» Schindler sprach die Männer an, bat sie, aufzuhören. «Dann sind sie meine Frau verbal angegangen», schildert er die Situation. Das Ehepaar ging dann weiter, doch die drei seien hinterhergekommen.

Bild: Janine Müller
Hinter dem Gemeindeschulhaus stoppte das Ehepaar. «Ich sagte noch, dass ich die Polizei alarmiere – und dann gings schnell», erinnert sich Schindler. Die Fäuste flogen, der Politiker sackte nach eigener Angabe auf den Boden. «Ich sah nur noch schwarze und weisse Turnschuhe.» Wie von Sinnen hätten sie auf ihn eingeschlagen. Schindler versuchte sich zu schützen, in dem er sich wie eine Schildkröte unter ihrem Panzer verkroch. «Ich merkte: gegen drei habe ich keine Chance.» Er begann, seinen Kopf zu schützen, erhielt dann Schläge in die Lendengegend und gegen den Rücken – im Sekundentakt.
Seine Frau alarmierte die Polizei – und griff ein
Seine Frau rief die Polizei an – und griff ein. Sie wehrte die Männer ab mit Halten und Stossen – «und sie hat einem das Handy über die Rübe gehauen», schildert Schindler. «Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich null Chance gehabt.» Schindler lag am Boden, das Blut lief ihm neben den Ohren herunter. Irgendwie gelang es ihm aufzustehen und zum nahegelegenen Brunnen zu gehen. Er wusch sich notdürftig, wrang das T-Shirt, das voll mit Blut war, aus. Dann sei die Kantonspolizei rasch vor Ort gewesen. Wie lange die Attacke dauerte, kann er nicht sagen. «Vielleicht fünf, vielleicht zehn Minuten», mutmasst er.
Selbstständig begab er sich in den Notfall des Spitals Zofingen. «Wir wurden rasch und gut behandelt. Weil die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde, mussten wir aber auf den Gerichtsmediziner warten», erklärt Schindler. Jede Wunde, jede Prellung wurde dokumentiert, die DNA-Spuren aufgenommen. Bis morgens um 4 Uhr dauerte das Prozedere. Sein Kopf wurde genauer untersucht, weil er starke Kopfschmerzen und heftige Prellungen im Gesicht hatte. «24 Stunden blieb ich auf der Intensivstation zur Überwachung», sagt er. René Schindler erlitt beim Angriff eine Gehirnerschütterung, eine Platzwunde am Kopf, Schürfungen und Prellungen am ganzen Körper, hat einen ausgeschlagenen Zahn und Schmerzen in der Schulter.
Am Kopf erlitt Schindler eine Platzwunde. – Bild: zvg Das Bild zeigt die Prellungen, die Schindler erlitten hat. – Bild: zvg
Wütend auf die drei Angreifer sei er nicht. Vielmehr beschäftigt ihn, dass es im öffentlichen Raum in Zofingen zu einem solchen Vorfall kommen kann. «Während der Kinderfestwoche, der heiligen Woche in Zofingen. Das hätte ich nie gedacht», sagt er. «Und dann noch mit einer solchen Brutalität.» Auch die Art und Weise, wie er traktiert wurde, gibt ihm zu denken. «Von Beginn weg nur mit Fersenschlägen, direkt auf den Kopf. Damit habe ich grosse Mühe.»
Schindler steht hinter den Aussagen seiner Partei
Trotzdem: Für den Zofinger Politiker ist klar, dass er wieder eingreifen würde. «Wenn wir das nicht mehr können, sind wir auf dem falschen Weg», findet er. «Wenn eine solche Situation so ausartet, ist etwas falsch.»
René Schindler will zwar als Opfer und nicht als Politiker sprechen. Dennoch ist die Politik bereits involviert. Und nach Absprache mit ihm veröffentlichte die SVP Aargau eine Medienmitteilung, in der diese unter anderem schrieb, dass man sich im Anliegen bestärkt sehe, die «importierte Kriminalität zu stoppen und gewaltbereite Personen entsprechend hart zu bestrafen». Schindler steht zu «100 Prozent» hinter dem Text, den seine Partei veröffentlichte. «So, wie sie geredet haben, waren es ganz sicher Leute mit Migrationshintergrund. Und wenn man das auch nicht mehr sagen darf, haben wir ein Problem.» Er macht aber auch deutlich, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Schweizer oder ein Ausländer Gewalt anwendet. «Gewalt ist Gewalt.»
Ihm ist es ein Anliegen, dass die Sicherheit für jeden in diesem Land gewährleistet ist, der sich an die hiesigen Gesetze und Regeln halte. «Es gilt, mit allen Mitteln zu verhindern, dass solche Vorfälle passieren. Man soll sicher sein in einem Örtchen wie Zofingen.»
Dass er nun bereits zum zweiten Mal nach dem Zofinger Kinderfest in Spitalpflege musste – 2019 kam es zu einem Unfall mit einer historischen Kanone während des Gefechts -, verdirbt René Schindler die Freude am Traditionsanlass nicht. «Es ist jetzt halt so passiert», sagt er. Der Angriff habe nichts mit dem Kinderfest zu tun. «Zofingen hat eine gute Tradition, wir haben es gut untereinander. Ich fühle mich nach wie vor sicher hier.»
Die drei Angreifer sind weiterhin flüchtig. Das Verfahren läuft.