
«Seine Hand wird nicht zittern, dieses Arsenal notfalls einzusetzen»: Warum Putin gerade jetzt mit dem Atomsäbel rasselt
So richtig überzeugen konnte Wladimir Putin mit seiner angeblichen Wunderwaffe kaum jemanden. 15 Stunden soll die Atomrakete «Burewestnik» beim nun erfolgten Test in der Luft verbracht und 14’000 Kilometer zurückgelegt haben.
«Weitaus innovativer als die jeder anderen Atommacht» sei seine neue Rakete, sagt der Kreml-Chef. Natürlich kommen dem russischen Präsidenten die Vergleiche des «Burewestnik» mit einem «fliegenden Tschernobyl», die in der Presse angestellt werden, nur zugute.
Aber wie gefährlich ist das Geschoss wirklich? Der Leiter des Projekts «Russlands Atomwaffen» beim Institut der Vereinten Nationen für Abrüstungsforschung (UNIDIR), Pavel Podvig, erklärte gegenüber CH Media: Ausser Russland verfüge kein anderes Land über Raketen, deren Antrieb auf einer nuklearen Anlage basiere. «Das macht einfach keinen Sinn.»
Die «Burewestnik» fliege etwa mit der gleichen Geschwindigkeit wie ein normales Passagierflugzeug. «Während eine solche Rakete in Richtung USA fliegt, hätte man dort Zeit, sich vorzubereiten und Massnahmen zu ergreifen, auch wenn dies nicht einfach wäre», so Podvig. Einen praktischen Vorteil verschaffe die Rakete den Russen nicht.
Der Ton wird rauer
Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass der Test im Grunde das erste ernsthafte Säbelrasseln Putins mit Atomwaffen seit dem Amtsantritt von Donald Trump als Präsident der USA ist. Das letzte Mal warb Russland mit einem ähnlich grossen Aufwand im Herbst 2024 für die «Oreschnik»-Raketen, als Joe Biden offiziell noch im Weissen Haus war.
Vorausgegangen war das Scheitern eines Treffens zwischen Putin und Trump in Budapest sowie die Einführung neuer Sanktionen gegen Russland. Putins Sondergesandter Kirill Dmitrijew überreichte während seines jüngsten Besuchs in Washington Vertretern der USA Pralinen mit Zitaten des russischen Präsidenten, darunter etwa: «Mit Russland aus einer Position der Stärke heraus zu sprechen, ist sinnlos.»
Trump wiederum betonte auf einer Pressekonferenz, dass «das beste Atom-U-Boot der Welt, das Amerika besitzt, sich vor der russischen Küste befindet». Der Ton zwischen Russland und den USA wird rauer.
Der in Brüssel lebende russische Politologe und Publizist Fjodor Krascheninnikow sagt im Gespräch mit CH Media, dass das anhaltende Wettrüsten zwischen Russland und den USA ernst genommen werden müsse: «Man kann die neuen russischen Raketen spöttisch belächeln – entscheidend ist, dass sowohl Trump als auch Putin auf Eskalation setzen.»
Trump will keinen Krieg
Russland zeige, dass es kontinuierlich an der Entwicklung von Atomwaffen arbeite. «Wenn sich die Lage an den Fronten für Putin verschlechtere, wird seine Hand nicht zittern, dieses Arsenal als letztes Argument einzusetzen», sagt Krascheninnikow. Seiner Meinung nach ist die Situation nur deshalb noch nicht an einem kritischen Punkt, «weil Trump ganz offensichtlich keinen Krieg mit Putin wegen der Ukraine führen will».
Laut Krascheninnikow spiele die «Burewestnik» jetzt «die Rolle einer geopolitischen Waffe, als Antwort auf die Diskussionen über die Weitergabe von Langstreckenraketen vom Typ Tomahawk an die Ukraine».
Vor rund einer Woche begann Russland ein Manöver seiner Nuklearstreitkräfte zu Wasser, Luft und Land, parallel zu einer Übung der Nato. Putin persönlich gab den Startbefehl per Videoschalte.
Im Norden Russlands wurden Interkontinentalraketen abgefeuert, auch das Atom-U-Boot «Brjansk» schoss in der Barentssee eine Rakete ab.
Die «Burewestnik» wurde angeblich von einem strategischen Bomber vom Typ Tu-95 aus gestartet. Laut dem staatlichen russischen Fernsehsender «Rossija 1» hob dieser im fernen Osten des Landes ab. Dem widerspricht der norwegische Geheimdienst: Nach deren Angaben wurden die Tests der russischen nuklearen Langstrecken-Rakete vom Archipel Nowaja Semlja in der Barentssee durchgeführt.




