
Auch die FDP bekommt ein Co-Präsidium: Vincenz-Stauffacher und Mühlemann beerben Thierry Burkart
Es braucht gleich zwei Leute, um Thierry Burkart zu ersetzen. Die FDP erhält ein Führungsduo. Die St.Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher und der Glarner Ständerat Benjamin Mühlemann wollen die Liberalen in einer Co-Leitung präsidieren. Ihre Kandidatur machten sie am Mittwoch publik – zeitgleich mit dem Ablauf der Meldefrist. Neben Vincenz-Stauffacher/Mühlemann gibt es keine weiteren ernsthaften Bewerbungen.
Zuvor hatte es nur prominente Absagen gehagelt.Andri Silberschmidt wollte ebenso wenigFDP-Präsident werdenwie Damian Müller. Sie alle betonten zwar, dass der Job sehr reizvoll, aber mit ihrer Lebenssituation nicht vereinbar sei. Parteipräsident ist ein Verschleissjob. Viele Termine, viel Druck, wenig zu gewinnen. Auch bei der Mitte war das Kandidatenfeld für die Nachfolge von Gerhard Pfister sehr überschaubar.
Anwältin und Kommunikationsfachmann
Die 59-jährige Susanne Vincenz-Stauffacher sitzt seit 2019 im Nationalrat. Sie ist Anwältin mit eigener Kanzlei und hat zahlreiche ehrenamtliche Mandate. Vor ihrer Wahl in den Nationalrat war Vincenz-Stauffacher Mitglied des St.Galler Kantonsrats.
Von 2020 bis 2025 amtete sie als Präsidentin der FDP Frauen Schweiz. In dieser Funktion machte sich Vincenz-Stauffacher einen Namen mit der erfolgreichen Lancierung der Volksinitiative für eine Individualbesteuerung. Als Reaktion auf die Initiative hat das Parlament im Juni den Wechsel hin zu einer Individualbesteuerung beschlossen.
Der 46-jährige Benjamin Mühlemann sitzt erst seit den Wahlen 2023 im Bundeshaus, wo er den Kanton Glarus im Ständerat vertritt. Davor war er seit 2014 Mitglied der Glarner Regierung, zunächst sieben Jahre als Bildungsdirektor, ab 2020 als Finanz- und Gesundheitsdirektor. Zwischen 2010 und 2014 sass er im Glarner Kantonsrat.
Mühlemann studierte an der ZHAW in Winterthur Journalismus und Kommunikation. Er arbeitete einige Jahre als Redaktor bei der «Südostschweiz» und war in der Kommunikation des Energieunternehmens Axpo sowie beim Gebäudetechnikverband Suissetec tätig.
Auf nationaler Ebene ist Mühlemann seit seiner Wahl 2023 politisch noch wenig in Erscheinung getreten. Einen Namen hat er sich aber gemacht, als erin der festgefahrenen Diskussion rund um die Armeefinanzen eine Lösung zimmerte. Auch dank eines Einzelantrags von ihm kann die Armee ihr Budget bis 2028 auf rund 30 Milliarden erhöhen.
Das sind die grössten Herausforderungen für die Neuen
Auf das neue FDP-Führungsduo warten grosse Herausforderungen. Vom ersten Tag an dürften sie mit der Vorbereitung auf die eidgenössischen Wahlen 2027 beschäftigt sein. Bei den letzten Wahlen im Oktober 2023 schaffte es die FDP nach erneuten Verlusten noch auf einen Wähleranteil von 14,3 Prozent – und landete lediglich 0,2 Prozentpunkte vor der Mitte. Sollte sie 2027 hinter die Mitte zurückfallen, riskiert sie ihren zweiten Bundesratssitz zu verlieren.
Ebenso wichtig wird es sein, wie Mühlemann und Vincenz-Stauffacher die FDP in der Debatte um die EU-Abkommen positionieren. Derzeit erarbeitet eine parteiinterne Arbeitsgruppe einen Antrag zuhanden der Delegiertenversammlung.
Diesen europapolitischen Grundsatzentscheid treffen die freisinnigen Delegierten am 20. Oktober. Am selben Tag wählt die Delegiertenversammlung auch die neue Doppelspitze Mühlemann/Vincenz-Stauffacher formell ins Amt. Und verabschiedet Thierry Burkart, der die Partei seit 2021 führte. Unter seiner Führung ist die FDP wieder stärker nach rechts gerückt.
Während die Grünen und die SP bereits Erfahrung mit einem Co-Präsidium haben, ist es für die bürgerlichen Kräfte ein Novum. Skepsis am neuen Führungsmodell gibt es auch innerhalb der eigenen Partei.«Der einfachere Weg ist, wenn jemand alleine die Fahne trägt», sagte der Zürcher Nationalrat Beat Walti vor Wochenfrist zu CH Media. Walti war Präsident der Findungskommission für das neue Parteipräsidium.
Doch nun hat sich der Freisinn für den schwierigeren Weg entschieden.