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Einbruch an der Front gestoppt – Selenski bringt gute Nachrichten mit in die USA

Vor Wochenfrist stand die Ukraine im Gebiet Donezk im Donbass vor einer militärischen Katastrophe. Inzwischen scheint sich das Blatt gewendet zu haben.

Wolodimir Selenski ist mit einer guten Nachricht von der Front in die USA gereist: Vieles deutete am Montag darauf hin, dass die ukrainische Armee den russischen Durchbruch nördlich von Pokrowsk unter Kontrolle gebracht hat. Bestand Mitte vergangener Woche die reale Gefahr einer Ausweitung des Vorstossesund des Teilkollapses der ukrainischen Verteidigungim Donbass, scheinen aktuell vielmehr die durchgebrochenen russischen Angreifer von allen Seiten bedrängt zu werden.

Durch die schnelle Heranführung von Reserven, unter anderem der Elite-Einheit 1. Azow-Korps, konnten die Ukrainer den fingerförmigen, bis zu 15 Kilometer tiefen Einbruch eindämmen und ihrerseits zum Gegenangriff übergehen. Laut einer Analyse des Institute for the Study of War (ISW) in Washington ist es der russischen Armee nicht gelungen, die durchgebrochenen Einheiten rechtzeitig mit Nachschub zu versorgen und zu verstärken, was auf ein Scheitern der gesamten Operation hinweist.

Lautukrainischen Angabenbelaufen sich die russischen Verluste in dieser Gegend auf über 900 Tote, 300 Verwundete und fast 40 Gefangene. Ukrainische Fallschirmjäger veröffentlichenam Montag auf Facebook ein Video,das die Rückeroberung von zwei Dörfern zeigt, die in der russischen Angriffsachse lagen.

Die US-Analysten beim ISW schliessen aufgrund des Gefechtsverlaufs auf die generelle Unfähigkeit der russischen Armee, «grössere Befestigungen und bewohnte Gebiete schnell zu erobern». Der Durchbruch nördlich von Pokrowsk sei weitgehend über freies Feld erfolgt, ohne dass ukrainische Befestigungen den russischen Kampfgruppen den Weg versperrt hätten.

Noch sei die Gefahr aber nicht vollständig gebannt. Wie der ukrainische Generalstab zuvor schon mitgeteilt hat, soll die russische Armee über 100’000 Soldaten in der Umgebung von Pokrowsk zusammengezogen haben. Da frühere russische Eroberungsversuche südwestlich der Stadt alle gescheitert waren, hätten es Putins Truppen diesmal im Norden versucht. Es seien weitere Angriffsversuche mit kleinen, motorisierten Gruppen zu erwarten, folgert der ukrainische Generalstab.

Warnung vor freiwilliger Aufgabe des Gebiets

Vorerst aber stärkt die Erfolgsmeldung die Verhandlungsposition des ukrainischen Präsidenten, wenn er mit Donald Trump über die Bedingungen für eine Beendigung des Krieges verhandelt. Putins Forderung, die Ukraine müsse den gesamten Oblast Donezk im Zuge der Verhandlungen aufgeben, da dessen Eroberung eh unausweichlich sei, hat sich einmal mehr als substanzlos erwiesen.

Gemessen am bisherigen Tempo würde die militärische Einnahme des noch unbesetzten ukrainischen Gebiets im Donezk «mehrere Jahre dauern», rechnet das ISW vor. Immerhin sind im Donezk von 26’500 Quadratkilometern noch rund 7600 in ukrainischer Hand. Die dort liegenden Grossstädte wie Slowjansk und Kramatorsk gehören zum gut befestigten Verteidigungsgürtel der «Festung Donbass», an dem sich die Russen bisher die Zähne ausgebissen haben.

Im «Heute Journal» von ZDF warnte der deutsche Ukraine-Spezialist Carlo Masala vor einer freiwilligen Hergabe der betreffenden Gebiete. Ein vollständig von Russland besetzter Donbass würde künftige Angriffe in Richtung der Hauptstadt Kiew erheblich vereinfachen und gleichzeitig die Verteidigungsmöglichkeiten der Ukrainer erheblich einschränken.