
Jungfreisinnige fordern ein neues AKW im Aargau – obwohl Beznau zuletzt fast eine Woche lang abgestellt war
Eine Standesinitiative zur Aufhebung des AKW-Neubauverbots. Die klare Positionierung des Aargaus als Standort für ein neues Atomkraftwerk. Den Bau eines neuen Atomkraftwerks im Kanton. Das sind drei zentrale Forderungen der Jungfreisinnigen Aargau zur Energiepolitik, wie es in einer Mitteilung heisst. Die jungen AKW-Freunde begründen dies unter anderem mit der Versorgungssicherheit, die fragil geworden sei.
So hätten die drei grössten Wasserkraftwerke im Kanton letzte Woche rund 30 bis 40 Prozent weniger Strom produziert als im langjährigen Durchschnitt für den Juli. Auch kleinere Anlagen erreichten nur 50 bis 60 Prozent ihrer üblichen Produktion, schreiben die Jungfreisinnigen. Dies hatte ein Artikel dieser Zeitung kürzlich gezeigt, der Grund für die geringere Produktion ist der niedrige Wasserstand der Flüsse.
Beznau eine Woche abgestellt, Gösgen derzeit nicht am Netz

Bild: Foto Basler/zvg
Die beiden Aargauer Atomkraftwerke konnten den fehlenden Wasserstrom in den letzten Tagen nur teilweise ersetzen. Leibstadt lief zwar im Normalbetrieb, Beznau wurde aufgrund hoher Aare-Temperaturen aber zuerst mit reduzierter Leistung betrieben und dann ganz abgestellt. Erst nach rund einer Woche, als sich der Fluss abgekühlt hatte, wurden die beiden Reaktoren wieder hochgefahren. In den letzten Jahren häuften sich Leistungsreduktionen und Abschaltungen, weil die Aare zu warm war.
Tim Hoffmann, Präsident der Jungfreisinnigen, sagt auf Nachfrage: «Beznau ist ein Spezialfall, da das Kernkraftwerk mit Flusswasser gekühlt und das Kühlwasser danach wieder in die Aare geleitet wird». Es gebe aber Kernkraftwerke «wie Gösgen oder Leibstadt, die mit Kühlturm betrieben werden». Derzeit wird aber auch in Gösgen kein Strom produziert, das Wiederanfahren nach der Jahresrevision verzögert sich,weil die Freigabe der Aufsichtsbehörde Ensi fehlt.
Döttingen und Leibstadt als mögliche Standorte
Unabhängig von den aktuellen Problemen stellt sich die Frage, wie viel die Atomenergie zur Versorgungssicherheit beitragen könnte. Vor zehn Tagen präsentierte die Akademie der Wissenschaften einen Bericht, in dem es hiess, ein neues AKW könnte in der Schweiz frühestens im Jahr 2050realisiert sein. Tim Hoffmann entgegnet: «Die Einschätzung basiert auf der heutigen politischen Ausgangslage, solche Verfahren können jedoch beschleunigt werden.»
Zudem hätten sich im Aargau bereits zwei Gemeinden als mögliche Standorte für ein neues AKW angeboten. Tatsächlich äusserten sich Ende August 2024 die Ammänner von Leibstadt und Döttingen entsprechend, nachdem der Bundesrat angekündigt hatte, er wolle das Neubauverbot kippen. Der Aargau sei der Energiekanton der Schweiz, ergänzt die Jungpartei, rund ein Drittel des gesamten inländischen Stroms werde hier produziert.
Kantonsparlament für neues AKW im Aargau
«Wenn wir langfristig die Stromlücke schliessen und eine bezahlbare, klimaneutrale Energieversorgung gewährleisten wollen, reicht der Ausbau der erneuerbaren Energien allein nicht aus», heisst es in der Mitteilung der Jungfreisinnigen weiter. Kernenergie als klimaneutrale, bezahlbare und stabile Stromquelle könne für eine verlässliche Stromversorgung der Schweizer Bevölkerung sorgen.
Die Partei weist zudem darauf hin, dass die Schweiz im Winter erhebliche Strommengen aus dem Ausland importieren müsse. Diese Importe seien jedoch nicht garantiert, eine Versorgung über Importe sei nicht zuverlässig. Der Grosse Rat habe die Zeichen der Zeit erkannt und kürzlich eine Motion für den «raschmöglichsten Neubau eines Kernkraftwerks im Kanton Aargau» überwiesen.
Eingereicht wurde der Vorstoss im September 2024 – gut drei Monate später wurde bekannt, dass die Axpo die beiden Reaktoren von Beznau in den Jahren 2032 und 2033 abschalten will. Der Aargauer Regierungsrat ist nicht grundsätzlich gegen den Neubau eines AKW. Allerdings schrieb er in seiner Antwort, dass die Kompetenzen beim Bund liegen. Er will die Entwicklungen auf nationaler Ebene abwarten.