
Zwischen Wille, Zweifel und Wachstum: So geht es Lernenden während ihrer Berufslehre
Den ersten Schritt in die Berufswelt zu machen, kann überwältigend sein. Von Vorfreude bis Sorge ist alles dabei, wenn sich Lernende – wie auch diesen August – in ein mehrjähriges Berufsabenteuer stürzen. Welche Rolle eine Lehre auf die psychische Gesundheit der Jugendlichen haben kann, zeigt eine neue Studie der WorkMed AG und der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) .
Im Bericht vom Juni 2025 zeigen die beiden Organisationen auf, wie es Jugendlichen in der Lehre geht, was ihnen guttut, was sie belastet und was ihnen hilft, Herausforderungen zu meistern. Befragt wurden dafür rund 45’000 Lernende aus allen Schweizer Kantonen – also etwa 20 Prozent aller Schweizer Lehrlinge. Einige der Ergebnisse überraschen.
Gemäss Studie geben 80 Prozent der Befragten an, nach einer erfolgreichen Schnupperlehre oder einem Praktikum die Entscheidung zur aktuellen Lehre gefällt zu haben. Hingegen absolvieren die restlichen 20 Prozent ihre Ausbildung, weil sie keine andere Lehrstelle gefunden haben. Ebenfalls 80 Prozent berichteten, dass sie sich für die Lehre bereit gefühlt haben. Es habe Vorfreude geherrscht: Rund 90 Prozent aller Befragten freuten sich besonders darauf, Geld zu verdienen. Nur 18 Prozent aller Lernenden freuten sich nicht besonders, die Ausbildung zu starten.
Neben Vorfreude herrscht bei den Jugendlichen allerdings auch die eine oder andere Sorge. Ganz oben mit dabei waren Angst vor Überforderung bei schulischen Aufgaben, die langen Arbeitszeiten und weniger Ferien. Rund die Hälfte befürchtete, dass man sie nicht mag oder nicht akzeptiert. Besonders Letzteres – also die zwischenmenschlichen Beziehungen zu Berufsbildnern und dem Team – kommt später wieder auf.
Jeder Vierte denkt darüber nach, aufzuhören
Nicht für alle der Befragten handelte es sich um die erste Lehre. Rund neun Prozent der Lernenden gaben an, vor der aktuellen Lehre schon einmal eine Lehre abgebrochen zu haben. Der häufigste Grund war, dass den Betroffenen der Beruf nicht gefallen hat. 19 Prozent haben Probleme mit dem Lehrbetrieb angegeben – besonders häufig wurden dabei Probleme mit den Berufsbildenden genannt.
Das Thema «vorzeitige Lehrvertragsauflösungen» kommt immer wieder auf. Gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik bricht schweizweit ein Viertel aller Lernenden ihre Lehre vorzeitig ab – im Aargau ist die Zahl identisch. Auch in dieser Studie äusserten die Befragten Gedanken zu Lehrvertragsauflösungen.
Ein Viertel gab an, es bereits mehrmals in Erwägung gezogen zu haben. Zum Zeitpunkt der Befragung ziehen immer noch 22 Prozent in Erwägung, ihre Ausbildung abzubrechen. Dabei stellt sich heraus, dass die Unterstützung des Lehrbetriebs einen grossen Einfluss auf diese Gedanken haben kann. «Je stärker die Unterstützung durch die Berufsbildenden erlebt wird, desto seltener denken Lernende daran, die Lehre abzubrechen», heisst es in den Ergebnissen.
Wenige der Betroffenen sprechen über ihre Probleme: Knapp 70 Prozent der Lernenden teilen ihre Gedanken nicht mit den Verantwortlichen in der Lehre. Gründe sind einerseits, dass es die Jugendlichen «alleine schaffen» wollen, sie nicht wissen, wie man über «solche Dinge» spricht oder nicht wissen, ob es schon «schlimm genug» ist. Rund 20 Prozent vertrauen den Verantwortlichen nicht, schämen sich oder wollen niemanden mit ihren Problemen belasten.
Ein positives Gesamtergebnis
Trotz allem scheint es der Mehrheit der Betroffenen – ganzen 80 Prozent – in der Lehre gut zu gehen. Fast 90 Prozent geben sogar an, das Gefühl zu haben, bei der Arbeit etwas Sinnvolles zu tun. Auch geben die Lernenden an, seit Lehrbeginn positive Veränderungen bemerkt zu haben. Etwa 90 Prozent sind verantwortungsbewusster. Fast die Hälfte berichtet, sie sei am Morgen motivierter aufzustehen.
Der häufigste Grund, weshalb die Lernenden ihre Lehre trotz Problemen nicht abgebrochen haben, ist mit 80 Prozent der Wille, nicht aufzugeben. Gleich darauf folgt das Vertrauen, das andere in sie setzen, gefolgt vom Wunsch der Eltern, die Lehre fortzusetzen. «Dieses ‹nicht aufgeben wollen› trotz Schwierigkeiten in der Lehre ist ein deutlicher Hinweis auf eine ausgeprägte Resilienz der Lernenden», so die Studie.