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«Wir brauchen mehr Thierrys»: FDP Aargau würdigt den nationalen Parteichef und fasst Parole zur SRG-Initiative

Die Freisinnigen haben sich am Mittwochabend bei der Debrunner Metallservice AG in Menziken zum Parteitag getroffen. Die Kantonalpartei dankt dem abtretenden FDP-Schweiz-Präsidenten aus dem Aargau für dessen Engagement.

Vor 50 Jahren führte die FDP Aargau zum letzten Mal einen Parteitag in Menziken durch. Am Mittwochabend war es wieder soweit. Präsidentin Sabina Freiermuth konnte im Wynental 46 Stimmberechtige in der grossen Halle der Debrunner Metallservice begrüssen.

Zu drei nationalen Vorlagen fassten die Liberalen ihre Parolen. Für die umstrittene Halbierungsinitiative, der sogenannten SRG-Initiative «200 Franken sind genug», lud die FDP zwei Referenten anderer Parteien ein. Für die Initiative sprach der Aargauer SVP-Nationalrat Christian Glur und dagegen die Luzerner Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder.

Gegner sehen gegen 5000 Arbeitsplätze in Gefahr

Glur räumte gleich zu Beginn ein: «Ich bin mir bewusst, dass unser Schweizer Radio- und Fernsehen vor allem bei der älteren und ländlichen Bevölkerung viel Sympathie geniesst.» Die Initiative wolle gute Formate wie Tagesschau oder Meteo nicht verbieten. Sie fordert aber, die Jahresgebühr von aktuell 335 auf 200 Franken zu senken, Unternehmen von der Abgabe zu befreien und eine Konzentration auf die Kernaufgaben.

Es gehe um einen haushälterischen Umgang mit dem Geld. «Stellen Sie sich vor, jeder müsste eine Autobahnvignette kaufen, egal ob er ein Auto hat oder nicht», so Glur. Für die SRG müssten auch Jüngere zahlen, obwohl sie die Angebote kaum nutzen, Gewerbetreibende würden doppelt belastet und der Spardruck fehle. Der Fokus soll auf Information, Bildung und Kultur liegen, welche die Vielfalt der Schweiz abbildeten. Auf teure Unterhaltungssendungen und Auslandformate, die private Sender günstiger anbieten, könnte verzichtet werden. Die FDP, die auf Eigenverantwortung setze und einen schlanken Staat fordere, sollte die Initiative unterstützen, fand Glur. Es wäre nicht schlecht, wenn die Mutterpartei auf die Jungen hören würde.

Priska Wismer-Felder hob den Service public der SRG hervor mit 17 Regionalstudios in vier Landessprachen sowie 95 Korrespondenten im In- und Ausland. 39 Prozent der Sendezeit sei Information. Die Halbierungsinitiative wolle die SRG auf die linearen Radio- und Fernsehprogramme beschränken, kritisierte sie. «Der ganze Medienplatz Schweiz würde geschwächt.» Die SRG erhalte ab 2027 weniger Geld aus der Abgabe. Der Bundesrat habe rechtskräftig entschieden, die Haushaltsabgabe bis 2029 schrittweise auf 300 Franken pro Jahr zu senken und Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 1,2 Millionen Franken von der Abgabe zu befreien.

Hinzu kämen rückläufige Werbeeinnahmen und die Teuerung. Auch ohne Initiative müsse die SRG in den nächsten Jahren 270 Millionen Franken sparen, was einem Budgetanteil von 17 Prozent entspreche. Bei Annahme der Initiative müsste die SRG das Angebot stark einschränken. Übrige Einnahmen brächen um 50 Prozent ein. SRG müsste rund 2400 Vollzeitstellen abbauen. «Ähnlich viele Arbeitsplätze gingen durch ausbleibende Aufträge in der Privatwirtschaft verloren», so Priska Wismer-Felder.

Wenn die SRG 50 Prozent sparen müsste, wären die 39 Prozent Sendezeit für Informationen noch immer möglich und dann hätte es noch 11 Prozent übrig für andere Aufgaben wie Kultur oder Sport, sagte Grossrätin Jeanine Glarner. Ihr gehe der Vorschlag des Bundesrats zu wenig weit. Glur fügte an, dass private Sender auch regionale Vielfalt abdecken könnten. Wenn SRG Podcasts und Streaming abschaffen müsste, erreiche man keine Leute mehr. «Niemand schaut die Tagesschau um 19.30 Uhr», lautete eine Anmerkung aus dem Publikum. Das wäre auch eine Gefahr für die Demokratie.

Vor der Parolenfassung legte FDP-Schweiz-Präsident Thierry Burkart ein beherztes Statement gegen die Initiative ein. Lange Zeit sei der Veränderungswille bei der SRG nicht spürbar gewesen, so Burkart. Für ein Nein zur Initiative spreche einerseits, dass in den letzten zehn Jahren schon viele Werbeeinnahmen wegfielen und der Spardruck mit 17 Prozent bis 2029 bei der SRG schon vorhanden sei. Andererseits habe sich mit Susanne Wille an der Spitze der SRG viel geändert. «Selbstverständlich verdient sie unsere Unterstützung, sie ist Aargauerin», betont Burkart. Wille habe eine schwierige Situation, es gebe viele Königsreiche und sie müsse auch unangenehme Entscheidungen treffen. Die Anwesenden folgten Burkarts Aufruf mehrheitlich mit 30 Nein zu 13 Ja bei 2 Enthaltungen.

Fast Einstimmigkeit bei der Individualbesteuerung

Claudia Hauser, Vizepräsidentin und Grossrätin, stellte die eidgenössische Volksinitiative «Ja zu einer unabhängigen, freien Schweizer Währung mit Münzen oder Banknoten (Bargeld ist Freiheit)». Der Bundesrat sieht die Forderung der Freiheitlichen Bewegung Schweiz bereits heute im Gesetz verankert. Er ist aber bereit, die Anliegen auch Verfassungsebene zu regeln.

Deshalb schlägt er zwei Ergänzungen in der Verfassung vor: Die Schweizerische Währung ist der Franken und die Schweizerische Nationalbank gewährleistet die Bargeldversorgung. Die FDP-Mitglieder erteilten der Initiative eine Abfuhr mit 43 Nein zu 2 Ja bei 1 Enthaltung. Den direkten Gegenvorschlag hiessen die Anwesenden mit 45 Stimmen gut. Die Vorlage könnte im März oder Juni 2026 zur Abstimmung gelangen.

Ein regelrechtes Heimspiel hatte die Zürcher FDP-Nationalrätin Bettina Balmer als Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz zum Bundesgesetz über die Individualbesteuerung als indirekter Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative der Mitte. Es geht um die Abschaffung der Heiratsstrafe, seit 1984 ein Thema bei der FDP.

Nach dem Modell der FDP-Frauen füllt jede Person eine Steuererklärung aus und zahlt auf ihr Einkommen und ihr Vermögen Steuern – unabhängig vom Zivilstand. Gegner müssten sich fragen, ob sie dem Fachkräftemangel beispielsweise im Gesundheitswesen lieber mit der Anstellung von Ausländern oder einem Anreizsystem für mehrheitlich teilzeitarbeitende Frauen begegnen wollen, so Balmer. Mittelfristig reduziere sich der administrative Aufwand, weil Zivilstandsänderungen keinen Zusatzaufwand erfordern. Mit einer Gegenstimme fassten die Liberalen die Ja-Parole für die Individualbesteuerung.

Autobahn-Diskussion beschäftigt Parteimitglieder

Ein FDP-Mitglied wollte wissen, ob er der Einzige sei, der sich über die Schocknachricht zu 80 km/h auf Aargauer Autobahnen empörte. Thierry Burkart verwies auf das AZ-Interview und seinen Auftritt im TalkTäglich zur aktuellen Verkehrsdiskussion. Der ETH-Bericht gehe in den Bundesrat und komme vor dem parlamentarischen Prozess in die Vernehmlassung. Wichtig sei, sich für die Weiterbearbeitung des genehmigten Plankonzepts einzusetzen. Bundesrat Albert Rösti habe bisher hervorragende Arbeit geleistet.

Sabina Freiermuth nutzte den Parteianlass, um Thierry Burkart für sein Engagement als Präsident der FDP Schweiz zu danken. Er hatte dieses Amt während vier Jahren inne und gibt es am Samstag an der Delegiertenversammlung in Bern an seine Nachfolge weiter. «Ich bin stolz, dass die FDP als einzige Partei den Mut hat, die Diskussion zu den EU-Verträgen offen zu führen, im Wissen darum, dass es verschiedene Meinungen in unserer Partei gibt», sagte Freiermuth.

Sie dankte Burkart, dass er die FDP auf nationaler Ebene konsolidiert und neue Themen wie Migration aufgenommen habe. «Er führte uns vor Augen, wie wichtig KMU und der Mittelstand für unsere Wirtschaft sind», so die Präsidentin der Kantonalpartei. Die Einführung einer neuen Mitglieder-Datenbank mache die FDP schlagfertig für die Wahlen 2027. Thierry Burkart habe das liberale Feuer für eine klar bürgerliche Politik entfacht. Freiermuth freut sich, dass sein Weg in Bundesbern weitergeht. «Wir brauchen mehr Thierrys», sagte sie, bevor sie dem abtretenden FDP-Schweiz-Präsidenten ein Geschenk überreichte.