
Ein Leben im Zeichen von Drogen, Gewalt und weggeworfenen Chancen
Drogenkonsum und Drogenhandel führen nicht selten noch zu anderen Straftaten. Und selbst wenn sich immer wieder Chancen ergeben, aus dem Teufelskreis von Sucht und Kriminalität auszubrechen, schafft längst nicht jeder den Absprung.
So auch Younes (Name geändert). Der inzwischen 34-jährige Syrer hat eine lange Karriere als Straftäter hinter sich. Wann die genau begann, lässt sich wohl nicht mehr nachvollziehen. Erstmals vor Gericht stand er jedenfalls im Mai 2010. Vom Bezirksgericht Zofingen wurde er damals wegen versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher Drohung, einfacher Körperverletzung sowie Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt.
Erste Strafe als Schuss vor den Bug
Eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten und eine Busse von 800 Franken sollten der berühmte Schuss vor den Bug sein. Younes, der seit der gemeinsamen Flucht aus Syrien zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester in der Schweiz lebt, sollte eine Chance bekommen, sich zu bewähren.
Nur ein Jahr später sass er aber schon wieder in Zofingen auf der Anklagebank. Und wieder wegen Gewaltdelikten und Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Diesmal kam er nicht mit einem blauen Auge davon, 18 Monate unbedingt lautete das Urteil. Wirkung zeigte aber auch der Gefängnisaufenthalt höchstens kurzfristig: Im August 2015 musste sich Younes erneut verantworten, diesmal vor dem Kantonsgericht Basel-Landschaft.
Freiheitsberaubung, bandenmässiger Raub und Diebstahl, Nötigung und wieder Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz standen auf der Anklageschrift. Vier Jahre und drei Monate lautete das Urteil. Die Freiheitsstrafe wurde zugunsten einer stationären Massnahme für junge Erwachsene ausgesetzt.
Bereits acht Jahre in Unfreiheit verbracht
Im März 2017 war es dann das Obergericht Solothurn, das Younes wegen ähnlicher Delikte verurteilte. Insgesamt knapp acht Jahre verbrachte er inzwischen im Gefängnis oder in stationären Massnahmen.
Younes hatte Gelegenheiten, in ein bürgerliches Leben zu finden. Er war in regelmässigen temporären Anstellungen, im Juni 2023 erhielt er sogar eine Festanstellung. Nur zehn Monate später wurde er jedoch wegen eines Fehlverhaltens gegenüber einem Kunden wieder entlassen. Im vergangenen März sollte er ein Praktikum in einem Gipser-Geschäft beginnen. Endlich der Ausweg?
Leider nein. Dass daraus nichts wurde, ist der Tatsache geschuldet, dass Younes wieder mit den Strafverfolgungsbehörden in Konflikt geriet. Der Vorwurf: Im August und September 2022 soll er zum einen mit nicht geringen Mengen Kokain gehandelt haben. 44,7 Gramm reines Kokain wurden gefunden, ausserdem gab Younes zu, mehr als 120 Gramm Kokaingemisch verkauft zu haben.
Zudem hielt ihm die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm Hehlerei vor. Younes soll ein Tablet und ein Mobiltelefon gegen Kokain getauscht haben, obwohl er wusste, dass die beiden Geräte gestohlen waren. Seine Absicht sei gewesen, beides mit Gewinn weiterzuverkaufen.
Von der Hehlerei sprach ihn das Bezirksgericht Zofingen frei. Wegen des scheinbar geringen Werts ging das Gericht von einem geringfügigen Delikt aus. Für den Drogenhandel verurteilte es Younes zu einer Freiheitsstrafe von 35 Monaten, davon zwölf unbedingt. Von einem zehnjährigen Landesverweis, den die Staatsanwaltschaft gefordert hatte, sah das Gericht ab.
Antrag auf Landesverweis zurückgezogen
Gegen das Urteil ging die Staatsanwaltschaft in Berufung. Diese wollte eine Verurteilung auch wegen Hehlerei und forderte zunächst auch noch den Landesverweis – zog diesen Antrag aber später zurück.
Das Obergericht kam in der Verhandlung zu dem Schluss, dass der Wert des Tablets und des Mobiltelefons deutlich höher war als von der Vorinstanz eingeschätzt. Mindestens 500 Franken habe dieser betragen, die Grenze der Geringfügigkeit (300 Franken) sei damit deutlich überschritten.
In der Urteilsbegründung, die jetzt schriftlich vorliegt, macht das Obergericht deutlich, dass man Younes kaum eine positive Prognose ausstellen könne. Zu oft sei er rückfällig geworden, obwohl sich ihm andere Wege im Leben geboten hätten. «Das Verhalten des Beschuldigten weist unverändert eine erhebliche Gleichgültigkeit gegenüber den bestehenden Normen auf», heisst es.
Unter Einbeziehung verschiedener anderer Strafen, die in vorhergehenden Verfahren bedingt ausgesprochen worden waren, aber deren Probezeit noch nicht abgelaufen war, verurteilt das Obergericht Younes zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren. Ausserdem muss er eine Geldstrafe von 6000 Franken (60 Tagessätze zu 100 Franken), die im Jahr 2021 ebenfalls bedingt verhängt worden war, nun tatsächlich bezahlen. Dazu kommen die Hälfte der Verfahrenskosten sowie die Kosten für den Verteidiger.