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Dieter Egli zur Greater Zurich Area: «Es geht eben nicht um Aargauerfähnli»

Kein Unternehmen würde in den Kanton ziehen, wenn im Ausland Aargauerfähnli verteilt würden, kritisierte SVP-Fraktionschef Pascal Furer den geplanten Beitritt des Aargaus zur Greater Zurich Area. Landammann Dieter Egli erklärt nun die Gründe.

Der Aargauer Wirtschaft geht es eigentlich nicht schlecht. Doch angesichts des starken Wachstums der Bevölkerung müsste es ihr eigentlich viel besser gehen. Jedes Jahr wohnen rund 10’000 Menschen mehr im Aargau. Und es entstehen auch mehr Jobs. Doch im Verhältnis zur zusätzlichen Wohnbevölkerung kommen in keinem anderen Kanton so wenig neue Arbeitsplätze hinzu.

Es gibt Probleme, wenn der Aargau zum Schlafkanton verkommt. Zum Beispiel finanzielle: Viele wachsen hier auf, gehen hier zur Schule, studieren auf Kosten des Aargaus in einem Nachbarkanton und bleiben oft in den ersten Berufsjahren dort wohnhaft. Alleinstehend und mit den ersten vollen Löhnen nach dem Studium zahlen sie dort Steuern.

Nicht wenige kehren zwar in den Aargau zurück. Aber oft, wenn sie eine Familie gegründet haben. Das Steuersubstrat ist dann weniger hoch. Negative Effekte gibt es auch für Verkehr und Umwelt, wenn täglich Tausende Menschen vom Aargau zu ihrer Arbeitsstelle ausserhalb des Kantons hin und wieder zurückfahren.

Aargau hat tiefsten Jobzuwachs im Vergleich

Quelle: BFS, eigene BerechnungenTabelle: kür

Nur drei Kantone hatten bei der letzten Erhebung 2022 ein tieferes Bruttoinlandprodukt pro Kopf als der Aargau. Dabei wäre er wirtschaftlich attraktiv: Er ist geografisch bestens gelegen zwischen den grossen Zentren und Deutschland, verkehrstechnisch sehr gut angeschlossen und beherbergt viele gut ausgebildete Arbeitskräfte.

Die Aargauer Regierung will sich verstärkt dafür einsetzen, dass im Kanton mehr Arbeitsplätze entstehen. «Wir sind als Regierung zum Schluss gekommen, dass wir mehr machen müssen», sagt der Aargauer Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli. «Wir werden zunehmend nur zum Wohnkanton. Dabei wäre es nachhaltiger, diese Menschen, die heute pendeln, hier zu beschäftigen und die Wertschöpfung im Kanton zu steigern.»

Der Regierungsrat steht geschlossen hinter dem Vorhaben, mehr internationale Firmen in den Aargau zu holen.
Bild: Raphaël Dupain

International gehört die Schweiz mit ihrer robusten Wirtschaft zu den attraktivsten Standorten. In den letzten Jahren scheint der Aargau aber den Anschluss zu verlieren. Die Anzahl Neuansiedlungen internationaler Firmen ging von 34 im Jahr 2008 auf 5 im Jahr 2022 zurück.

Die Zahl internationaler Neuansiedlungen geht zurück

Quelle: Kanton AargauGrafik: mwa

Für die Regierung führt kein Weg vorbei an der Greater Zurich Area

Der Lösungsansatz, den die Aargauer Regierung vorsieht, ist der Beitritt zur Organisation Greater Zurich Area (GZA). Anfang Jahr verkündet, erntete das Vorhaben Kritik von Teilen des bürgerlichen Lagers. «Zu teuer», lautete meistens das Echo. Im September reichte der Regierungsrat, nach Anhörung der Parteien, eine etwas abgespeckte Vorlage beim Kantonsparlament ein: Statt 11,5 Millionen Franken für acht Jahre Mitgliedschaft werden nun 8,5 Millionen für sechs Jahre beantragt. Danach werden die Ergebnisse und die weitere Mitgliedschaft geprüft.

Internationale Unternehmen bewegen sich auf einer Flughöhe, auf der die kantonale Standortförderung alleine nicht mitspielen könne. Im Ausland alleine als «Aargau» aufzutreten, mache wenig Sinn und sei kaum erfolgversprechend, erklärt Dieter Egli. «Da hat SVP-Fraktionschef Pascal Furer recht, wenn er sagt, es bringe nichts, wenn wir ‹im Ausland Aargauerfähnli verteilen›. Wir müssen nicht als Aargau auftreten, sondern eben als Grossraum Zürich, zu dem wir sowieso gehören.»

An der Jahresversammlung der Aargauischen Industrie- und Handelskammer AIHK im Mai bat Dieter Egli ausdrücklich um die Unterstützung der bürgerlichen Parteien und Verbände.
Bild: Severin Bigler

Die GZA habe bereits jahrelang eine Struktur und ein Beziehungsnetz aufgebaut, sei international bei den entscheidenden Akteuren dran. Würde der Aargau selbst etwas aufzubauen versuchen, käme das teurer und wäre weniger effektiv, ist Dieter Egli überzeugt. Aus diesem Grund seien auch Kantone wie Uri, Graubünden und das Tessin bei der GZA. Im Kanton Solothurn hat sich dank der Überzeugungsarbeit der GZA zum Beispiel der US-Pharmakonzern Biogen angesiedelt.

Quelle: Greater Zurich Area LtdGrafik: let

«Uns fehlen mehr mittelgrosse Firmen in den Bereichen High- oder Greentech», sagt Dieter Egli. «Und die Greater Zurich Area will auch uns.» In der Energiebranche, zum Beispiel, könne der Aargau viel bieten. «Wir haben dank unserer geografischen Lage gute Chancen, Firmen, die nicht an der Stadt Zürich interessiert sind, zu uns zu holen.»

Es geht eben nicht um Aargauerfähnli, sagt der Aargauer Landammann Dieter Egli.
Bild: Raphaël Dupain

Der Regierungsrat geht «bei einer konservativen Berechnung» davon aus, dass die Ausgaben für die GZA dank der Neuansiedlungen in bis zu fünf Jahren amortisiert sein werden.

Dieter Egli (Dritter von links) besucht alle zwei Monate eine Firma im Aargau, wie hier 2023 Accelleron in Baden.
Bild: Sandra Ardizzone