
Wo Älplermagronen auf Lebensgeschichten treffen
Festlich geschmückt und möbliert war der Rosengarten für die diesjährige Zofinger Bundesfeier. Eine grosse Schweizer Fahne wehte über dem Portal, Schlagzeug und Keyboard standen bereit – auf dem Podium die fünf Stühle für das «Gespräch am 1. August.»
In ihren launigen Begrüssungsworten rief Stadtpräsidentin Christiane Guyer zum Miteinander auf – sinnbildlich für den 1. August. «Schon auf dem Rütli ging es nicht um Gleichklang, sondern darum, trotz Unterschieden zusammenzufinden.» Gerade heute, so Guyer, sei das angesichts gesellschaftlicher Polarisierung wichtiger denn je.
Nach einem gepflegten Jazz-Intermezzo mit José Kräuchi (Schlagzeug) und Theo Sennhauser (Keyboard) rollte Guyer den Teppich aus für vier bemerkenswerte Zofinger Frauen. Vier Generationen, vier Lebensgeschichten. Was hat diese Frauen im letzten Jahr am meisten gefreut?
Freuden und Erfolge – Höhepunkte des vergangenen Jahres
«Es war eine grosse Freude, mit meinem 21. Buch ‹Die Stickerin› meinen bisher grössten kommerziellen Erfolg zu feiern», so die 86-jährige Schriftstellerin Margrit Schriber. Melanie Müller, Fussballerin bei GC, ist stolz, trotz sechstem Platz in der Meisterschaft den Playoff-Final erreicht zu haben. Unternehmerin Chantal Versluis, Inhaberin des Keramikateliers «Hello Frances», feierte das fünfjährige Bestehen ihres Geschäfts und die Eröffnung einer Filiale in Luzern. Ehrenbürgerin, Kulturveranstalterin und Grafikerin Yolanda Senn Ammann wollte sich nicht auf ein Highlight festlegen. Sie freut sich einfach immer wieder, wenn Menschen Kultur mit Freude geniessen.
Zofingen habe ihr die Welt eröffnet, sagte Schriber. Sie durfte europaweit lesen, unternahm vier Lesetourneen durch die USA – und meinte mit spürbarer Lebensfreude: «Wenn du mir noch ein weiteres Leben schenkst, bin ich überzeugt, auch dieses mit Büchern füllen zu können.» Noch im August erscheint ihr neuer Roman.
Senn Ammann, trotz Pensionierung noch voll berufstätig, betonte, wie wichtig es sei, mit der Zeit zu gehen: «Wenn man Kunst macht, sollte man nicht jammern, sondern Veränderungen als Chance zur eigenen Weiterentwicklung sehen.» Versluis sprach von der Freude, wenn Menschen ihre kreative Seite entdecken – spätestens dann, wenn sie ihre selbst bemalten Keramikstücke in den Händen halten.
Hürden, Bonus und Berufung
Auch über Herausforderungen wurde offen gesprochen. Schriber erinnerte sich daran, dass sie anfangs als Frau engagiert wurde, «weil sie wenigstens dekorativ sei» – nicht unbedingt, weil man ihr sprachliches Talent zutraute. Später profitierte sie vom sogenannten Frauenbonus, empfand diesen aber als Herabwürdigung. Sie wollte einzig an ihrer literarischen Arbeit gemessen werden.
Für Senn Ammann gehören Hürden zum Leben – sie verstehe sich als Hürdenläuferin – nicht als 100-Meter-Sprinterin. Für die Zukunft wünsche sie sich mehr Empathie und Zusammenhalt, weniger Pessimismus.
Melanie Müller brachte es auf den Punkt: «Wir sollten dankbar sein für das, was wir haben und erleben dürfen.»
Die Stadtmusik schien sich vom entschleunigten Geist der Feier angesteckt zu haben – sie spielte den Schweizerpsalm mit ungewohnter Feierlichkeit und Langsamkeit. Die Anwesenden sangen mit – zum Teil inbrünstig. Zum Schluss gibt’s Älplermagronen für alle – und ein gemütliches Beisammensein.