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An der EM schreibt niemand Geschichte – die Phrasen der Reporter nerven gewaltig

Das Fussballturnier der Frauen in der Schweiz war schön. Nur die Floskeln der Kommentatoren störten das Publikum.

Die Frauenfussball-EM in der Schweiz geht zu Ende. Auf welch positive Resonanz das Turnier stiess, ist erfreulich. Zugleich ist es gut, dass man die Floskeln der Reporter nicht mehr hören muss.

Wenn ein Team ein Tor erzielt, «hat es sich belohnt». Ständig belohnen sich die Mannschaften selber. Die Kommentatoren verwenden den Satz dermassen oft, dass er abgenutzt ist. «Jetzt fällt das verdiente Tor», könnte ein Reporter sagen. Aber nein: Schon wieder hat sich eine Auswahl für ihren grossen Einsatz belohnt.

Kullert ein Ball ins Netz, ändert das die Weltläufe nicht

Noch penetranter wird die Wendung «Geschichte schreiben» gebraucht. Eine Mannschaft, die ein Spiel gewonnen hat, war nicht nur erfolgreich. Sie «hat Geschichte geschrieben». Ein Team, das in den Halbfinal vorstösst, schreibt Geschichte. Eine Stürmerin, die ihr erstes Tor an einem internationalen Turnier erzielt, schreibt ebenso Geschichte.

Das ist natürlich kompletter Unsinn. Der Fussballsport gehört zur Unterhaltungsindustrie. Er ist beliebt, darum setzt er mehr und mehr Geld um. Aber einen Einfluss auf die Weltläufe hat er nicht.

Die Reporter verwenden die Phrase, um die Bedeutung der Sportveranstaltung aufzuladen. Um die Ereignisse als spektakulär darzustellen. Wenn ein Ball ins Netz kullert, freut das viele Menschen. Historisch ist der Moment nicht.

Als der afroamerikanische Athlet Jesse Owens vor den Augen Adolf Hitlers an den Olympischen Spielen in Berlin vier Goldmedaillen gewann – da schrieb ein Sportler Geschichte. Das geschieht aber selten. Als Riola Xhemaili die Schweiz in der Nachspielzeit in den EM-Viertelfinal schoss, brach im Land Begeisterung aus. Von Geschichte keine Spur.