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Finanzdirektor Markus Dieth will Steuern um 100 Millionen Franken senken – doch das neue Budget ist massiv im Minus

Den Steuerfuss um mehr als 5 Prozentpunkte zu senken, liege nicht drin, sagt der Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth. Aus mehreren Gründen.

Markus Dieth wirft nicht mit Geld um sich und gilt als vorsichtig, wenn es um das Kantonsbudget geht. Die letzten acht Rechnungen des Kantons lagen im Plus.

In den vergangenen acht Jahren, seit Dieth Finanzdirektor ist, hat der Kanton seine Schulden (1,3 Milliarden Franken) nicht nur getilgt. Er verfügt über ein Nettovermögen von 585 Millionen Franken. Und seine Ausgleichskasse, der Reservetopf für schlechte Zeiten, ist mit 1,1 Milliarden Franken prall gefüllt: Legt man 1000-Franken-Noten in diesem Wert aufeinander, übertrumpft der Stapel das 85 Meter hohe Telli-Hochhaus in Aarau, in dem der Finanzdirektor sein Büro hat.

FDP und SVP fordern, dass der Kanton den Steuerfuss senkt. Bereits haben sie angekündigt, bei der Beratung des nächsten Budgets im Grossen Rat falls nötig einen tieferen Steuerfuss durchzudrücken – ihre Fraktionen haben seit Anfang die Mehrheit im Parlament. Damit setzten sie Dieth unter Druck: Bei der Präsentationder Rechnung 2024 im Märzkündigte er an, einen tieferen Steuerfuss zu prüfen.

Budget: Minus von 221 Millionen – Steuerfuss 5 Prozentpunkte tiefer

Nun ist klar: Der Finanzdirektor will den Steuerfuss um 5 Prozentpunkte senken – obwohl er beim Budget 2026 mit einem Defizit von 221 Millionen Franken rechnet. Für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bedeutet das eine Entlastung von über 100 Millionen Franken. Das Budget stellt er am Donnerstag zusammen mit Staatsschreiberin Joana Filippi und dem Abteilungsleiter Finanzen, Christian Moser, vor.

Im Budget 2026 rechnet der Kanton erneut nicht mit einer Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Mit einer solchen und ohne den tieferen Steuerfuss wäre das Budget ausgeglichen. Die SNB hat für das erste Halbjahr 2025 einen Verlust von 15,3 Milliarden Franken ausgewiesen.

US-Zölle sorgen für starke Verunsicherung

Der Kanton sieht am Finanzhimmel «erhebliche Herausforderungen», wie er in seiner Medienmitteilung schreibt. Dazu zählt er höhere Investitionen und zahlreiche Reformen des Bundes, die für die Kantone höhere Ausgaben bedeuten. «Allein die Einführung der einheitlichen Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen im Gesundheitswesen (EFAS) ab 2028 belastet den Kantonshaushalt mit rund 63 Millionen Franken jährlich», teilt er mit.

Ein wichtiger Faktor sind die hohen US-Zölle von 39 Prozent, die seit zwei Wochen in Kraft sind und Aargauer Exportunternehmen belasten. Sie tragen stark zur Verunsicherung bei, schreibt der Kanton. «Die solide Finanzlage und die Ausgleichsreserve ermöglichen eine massvolle Steuersenkung», lässt sich Finanzdirektor Dieth zitieren.

Finanzdirektor Dieth gegen höhere Steuersenkung

Eine höhere Steuersenkung hält Dieth – und mit ihm der fünfköpfige Regierungsrat – «im Augenblick als nicht vertretbar». Er befürchtet, dass die Reservekasse und das Nettovermögen rasch dahinschmelzen würden. «Eine Steuerfusssenkung ist nur verantwortbar, solange sie nicht zu neuer Verschuldung führt oder die Ausgleichsreserve übermässig belastet wird», so Dieth.

Nebst dem Budget legt der Finanzdirektor den Ausgaben- und Finanzplan (AFP) für 2026 bis 2029 vor. Ab 2027 beinhaltet er ein Defizit von 150 bis 198 Millionen Franken, trotz SNB-Ausschüttung von 108 Millionen Franken pro Jahr für den Aargau. Die Ausgleichsreserve des Kantons würde bei diesem Szenario auf 342 Millionen Franken einbrechen.

Steuerrabatt kommt vors Parlament

Beim Steuerrabatt ist der Kanton einen Schritt weiter. Er legt nun die Botschaft für die 1. Beratung im Grossen Rat vor. Mit diesem Instrument will der Regierungsrat eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass der Grosse Rat bei einem Rechnungsplus einen Steuerrabatt für Bevölkerung und Unternehmen gewähren kann.

Die Vorlage sieht Bedingungen vor. Der Kanton darf keine Schulden haben. Die Ausgleichsreserve muss mit «gut 800 Millionen Franken» gefüllt sein, wie der Kanton mitteilt. Diese Höhe sei angemessen.

Eine einmalige Rückvergütung sei «deutlich nachhaltiger als überhöhte Steuersenkungen, die den Finanzhaushalt in Schieflage bringen können», sagt Dieth. «Sie erlaubt dem Kanton, flexibel auf gute Rechnungsabschlüsse zu reagieren, ohne finanzielle Risiken für unseren Staatshaushalt in den kommenden Jahren einzugehen.»

Der Steuerrabatt soll den Gemeinden keinen zusätzlichen Aufwand bescheren. Der administrative Aufwand für die kantonale Steuerbehörde sei vernachlässigbar. Die Einführung der Steuerrückvergütung ist auf den 1. März 2027 geplant. Der erste Steuerrabatt wäre also zur Rechnung 2026 möglich.

Aufwände des Kantons steigen auf 6,25 Milliarden Franken

Der Aufwand gemäss Budget 2026 steigt um 3,2 Prozent auf 6,25 Milliarden Franken. Im Vergleich mit den anderen Kantonen weist der Aargau «weiterhin ein sehr tiefes und weit unterdurchschnittliches Aufwand- und Ausgabenniveau auf», sagt der Finanzdirektor.

Stark steigen die Kosten für den Kanton in den Bereichen Gesundheit und Soziales, vor allem bei der Spitalfinanzierung, den Prämienverbilligungen und den Ergänzungsleistungen AHV/IV sowie bei den Sonderschulen, Heimen und Werkstätten. Die Investitionen im Immobilienbereich steigen gemäss AFP stark an. In den vier Jahren rechnet der Kanton mit 1,7 Milliarden Franken. Ursache sind Bauten für Schulen, Neubauten im Sicherheitsbereich, Projekte zur Digitalisierung und Klimaschutzmassnahmen.

Mehr Stellen beim Kanton – höherer Lohn für Mitarbeitende

Die Zahl der Kantonsstellen steigt gemäss Budget um 2,1 Prozent. Das betrifft am stärksten die öffentliche Sicherheit, sprich Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafvollzug.

Für das kantonale Personal und die Lehrpersonen beinhaltet das Budget eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 0,7 Prozent.

Rechnung 2025: Gewinn dank 222 Millionen von Nationalbank und Axpo

Das Budget 2025 sah vor, 91,2 Millionen Franken aus der Ausgleichsreserve zu entnehmen. Aktuell rechnet Dieth bei der Rechnung aber mit einem Plus. Hauptgründe sind die 162 Millionen Franken, die der Aargau dank der Gewinnausschüttung der Nationalbank erhält. Und eine Sonderdividende der Axpo in Höhe von 60 Millionen Franken.