
VW Käfer-Museum: Ein Muss für Nostalgiker und Auto-Fans
Schön aufgereiht stehen sie da. Im Museum, das vor ziemlich genau zehn Jahren, am 15. August 2015 eröffnet wurde. 15 VW Käfer, die der in Aarburg aufgewachsene Journalist und Buchautor Hans Peter Nething zusammengetragen hatte. Die Käfer mit Jahrgängen zwischen 1950 und 1974 dokumentieren die Entwicklungsgeschichte des bis Juli 2003 meist verkauften Automobils der Welt anschaulich. «Jedes Mal, wenn der Hersteller eine bedeutende Neuerung am Käfer vorgenommen hatte, kaufte Hans Peter Nething ein Exemplar», weiss Roland Schmid, der 75-jährige Konservator, der zugleich Vizepräsident des Vereins VW-Käfer-Museum Aarburg ist. Doch nicht nur das. Auch die wechselvolle Geschichte des Museums selber ist dokumentiert. Denn es stiess in Aarburg nicht unbedingt auf Gegenliebe. «Alte Käfer fürs Volk: Lust oder Last?», titelte Redaktorin Nora Bader im Zofinger Tagblatt vom 10. April 2014.
Worum ging es damals? Der im Juli 2013 verstorbene Hans Peter Nething hatte seine Privatsammlung als Schenkung der Gemeinde Aarburg vermacht. Diese beabsichtigte die Einrichtung eines Museums im Untergeschoss der Höhe-Turnhalle – doch dafür hätte die Luftdruckschiessanlage der Aarburger Schützenvereine weichen müssen. Zwar bewilligte die Gemeindeversammlung vom November 2013 einen jährlich wiederkehrenden Unterhaltsbeitrag von 10500 Franken, doch wurde gegen diesen Beschluss erfolgreich das Referendum ergriffen. Im Mai 2014 sagte das Aarburger Stimmvolk mit 74 Prozent wuchtig Nein zum VW Käfer-Museum. Wie weiter? Die Käfer wurden nach der verlorenen Abstimmung in die neu gegründete Nething-Roth-Stiftung überführt, deren Präsidium Elsbeth Märchy übernahm. Der Gemeinderat entschied in der Folge, dass die Käfer im Untergeschoss der Höhe-Turnhalle bleiben durften. Eine Betreuergruppe unter der Leitung von Heiny Volkart nahm sich in der Folge der Renovation der Räumlichkeiten, der Finanzierung des Museums und nicht zuletzt der Restauration der 15 Fahrzeuge an.
Ende gut, alles gut? «Jein», sagt Roland Schmid, «wir haben jetzt ein Museum, das wir zeigen dürfen, aber die Finanzen sind ein Dauerthema geblieben – wir leben auch heute noch von der Hand in den Mund».

Bild: Thomas Fürst
Die Idee eines Kleinwagens hatte mehrere Väter
«Was möchten Sie lieber hören? Die in Deutschland lange hochgehaltene, ‹offizielle› Geschichte des Käfers – oder die tatsächliche?». Diese Frage stelle er seinen Gästen zu Beginn jeder Führung, führt Roland Schmid aus. Schmid hat sich seit der Museums-Eröffnung in die VW-Geschichte vertieft und sich ein enormes Wissen angeeignet. Also, die offizielle Geschichte in Kurzfassung: Ferdinand Porsche war, beauftragt und gefördert von Adolf Hitler, der Erfinder des Volkswagens, des späteren VW Käfers.
An der Idee, einen Kleinwagen zu entwickeln, der das Auto zu einem Massenprodukt machen würde, haben bereits in den 1920er-Jahren zahlreiche Pioniere getüftelt. Zum Beispiel Béla Barényi, der bereits 1925 eine Skizze vorlegte, die dem späteren Käfer auffallend ähnlich sah. Oder Hans Ledwinka, Konstrukteur des Tatra V 570. Oder Josef Ganz mit seinem Standard Superior 1930, der mit einem konkurrenzlos günstigen Preis von 1590 Reichsmark als «schnellster und billigster deutscher Volkswagen» angepriesen wurde. Und natürlich auch Ferdinand Porsche, der 1936 einen Prototyp, den Typ V60, vorlegte. «Die Idee eines Kleinwagens hatte sicherlich mehrere geistige Väter», betont Roland Schmid. Aber Porsche habe sie, «mit einer Armada von Ingenieuren um sich, auf Geheiss Hitlers und im Auftrag des Reichsverbands der Deutschen Automobilindustrie», wie Schmid sagt, schliesslich in die Realität umgesetzt.
1938 ging es dann richtig los. Die Grundsteinlegung für das Volkswagenwerk erfolgte am 26. Mai bei Fallersleben (heute ein Stadtteil von Wolfsburg). Und dann begann der 2. Weltkrieg. Die Produktion des KDF-Wagens (Kraft durch Freude), wie der Käfer damals hiess, war zu Ende, bevor sie richtig begonnen hatte. Während des Krieges wurden in Wolfsburg Kriegs-Fahrzeuge wie der Kübel- oder der Schwimmwagen gebaut.
Erfolgsgeschichte beginnt nach dem Krieg
Nach dem Krieg war das Volkswagenwerk zu zwei Dritteln zerbombt – und die Alliierten hatten die Devise ausgegeben, möglichst viele Industriebauten und Anlagen rückzubauen. Auch in Wolfsburg. Den Auftrag, die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen, bekam ein junger englischer Offizier, Ivan Hirst. Hirst sah das Elend der noch dort lebenden Menschen, meist Zwangsarbeiter. Der ausgebildete Ingenieur erkannte aber auch, dass es relativ schnell möglich wäre, in Wolfsburg wieder Autos zu produzieren. Er überzeugte seine Vorgesetzten, Fahrzeuge zu produzieren, die den Besatzern dienen konnten, sich in einem weitgehend zerbombten Land bewegen zu können. So wurden 2000 Käfer auf dem Chassis des Kübelwagens und aus Teilen des ehemaligen 1938er-KDF produziert. «Ein Engländer darf also mit Fug und Recht als Retter für das Weiterbestehen des VW Käfers und der Volkswagenwerke nach dem Krieg bezeichnet werden», betont der Konservator des Aarburger VW-Käfer-Museums.
Der Rest ist Geschichte. Der Käfer wurde zum geläufigsten Symbol des deutschen Wirtschaftswunders. 1965 läuft in Wolfsburg der zehnmillionste Käfer vom Band. Am Schluss sind es exakt 21 529 464 VW Käfer, die zwischen 1938 und 2003 produziert wurden. Bis Juli 2003 ist der Käfer das meistverkaufte Auto der Welt, dann wird er vom VW Golf abgelöst.
Seit April 1948 auch in der Schweiz
Im April 1948 kamen die ersten 26 Käfer auch in die Schweiz. «26 Werksfahrer brachten die Käfer an die Schweizer Grenze», weiss Roland Schmid. Am Zollamt Lörrach / Riehen erfolgte die Verzollung und anschliessend wurden die Käfer gegen Barzahlung direkt an die Händler ausgeliefert. Am Schluss waren es rund 1,7 Millionen Käfer, die in die Schweiz importiert wurden.
15 ausgewählte Exemplare können im kleinen, aber feinen Aarburger VW Käfer-Museum besichtigt werden. Darunter auch das seltene Hebmüller-Cabrio von 1950, von dem auf Grund eines Grossbrands in der Karrosserie Hebmüller Söhne nur 696 statt der geplanten 2000 Fahrzeuge produziert wurden. Heute gibt es noch rund 180 Stück des Kultobjekts.
Das VW Käfer-Museum ist regelmässig am ersten Sonntag im Monat von 10.30 Uhr bis 12 Uhr offen – das nächste Mal am Sonntag, 7. September. Der Eintritt ist gratis. Führungen für Vereine, Firmen und Gruppen sind auf Vereinbarung gegen eine kleine Entschädigung möglich. Anfragen sind zu richten an vwkaefermuseum @gmail.com.
Das 1974-er-Modell des Käfers ist das jüngste Modell der Sammlung und zugleich der letzte Jahrgang, der noch in Wolfsburg gefertigt wurde. – Bild: Thomas Fürst Das Wolfsburg-Emblem, das bei allen Käfern bis und mit 1962 auf der Motorhaube prangte. – Bild: Thomas Fürst Die Innenraumausrüstung: Im Vergleich zu heutigen Autos spartanisch, aber stilvoll. – Bild: Thomas Fürst Das 1956-er-Modell wurde 1982 von Hans-Peter Nething nach einer aufwendigen Restauration von Karrossserie und Interieur zu neuem Leben erweckt. – Bild: Thomas Fürst Und läuft und läuft und läuft: Der Heckmotor des VW Käfers. – Bild: Thomas Fürst An der gut besuchten Museumseröffnung vom 15. August 2015 wurde angeregt diskutiert. Ganz rechts Heiny Volkart, Leiter der Betreuungsgruppe. – Bild: zvg