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Eisschollen fallen vom Dach und beschädigen dahinter fahrendes Auto: Autofahrer vor Gericht

Weil er das Dach seines PW-Anhängers nicht auf Eisbildung untersucht hatte, muss ein Schweizer nun bezahlen. Darüber, wie gross die Eisbrocken waren, die während der Fahrt vom Fach flogen, herrschte vor dem Bezirksgericht Baden jedoch Uneinigkeit.

«Ich wehre mich gegen den Begriff Eisschollen», erklärte der gut 40-jährige Bernbieter. «Das ist nicht der richtige Ausdruck. Allenfalls war das eine dünne Eisschicht.» Vorgeworfen wurde ihm Verletzung des Strassenverkehrsgesetzes durch das «In-Verkehr-bringen eines Fahrzeuges mit Eisschollen auf dem Fahrzeugdach oder der Fahrzeugplane», wie es im Strafbefehl heisst.

Gemäss Staatsanwaltschaft war er in einer Novembernacht des vergangenen Jahres mit einem Personenwagen mit Anhänger auf der Autobahn A1 in Richtung Bern unterwegs. Dabei habe er zwischen Spreitenbach und Wettingen Ost vom Dach des Anhängers eine Eisscholle verloren, welche gegen die Frontscheibe eines nachfolgenden Personenwagens geflogen sei und diese beschädigt habe. Der Lenker dieses Wagens hatte versucht, den Beschuldigten zum Anhalten zu bewegen. Als ihm das nicht gelungen sei, habe er die Polizei alarmiert.

In der Folge flatterte dem Fahrer ein Strafbefehl ins Haus, in dem die Staatsanwaltschaft eine bedingte Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 100 Franken sowie eine Busse von 500 Franken forderte, eine Strafbefehlsgebühr von 800 Franken in Rechnung stellte und den Eintrag des Urteils im Strafregister verlangte. Der Beschuldigte erhob Einsprache. Damit hatte sich Badens Bezirksgerichtspräsident Christian Bolleter als Einzelrichter mit der Sache zu befassen.

In der Befragung erklärte der Fahrer des Autos mit der beschädigten Scheibe als Zeuge: «Ich wollte überholen. Dabei fielen Eisschollen vom Anhänger. Im ersten Moment bin ich erschrocken. Ich bin dann hinter dem Anhängerzug nachgefahren und habe gesehen, dass weiter Eis herunterfiel. Ich hupte, weil ich den Fahrer des Zugfahrzeugs darauf aufmerksam machen wollte. Aber das funktionierte nicht.»

Auf das Nachhaken des Richters erklärte der Zeuge: «Das Eis kam wirklich geflogen. Es war auch sehr hart und zerbarst auf der Fahrbahn.» Die Grösse der Eisschollen gab er, nachdem er nach oben korrigiert hatte, mit dem Ausmass eines «flachen Fussballs» und einer Dicke von anderthalb bis zweieinhalb Zentimetern an. Er schloss auch aus, dass etwas anderes als Eis die Scheibe beschädigt habe. «Ich bin ganz sicher, dass der Schaden durch Eis verursacht wurde», erklärte er.

Beschuldigter: «Eisbildung war gar nicht möglich»

Es sei physikalisch gar nicht möglich, dass sich bei Temperaturen von mehr als null Grad, wie sie damals geherrscht hätten, derart viel Eis habe bilden können, betonte der Beschuldigte. Er schloss aber nicht aus, dass sich doch eine dünne Eisschicht gebildet haben könnte. «Die Scheibe kann aber nicht durch Eis beschädigt worden sein», machte er geltend.

Der Vorfall habe sich bei einem Baustellenbereich ereignet. Es könne daher sein, dass ein Stein aufgewirbelt worden sei. Er habe den Lenker des anderen Fahrzeuges bemerkt, als dieser sich bemerkbar machen wollte. «Er setzte sich mit seinem Auto vor mich und bremste», so der Beschuldigte. «Ich habe gedacht: ‹Was wott dä jetzt?› und habe überholt.»

Der Beschuldigte räumte ein, dass er das Dach des Anhängers, der drei Tage im Freien gestanden habe, vor der Abfahrt nicht inspiziert hätte. «Ich bin nicht schuldig, grob fahrlässig gehandelt zu haben», beteuerte er. «Ich bin überzeugt, dass bei der Abfahrt kein Eis auf dem Dach war.»

Das Gericht verurteilte den Beschuldigten wegen Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeuges zu einer Busse von 500 Franken. Zudem muss er die Gerichtskosten tragen. «Grundsätzlich sind die Aussagen sowohl des Beschuldigten als auch des Zeugen glaubhaft», so Gerichtspräsident Bolleter in der Begründung des Urteils. «Für das Gericht ist klar, dass nicht von Eisschollen und einem grob fahrlässigen Verhalten gesprochen werden kann.» Das Gericht gehe aber davon aus, dass sich auf dem Anhängerdach Eis gebildet habe und der Beschuldigte vor der Abfahrt den Zustand des Daches zu wenig sorgfältig abgeklärt habe.