
Roadtrip auf drei Rädern: Nach 22 Jahren ist der Film über Roman Signers Reise nach Polen endlich fertig
Der silberne Metallkoffer steht mitten auf einem Acker. Einen Wimpernschlag später wird er von einer Sprengladung in tausend Stücke zerfetzt. Hinter der Explosion am Anfang des Films «Die ideale Reisegeschwindigkeit» steckt, man ahnt es, der weltbekannte St.Galler Künstler Roman Signer.
Die Sprengung des Koffers ist ein hochsymbolischer Akt. Denn «Signers Koffer», Peter Liechtis meisterhafter Film von 1995 über und mit Roman Signer, war einer der Gründe, weshalb es 22 Jahre dauerte, bis «Die ideale Reisegeschwindigkeit» fertig wurde. Am 5. Juli findet die ausverkaufte Premiere im St.Galler Programmkino Kinok statt.Die Dokumentation ist aber noch bis Ende August zu sehen, parallel dazuauch «Signers Koffer».
Die Ape zum Fliegen bringen
«Die Latte war sehr hoch gelegt», schreibt der Berner Filmemacher Aufdi Aufdermauer, ein langjähriger Wegbegleiter Roman Signers, über«Die ideale Reisegeschwindigkeit». «Man wird immer an ‹Signers Koffer› gemessen und wird wohl scheitern.» Aufdermauer gehörte 2002 zum achtköpfigen Team, das den Künstler auf einem Roadtrip mit seiner Ape, dem dreirädrigen Kleintransporter der italienischen Firma Piaggio, nach Zakopane begleitete, der Heimat von Signers Frau Aleksandra. Der Künstler liess dort die Ape von einer Skisprungschanze fahren und brachte sie zum Fliegen.
Nicht nur die Angst vor dem Scheitern, sondern auch Geldmangel und andere Projekte, die dazwischenkamen, führten dazu, dass die Filmbänder ins Archiv wanderten. Viele Jahre später kam durch den Abstand die Gelassenheit. Der Film wurde zwar nicht wie ursprünglich geplant zum 80. Geburtstag des Künstlers fertig, aber zum 87. im Mai.
«Die ideale Reisegeschwindigkeit» ist auch eine Liebeserklärung an die Ape: «Für mich hat das Fahren mit der Piaggio eine Sinnlichkeit. Es ist ein grosser Genuss», sagt Roman Signer im Film. Umso trauriger, dass das Kultgefährt seit diesem Jahr nicht mehr in Italien produziert wird, sondern nur noch in Indien für den afrikanischen und asiatischen Markt.
Mit göttlichem Segen
Die Ape kommt in Signers Kunst immer wieder zum Einsatz, etwa 1999 als Brunnen «Fontana di Piaggio» im Schweizer Pavillon an der Biennale von Venedig. Die plätschernde Ape ist im Film zu sehen, ebenso weitere Aktionen in aller Welt, zu welchen Aufdi Aufdermauer den Künstler begleitete, etwa nach Hollywood, wo 9/11 ein Projekt ausbremste.

Bild: zvg
Vorwärts geht es mit der Ape nur in gemächlichem Tempo, maximal 65 Stundenkilometer liegen drin. Das stört den Künstler nicht, im Gegenteil: «Es braucht die ideale Reisegeschwindigkeit, um den Landschaftsrillen nachzufahren», sagt er.
Die Ape knattert durch Dörfer und wird gar für eine Flussfahrt auf ein Floss verladen. Schliesslich kommt das Team nach gut zwei Wochen in Zakopane an. Der Dorfpfarrer segnet Roman Signer, die ganze Filmcrew und die Ape. Doch vor dem Showdown auf der Sprungschanze muss diese erst noch geflickt werden.

Bild: zvg
«Die ideale Reisegeschwindigkeit» kommt zwar nicht ganz an die Magie von «Signers Koffer» heran, trotzdem ist es eine Freude, Roman Signer und seine Ape während siebzig Minuten zu begleiten, in einem Film, der wie Signers Kunst absurd und ernsthaft zugleich ist, und das Unterwegssein als Lebenseinstellung feiert.
Am Donnerstag, 4. September, 20 Uhr, zeigen HANGAR, Zofingen und das Kunsthaus Zofingen „Die ideale Reisegeschwindligkeit – Ein Film für Roman Signer“. Ort: HANGAR, Obere Brühlstrasse 6, 4800 Zofingen. Dies in Zusammenarbeit mit dem OXIL.