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Die ersten Primaten lebten nicht im Dschungel

Die Menschheit hat sich da entwickelt, wo das Leben leicht war und die Nahrung üppig. Diese Annahme war falsch, wie eine neue Forschung zeigt.

Es waren eichhörnchengrosse Tiere, die den heissen Sommern und kalten Wintern widerstanden – vor 66 Millionen Jahren in Nordamerika. Es waren noch keine Menschenaffen, aber doch der Zweig, aus dem die Menschheit später vermutlich entstanden ist. Diese fernen, fernen Vorfahren kamen also bereits mit Eis und Kälte zurecht. Das stellt die bisherige Annahme auf den Kopf, dass nicht nur die ersten Menschen in der tropischen Zone sich entwickelt haben, sondern auch die ersten Primaten.

Englische und deutsche Forschende stellen diese These aufgrund neuer klimatischer Berechnungen auf. Dieses sogenannte Köppen-Geiger-System platziert die ersten Primaten in eine viel kühlere Zone. Die Forschungsresultate sind im PNAS-Wissenschaftsmagazin der National Academy of Sciences in Amerika.

Statistische Modelle zeigen eine Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent, dass die ersten Primaten im heutigen Nordamerika lebten, während 30 Prozent auf Westeuropa hindeuten. Die Forschenden stützen sich auf Computermodelle, weil Fossilien allein die Frage nach dem frühen Ursprung der Menschheit nicht beantworten, da sie Tiere nur dort erfassen, wo Sedimente Knochen konservieren.

Kühle Zonen haben die Primaten erst fit gemacht

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass frühe Primaten mindestens 18 Millionen Jahre lang in kalten oder gemässigten Zonen lebten. Tropische Wälder kamen erst viel später ins Spiel. Und es waren nicht die wärmeren Temperaturen wie im Paläozän-Eozän, welche ihre Ausbreitung beschleunigten – sondern lokale Temperaturschwankungen, die widerstandsfähige Arten hervorbrachten.

Doch wie überlebten die kleinen Tiere die Kälte? Die Forschenden tippen auf einen Winterschlaf – den übrigens auch die heutigen Zwerglemuren in Madagaskar noch halten: Sie schlafen jedes Jahr bis zu sieben Monate unter der Erde. Ihre Vorfahren könnten dasselbe getan haben.

Auch zeigen die Forschenden, dass viele der vermeintlichen Regenwaldstandorte tatsächlich kühle Mischwälder gewesen waren. Unsere Vorvorfahren hockten also vermutlich nicht in den üppigen Baumkronen im Dschungel, sondern auch auf Nadelbäumen.(kus)