
Maunzende Katzen und Rehe im Scheinwerferlicht: So bringt die Zeitumstellung unsere Tiere durcheinander
Erklären Sie das mal Ihrer Katze: Seit sieben Jahren will die EU die Sommer- und Winterzeit abschaffen. Millionen von Europäern haben sich dafür ausgesprochen, und auch das EU-Parlament hat schon zugestimmt. Doch die Mitgliedstaaten können sich nicht einigen, welche Zeit künftig gelten soll, und so bleibt die Reform vorerst blockiert.
Typisch EU, möchte man gut schweizerisch sagen. Nur hat sich auch der profilierteste Schweizer Kritiker der Europäischen Union an der Zeitumstellung schon die Finger verbrannt. 1982 versuchte Christoph Blocher – ein damals noch ziemlich unbedeutender Zürcher Nationalrat – die Zeitumstellung per Volksinitiative zu kippen. Er scheiterte mit dem Projekt aber schon im Sammelstadium. Und auch alle weiteren Anläufe, um die arbiträre Manipulation der Uhr aufzugeben, sind gescheitert.
So stehen wir am kommenden Wochenende also wieder vor der Frage: «Moment mal, stellen wir die Uhr jetzt vor oder zurück?» (Spoiler: Wir stellen sie zurück!) Und wir wundern uns, wo wohl der letzte Anlauf zur Abschaffung der Zeitumstellung steht, während uns die plötzliche Verschiebung des Tagesrhythmus tagelang die Sinne vernebelt.
Schonung, wenigstens für unsere Liebsten
Während wir Menschen die alleinigen Verursacher sind, sind wir nicht die einzigen Betroffenen, was uns zurück zu besagter Katze führt. Denn auch Tiere werden vom Vor und Zurück der Uhren in Mitleidenschaft gezogen. Vorab Haustiere, deren Tagesrhythmus eng mit unserem verzahnt ist.
Wie Menschen haben Tiere eine innere Uhr. Man spricht vom zirkadianen Rhythmus: Körperfunktionen wie der Schlaf-Wach-Zyklus, die Hormonausschüttung und die Körpertemperatur werden über 24 Stunden hinaus gesteuert. Wer seinen Hund von einem Tag auf den anderen eine Stunde länger auf den Morgenspaziergang warten lässt, mutet ihm einiges zu. Ebenso der Katze, die pünktlich ihr Frühstück im Napf erwartet.
Der plötzliche Eingriff in ihren Rhythmus bringt die Tiere durcheinander. Wer von seinem lieben Vierbeiner geweckt, angemaunzt oder angewinselt wird, sollte die Beschwerde also ernst nehmen. Auch Wellensittiche oder Papageien spüren die Umstellung. Um den Hamster, der sich wenig um den Tageslauf seiner Halter schert, muss man sich keine Sorgen machen.
Tierschutzorganisationen wie Vier Pfoten empfehlen, die Umstellung gestaffelt zu machen, mit einer täglichen Verschiebung der Fütterungs- und Gassizeiten um zehn bis fünfzehn Minuten. Wer besondere Rücksicht nehmen will, achtet auch auf die Beleuchtung und macht in der Angewöhnungszeit am Morgen nicht gleich alle Lichter an.
Eine solche Staffelung gibt es auch in der Landwirtschaft. Dort hat das Thema allerdings an Bedeutung verloren. Dank der verbreiteten Nutzung von Melk- und Fütterungsrobotern ist die gestaffelte Zeitumstellung im Stall für viele Bauern nur noch eine Frage von ein paar Klicks.
Erhöhte Unfallgefahr? Die Amerikaner wissen mehr
Was gerne vergessen geht, sind unsere Schnittstellen mit Wildtieren, vor allem im Strassenverkehr. Behörden und Versicherungen, wie die Schaffhauser Kantonspolizei und die Axa, warnen Ende Oktober jeweils vor Wildtierunfällen. Denn die Zeitverschiebung verlegt die Dämmerung auf einen Schlag mitten in die Rushhour. Das sind weder die Wildtiere, noch die Menschen gewohnt. Der Aufruf lautet deshalb: In Waldnähe vorsichtig zu fahren sowie abzublenden und zu bremsen, wenn ein Reh im Scheinwerferkegel auftaucht.
Nicht ganz klar ist, wie sehr sich das Unfallrisiko erhöht. Weder die Axa noch die Kapo Schaffhausen haben dazu Zahlen. Einen Anhaltspunkt liefert eine Studie der Universität Washington von 2022 mit Unfalldaten aus den USA, wonach in der Woche nach der Zeitumstellung 16 Prozent mehr Wildtier-Unfälle verzeichnet werden. Die Amerikaner sprechen von der Daylight-Saving-Time. Und Sie ahnen es: Auch jenseits des grossen Teichs wird seit Jahren erfolglos über die Abschaffung debattiert.




