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Aargau will keine verletzten Kinder aus Gaza aufnehmen: So erklärt Gallati seinen Entscheid

Sicherheitsbedenken wegen möglicher Hamas-Kontakte und die Asylnotlage im Kanton führten zum Nein des Kantons.

Am letzten Donnerstag entschied eine Mehrheit der SP-Mitglieder am Parteitag in Baden, die Diskussion über einen Antrag mit diversen Forderungen zum Nahostkonflikt zwischen Israel und der Hamas zu verschieben. Damit fiel auch eine der verlangten Massnahmen dahin: Bei einem Ja zum Antrag hätte die SP Aargau den Bundesrat auffordern sollen, schwerverletzte Palästinenserinnen und Palästinenser in der Schweiz aufzunehmen, um sie zu behandeln und pflegen.

Damit verbunden gewesen wäre «die Forderung an die Aargauer Regierung, einen fairen Anteil der Schwerverletzten in den Aargauer Spitäler aufzunehmen». Vor rund einem Monat hatte der Bundesrat angekündigt, er wolle 20 verletzte Kinder aus dem Gazastreifen in die Schweiz holen, um sie hier medizinisch versorgen zu lassen. Die Kinder sollten mit maximal vier Familienangehörigen einreisen können und auf Spitäler in mehreren Kantonen verteilt werden.

Ein paar Tage später meldete der «Sonntags-Blick», dass die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) nicht bereit sei, sich an der Aktion zu beteiligen. Dies löste heftige Kritik aus, im Zürcher Kantonsparlament forderten die links-grünen Parteien am Montag den Regierungsrat auf, auf den Entscheid zurückzukommen. Zudem haben inzwischen mehr als 42’000 Menschen eine Online-Petition für die Aufnahme der Kinder unterschrieben.

Sicherheitsbedenken und Asylnotlage im Aargau

Am gleichen Tag schickte auch der Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati dem Bund eine Absage, wie die «NZZ» berichtete. Der Parteikollege von Rickli begründete das Nein mit mehreren Punkten, wie sein Schreiben zeigt, welches der AZ vorliegt.

Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati, hier bei der Eröffnung des Neubaus am Kantonsspital Baden, will keine verletzten Kinder aus Gaza im Aargau aufnehmen.
Bild: Valentin Hehli

So meldet er «sicherheitsrelevante Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Begleitung der verletzten Kinder» an, dies insbesondere im Hinblick auf potenzielle Verbindungen zu verbotenen Organisationen. Gallati verweist dabei auf das Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen. Offenbar hält der Gesundheitsdirektor die vom Bund angekündigte Sicherheitskontrolle vor der Einreise nicht für ausreichend.

Gallati führt überdies die Asylnotlage an, die seit dem 11. Januar im Aargau ununterbrochen gelte. Erst vor wenigen Tagen hatte der Kanton einen neuen Höchststand bei der Zahl der Geflüchteten gemeldet. Sowohl die Unterbringungskapazitäten als auch die Ressourcen für Betreuung und medizinische Versorgung seien überlastet, schreibt Gallati.

Ähnliches gelte für andere Gebiete wie die Schulen oder die polizeiliche Sicherheit. Zudem sei es nicht vertretbar, «dass mehrere hundert Personen im Aargau während vieler Monate in unterirdischen Unterkünften leben müssen, während gleichzeitig zusätzlich freiwillige Aufnahmen von weiteren Personen erfolgen – unabhängig von deren Herkunft».

Gallati schreibt weiter, der Aargau habe seit Beginn der Fluchtweile im März 2022 alle Anfragen des Bundes zur Aufnahme besonders schutzwürdiger und verletzlicher Personen aus Erstaufnahme-Ländern abgelehnt. Begründet wurde dies ebenfalls mit der Asylnotlage und fehlenden Plätzen in der Unterkunft, die für medizinische Fälle geeignet sei. Schliesslich weist er darauf hin, dass andere Staaten die geförderte Aufnahme von Kindern aus Gaza bei der Aufnahme in die Schweiz als aussenpolitisches Signal wahrnehmen würden.