
Der grösste TV-Deal unserer Hockey-Geschichte – weshalb die Swiss League trotzdem wieder in die Röhre guckt
Ein Deal mit historischen Dimensionen: Noch nie hat ein wichtiger Sportverband oder eine wichtige Liga in der Schweiz das öffentlich-rechtliche Fernsehen für zehn Jahre von Live-Bildern ausgeschlossen. Der noch bis Ende der übernächsten Saison laufenden Verträge sind in einen neue bis 2034/35 laufende Kontrakte überführt worden.
Sunrise hat die gesamten TV-Rechte für knapp 300 Millionen bis 2035 erworben, setzt sie fürs Pay-TV (MySports) ein und hat in einer Sublizenz die Rechte fürs frei empfangbare Fernsehen bis 2035 an die CH Media-Gruppe abgegeben. Leutschenbach geht leer aus. Es ist eine Verlängerung der bisherigen Verhältnisse.
Der Zehn-Jahres-Deal bis 2035 hat Signalwirkung: Die alte Formel «Leutschenbach überträgt, also sind wir und sonst nicht» gilt nicht mehr. Die Reichweite der frei empfangbaren privaten TV-Sender wird zum ersten Mal gleich relevant eingestuft. In allen drei Sprachregionen. Die CH Media-Gruppe wird in der Deutschschweiz insgesamt mehr als 50 Partien frei empfangbar auf den Kanälen TV24 und 3+ übertragen. Im Tessin und in der Westschweiz mit den gleichen Partnern wie bisher.
Das aktuelle Preisniveau mehr oder weniger halten können
Ein Vertrag bis 2035 in einem sich laufend verändernden Medien-Business gibt der National League und ihren Klubs eine fast unbezahlbare Planungssicherheit. Mit 30 Millionen pro Saison ist inzwischen die Limite erreicht. Mehr wird der helvetische TV-Markt nicht mehr hergeben. Von allem Anfang an war die Strategie der National League klar: Das aktuelle Preisniveau (30 Millionen pro Saison) mehr oder weniger halten und so lange wie möglich verlängern.
Bei einem leichten Preisrückgang von rund 15 Prozent ist es gelungen, mit einem Deal bis 2035 ein Maximum herauszuholen. Damit steht auch fest: Bis und mit der Saison 2034/35 gibt es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen weiterhin keine Live-Bilder der nationalen Meisterschaft, aus Ambri, Langnau, Bern, Zug oder Zürich.
Einen «Service Public» kann die SRG in der nationalen Meisterschaft, die boomt wie noch nie, nicht mehr bieten. Was in diesem Zusammenhang politisch interessant ist: Erstens hat die SRG offiziell einen Sparauftrag von 270 Millionen und zweitens im Hinblick auf die «Halbierungs-Initiative» mit dem Verlegerverband einen «Burgfrieden» geschlossen und konkurrenziert private Medienhäuser nicht mehr direkt.

Bild: Ennio Leanza / Keystone
Beim Bieten um die frei empfangbaren TV-Rechte bestand daher eine direkte Konkurrenzsituation mit CH Media, also einem privaten Medienhaus. Aber wir wollen nicht grübeln. Immerhin eine kleine Verbesserung hat Leutschenbach erreicht: Voraussichtlich dürfen die Highlights neu ab der Saison 2027/28 gleich nach Spielende gezeigt werden.
Im grössten Medien-Deal unserer Hockey-Geschichte gibt es hockeytechnisch mit der National League einen Sieger und mit der Swiss League einen Verlierer: Die zweithöchste Liga gehört zum Verband und nicht zur juristisch vom Verband unabhängigen National League. Das bedeutet: Die medialen Rechte der Swiss League gehörten nicht automatisch zum TV-Paket der National League.
Der Verband hätte Himmel und Hölle in Bewegung setzen müssen
Es wäre Sache des Verbandes gewesen, bei der National League anzuklopfen. Ja, eigentlich hätte Verbands-Manager Martin Baumann Himmel und Hölle in Bewegung setzen müssen, um die Swiss League in diesem TV-Paket unterzubringen. Und zwar ohne Geld zu verlangen und erst noch mit der Offerte, für die TV-Produktionskosten (rund 3 Millionen im Jahr) aufzukommen. Der wirtschaftliche Sauerstoff für jede Liga ist eine möglichst gute und professionell gemachte TV-Reichweite.
Die Frage geht also an Martin Baumann: Warum hat der Verband nicht Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Teil dieses TV-Deals zu werden? Er sagt dazu: «Es ist korrekt, dass die Integration in den neuen TV-Vertrag ein grosser Vorteil gewesen wäre. Diese Ausschreibung wurde jedoch autonom von der National League in Auftrag gegeben und wir waren zu keinem Zeitpunkt in diesen Prozess involviert.
Am Ende handelt es sich um einen Vertrag der National League mit ihrem Partner, auf den wir als Verband nur begrenzten Einfluss haben.» Der Verband also nur noch am Katzentisch des nationalen Hockeys. Das ist fürwahr seltsam: Der Verband wird nämlich bei den Medienrechten seit langem in enger Zusammenarbeit von der gleichen Agentur wie die National League (TheRia) beraten. Aber auch da: Wir wollen nicht grübeln.
Wie geht es nun mit der Swiss League weiter? «Unsere Aufgabe ist es, eine alternative und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Sowohl im Bereich Medienpräsenz als auch in der Positionierung der Liga. Dabei prüfen wir neue Partnerschaften und digitale Modelle, um Reichweite und Sichtbarkeit weiter auszubauen.»
«Der Verband ist sich seiner Verantwortung bewusst»
Das sei kein einfacher Weg, aber man sei überzeugt, dass die Swiss League eine Perspektive habe. «Der Verband ist sich seiner Verantwortung bewusst.» Die Swiss League sei ein zentrales Element der Hockey-Pyramide und erfülle eine wichtige Rolle in der Spielerentwicklung. «Wir prüfen kontinuierlich, wie wir die Liga am besten unterstützen können. Sei es finanziell, organisatorisch oder strategisch. Konkrete Eckpunkte werden derzeit in den gemeinsamen Working Groups der beiden Ligen weiter ausgearbeitet und abgestimmt.»
Nun denn: Immerhin warme Worte und warme Luft. Auf einen warmen Geldregen und konkrete Ergebnisse müssen die Klub-Kassiere in der zweithöchsten Liga hingegen weiterhin warten. Aber das sind sie sich ja inzwischen gewohnt. Mit dem neuen TV-Vertrag wird die Kluft zwischen der höchsten und zweithöchsten Liga «zementiert» und noch grösser: Politisch, wirtschaftlich und sportlich.
Mit diesem 10-Jahresvertrag hat die National League ungefähr gleich viel herausgeholt wie die höchste Liga im Fussball: Swisscom hat die Rechte sowohl für die Super League als auch die Challenge League mit einem Vertrag bis 2030 für knapp 30 Millionen erworben, die Rechte fürs frei empfangbare Fernsehen jedoch an Leutschenbach für ein Live-Spiel pro Runde weitergegeben. Aufgrund einer anderen politischen Zusammensetzung werden die Rechte der beiden höchsten Fussball-Ligen gemeinsam vermarktet.

Bild. Salvatore Di Nolfi / Keystone
Die Klubs der Super League bekommen pro Saison inkl. Rangprämie durchschnittlich rund 1,5 Millionen pro Jahr. Dies entspricht ungefähr den jährlichen Einnahmen der Klubs in der höchsten Hockey-Liga. Zusätzliches Geld – eine tiefe sechsstellige Summe pro Jahr – kommt für die Hockey-Klubs aus den zentralen Vermarktungsrechten. Noch bis 2028 läuft der Werbe-Vertrag mit der Postbank (PostFinance). Gewährsleute aus Deutschland und Österreich melden übereinstimmend, dass Red Bull ein sehr grosses und langfristiges Interesse an einem Einstieg in die National League habe. Affaire à suivre.