
Trump, Putin, Xi: Wollt ihr ewig leben?
«Hunde, wollt ihr ewig leben?», lautet der Titel eines Kriegsfilms, der das elende Schicksal der deutschen Soldaten in der Schlacht um Stalingrad schildert. Es handelt sich dabei um die Anspielung auf ein Zitat, das Friedrich der Grosse während der Schlacht bei Kolin am 18. Juni 1757 zwischen den Preussen und den Österreichern fliehenden Soldaten zugerufen haben soll.
Ewig leben wollen heute nicht mehr fliehende Soldaten, sondern Milliardäre und Staatsoberhäupter. Von Tech-Oligarchen wie Peter Thiel und Ray Kurzweil ist bekannt, dass sie Unsummen in «longevity» investieren und Institutionen wie die «Singularity University» unterstützen, die das Ziel hat, dem Menschen mithilfe der künstlichen Intelligenz zu einem langen, im Idealfall ewigen Leben zu verhelfen.

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Nicht nur sehr viel Geld nährt diesen Wunsch. Macht sei das potenteste Aphrodisiakum, wusste schon Henry Kissinger zu berichten, und gerade bei den mächtigsten Männern ist der Wunsch nach immer währender männlicher Potenz und einem langen Leben besonders ausgeprägt.
So wurde kürzlich von einem «heissen Mikrophon» ein Dialog zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping eingefangen, in dem der russische Präsident seinem chinesischen Amtskollegen versicherte, «menschliche Organe können konstant transplantiert werden, und zwar in einem Ausmass, dass Menschen jünger, ja gar unsterblich werden.»
Putin und Xi haben etwas, das Trump noch fehlt: Sie haben die Verfassung ihres Landes so umschreiben lassen, dass sie lebenslang im Amt bleiben können. Dem US-Präsidenten scheint dieser Pfad versperrt zu sein, denn der 22. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung hält unmissverständlich fest, dass kein Präsident mehr als zwei Amtszeiten im Weissen Haus verbringen dürfe – auch dann nicht, wenn er sich pro forma zunächst als Vize wählen liesse mit der Absprache, dass der gewählte Inhaber seinen Sessel umgehend räumen und ihm wieder Platz machen würde.
Nun ist Trump kein Mann, der sich von Verfassung und Recht daran hindern lässt, seine Ziele zu verfolgen. «Der Präsident sieht im Recht keinen Aufbewahrungsort für Werte, welche Amtsinhaber umsetzen sollten, er betrachtet es als eine Ansammlung von Hindernissen, dies es zu überlisten gilt, um seine Interessen zu verfolgen», stellt Richard Primus im «Atlantic» fest.

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Bisher ist Trump mit diesem Vorgehen mehrheitlich gut gefahren. Hin und wieder legt ihm zwar ein Richter ein Hindernis in den Weg, doch in der Regel wird dies schon vom Berufungsgericht – und wenn nicht, spätestens vom Obersten Gericht – wieder aus dem Weg geräumt. Deshalb gilt es aufzuhorchen, wenn derzeit wieder über eine dritte Amtszeit von Trump spekuliert wird.
Die jüngsten Spekulationen wurden von Steve Bannon angestossen. In einem wirren Interview mit dem «Economist» erklärte er: «Trump wird auch 2028 Präsident sein, und die Menschen sollen sich ganz einfach daran gewöhnen.» Der ehemalige Chefstratege des Präsidenten erwähnte auch einen Plan, wie man den 22. Zusatzartikel der Verfassung aushebeln könne. Man werde «zu gegebener Zeit» über diesen Plan informieren, fügte er hinzu.
Über Bannons aktuelle Position in der Trump’schen Einfluss-Hierarchie gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Sie reichen von Hochstapler bis wichtigste Stimme der MAGA-Bewegung. Tatsache ist, dass Trump den Ball, der ihm von seinem ehemaligen Chefstrategen zugespielt worden ist, dankbar aufgenommen hat. Auf seinem Flug nach Asien erklärte er auf Air Force One, dem präsidialen Jet, gegenüber Journalisten, er «würde es lieben, dies zu tun», denn er sei ja so beliebt.
Vor Wochen schon hatte er bei einem Treffen mit Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, den beiden Anführern der Demokraten im Kongress, demonstrativ eine Mütze mit der Aufschrift «Trump 2028» auf seinem Pult platzieren lassen.

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Trump spielt regelmässig mit der Idee einer dritten Amtszeit. Ob er damit die Demokraten ärgern oder bloss ablenken will, beispielsweise von den Epstein Files, oder ob er es ernst meint, ist eine heiss diskutierte Frage. Vieles spricht für letztere These. Als Xi zum Präsidenten auf Lebenszeiten erkoren wurde, kommentierte dies Trump mit den Worten: «Ich denke, das ist grossartig. Vielleicht sollte ich eines Tages ebenfalls etwas in diese Richtung unternehmen.»
Der geplante 300-Millionen-Dollar-Ballroom, den Trump neben dem Weissen Haus errichten lässt, ist ebenfalls ein starkes Indiz für eine dritte Amtszeit. Jemand, der sein Haus so aufwändig umbauen lässt, hat nicht die Absicht, bald wieder auszuziehen.
Auch «longevity» ist für Trump ein Thema. Obwohl er mittlerweile 79 Jahre alt ist und immer wieder mal Anzeichen von gesundheitlichen Problemen aufweist, will er davon nichts wissen. Soeben hat er wieder einen Gesundheitstest absolviert, und erneut prahlte er nicht nur mit seiner Gesundheit – sie sei über jeden Zweifel erhaben, «fragt die Ärzte», so Trump –, sondern einmal mehr damit, dass er einen Intelligenztest bravourös bestanden habe.
Übrigens: Diesmal waren die Objekte, die der Präsident erkennen musste, nicht «Person. Frau, Mann, Kamera. Fernsehen», sondern: «Tiger. Elefant. Giraffe.»

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Die regelbasierte Weltordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist, mag in der Praxis nicht immer lupenrein funktioniert haben. Was sich jedoch abzeichnet, ist weit schlimmer: Eine Welt, die von drei machtbesessenen Diktatoren beherrscht wird, die immer mehr davon überzeugt sind, selbst dem Tod ein Schnippchen schlagen zu können.
In einem Gastkommentar in der «New York Times» warnen die drei Politologen Erica Frantz, Andrea Kendall-Taylor und Joseph Wright vor einer solchen Welt: «In einer solchen Umgebung verschwinden die Leitplanken für ein internationales Verhalten und erhöhen so die Wahrscheinlichkeit für einen Konflikt. Ein wachsender Bestand an Studien zeigt, dass autoritäre Anführer – umgeben von Ja-Sagern, die deren Ego bestärken – dazu neigen, mehr Risiken einzugehen, Kriege anzuzetteln und Konflikte eskalieren lassen.»




