
Der Aargau altert – und der nächste Lebensabschnitt ist Motivator für neue Projekte
Die Aargauer Bevölkerung altert in den nächsten Jahren rasch. In 30 Jahren leben laut Berechnungen von Statistik Aargau 233’000 über 64-Jährige im Kanton. Das sind 65 Prozent mehr als heute. Mit Abstand am stärksten wächst die Gruppe der Menschen, die 80 Jahre und älter sind. Ihre Zahl wird sich bis 2055 voraussichtlich mehr als verdoppeln. Jede zehnte Einwohnerin wird dann mindestens 80 Jahre alt sein. Heute ist es jede zwanzigste.
Die jüngere Bevölkerung wächst ebenfalls, aber deutlich langsamer; die 20- bis 39-Jährigen um 7,3 Prozent, die 4- bis 6-Jährigen sogar nur um 6,5 Prozent. Das Bild der Gesellschaft wird sich dadurch verändern. Das sieht man bereits jetzt in den Daten: Die Bevölkerungspyramide nehme zunehmend die Form einer Urne an, heisst es in einem Bericht von Statistik Aargau.
Als Hauptprotagonist im ersten Kinofilm
Einer, der sich intensiv mit dem Übergang vom Arbeitsplatz ins Rentnerleben beschäftigt hat, ist der Aargauer Hanspeter Bäni. Der schweizweit bekannte SRF-Dokfilmer machte sich vor drei Jahren mit dem ebenfalls frisch pensionierten Jürgen Podlass vom Nachbardorf Scherz zu Fuss auf den Weg von Habsburg auf die deutsche Nordseeinsel Sylt.
Dabei machten sich die beiden ausgiebig Gedanken über die verbleibende Lebenszeit und die Frage, wie man die gewonnene Freiheit mit Inhalt und Sinn füllen kann. Auf dieser Fernwanderung entstand das Rohmaterial für Bänis ersten Kinofilm unter dem Titel «Ihr könnt jetzt gehen», in dem er Hauptprotagonist ist. Das Meisterwerk bot dem Publikum in 40 Kinos in der Schweiz und in Deutschland beste Unterhaltung. Damit Bäni seinen Film im Ausland zeigen konnte, musste er eine Produktionsfirma gründen.
Inzwischen ist der Habsburger 68-jährig und weiterhin von einer geistigen Unruhe umtrieben, wie er am Telefon sagt. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er sich als AHV-Bezüger nicht einfach auf dem Sofa ausruhen werde. Und er werde auch nicht bei Baustellen stehen bleiben, um den Angestellten beim Arbeiten zuzuschauen, wie das Rentner oft machen.
Stattdessen zog es Bäni nach Mallorca, wo er sich erstmals als Biketour-Leiter betätigte. Max Hürzeler – Pionier der Radsportreisen auf Mallorca und ein Freund von Bäni – fragte ihn, ob er auf der Insel Touren übernehmen wolle. Erst kürzlich ist der Habsburger von seinem fünfwöchigen Aufenthalt auf der spanischen Mittelmeerinsel zurückgekehrt. Nach drei Saisons zieht er einen Schlussstrich. Reine Routine sollten die Biketouren nicht werden. Zu viele andere Ideen schwirren noch in seinem Kopf herum.
Bucherscheinung im Frühling 2026
Im Frühling 2026 erscheint sein Buch «Der Reporter – Geschichten jenseits der Dreharbeiten». Auf 200 Seiten gibt Bäni bisher unveröffentlichte Details bekannt, die sich beim Realisieren der SRF-Reportagen «Schwarzer Prinz – Weisse Königin», «Das Leben eines Betrügers» oder «Der Jugendanwalt» (Brian K. alias Carlos) ereignet haben. Zudem bietet der preisgekrönte Filmer Einblicke in seine eher schwierige Kindheit und Jugend, da sie manchmal Ausgangspunkt für seine Filmprojekte waren. Das Vorwort zum Buch schrieb der pensionierte Schweizer Radio- und Fernsehmoderator Röbi Koller.
Die beiden kennen sich vom SRF. An der Filmschule Studio 1 in Wallisellen geben sie ihr wertvolles Wissen an die jüngere Generation weiter. Für Bäni bedeutete das auch, als Dozent ein Lehrmittel zu verfassen und die Masterklasse auf dem Weg zu ihrer Abschlussarbeit – einer eigenen Reportage – zu begleiten.
Er nehme sich die Freiheit, analog zu arbeiten, hält Bäni fest. Ein Projekt nach dem anderen und nach Lust und Laune. Die Gesellschaft habe ihn zwar pensioniert, aber er habe Freude an sinnvollen Aufgaben und werde sein Leben weiterhin aktiv gestalten. Der Vater eines Journalisten hat dank einer alten Freundin in Amerika bereits eine neue Filmidee mit viel Animation. Zu Hause ruht ein angefangenes Kinderbuchprojekt.
Bänis Ehefrau Marianne ist inzwischen ebenfalls im AHV-Alter. Die 64-Jährige – Ende Juli wird sie 65 – ist in der mobilen Fusspflege tätig und übernimmt Arbeitseinsätze in der Hotellerie. Sich auf dem Sofa auszuruhen, ist auch für sie keine Option.