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«Schaut euch das an. Das ist Oligarchie» – auch in der «Arena» geht’s um den Zoll-Deal

Fast hätte Donald Trump die «Arena» zur Finanzierung der 13. AHV-Rente gekapert. Vier Politikerinnen holten die Diskussion wieder zurück – und schlossen eine Wette ab.

Eigentlich sollte es in der «Arena» an diesem Freitagabend um das politische Hickhack rund um die Finanzierung der 13. AHV-Rente gehen. Donald Trump machte diesem Vorhaben aber erst einmal einen Strich durch die Rechnung. Der Zoll-Deal war auch hier Thema Nummer eins.

Im Studio 8 in Leutschenbach diskutierten vier Politikerinnen darüber, was der neueste Zoll-Deal zu bedeuten hat, und wer die 13. AHV-Rente bezahlen sollte. Zu Gast bei Moderator Mario Grossniklaus waren:

  • Flavia Wasserfallen, Ständerätin SP/BE
  • Regine Sauter, Nationalrätin FDP/ZH
  • Kathrin Bertschy, Nationalrätin GLP/BE
  • Karin Stadelmann, Mitglied Parteipräsidium Die Mitte

Der Zoll-Deal: Kein Grund zum Feiern

Es war ein Bild mit Symbolkraft: Führende Wirtschaftsvertreter aus der Schweiz sassen aufgereiht vor US-Präsident Donald Trump im Oval Office. Gut eine Woche später haben sich die Schweiz und die USA auf einen neuen Zoll-Deal geeinigt. Die USA senken die Zölle für Schweizer Güter von 39 auf 15 Prozent.

Vorerst handelt es sich nur um eine gemeinsame Absichtserklärung, ein rechtsgültiger Vertrag muss noch ausgearbeitet werden.

Schweizer Wirtschaftsvertreter zu Gast bei Donald Trump im Oval Office.
zvg

Die Politikerinnen in der «Arena» waren sich einig: Die Zollsenkung sei zwar eine Erleichterung – es sei aber noch zu früh, die Korken knallen zu lassen. Die Einigung sei ein erster Schritt, sagte FDP-Nationalrätin Regine Sauter. «Aber man muss sehen», wendete sie ein, «Zölle sind immer schlecht.»

Hinzu komme, dass der Deal noch nicht in «trockenen Tüchern» sei, meinte auch Karin Stadelmann, die Mitglied des Parteipräsidiums der Mitte ist.

SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen gab zu bedenken, dass die Art und Weise, wie der Deal zustande gekommen sei, einen schalen Nachgeschmack hinterlasse. Symbolisch dafür stehe das Bild der Schweizer Wirtschaftsvertreter im Oval Office:

«Schaut euch dieses Bild an. Das ist Oligarchie»

Dass Trump Schweizer Wirtschaftsvertreter, nicht aber den Bundesrat im Oval Office empfangen habe, werfe für sie Fragen über die Handlungsfähigkeit der Schweizer Aussenpolitik in den USA auf.

Flavia Wasserfallen: «Trump verachtet die Politik»

Im Gegenzug für die Zollsenkung hat die Schweiz den USA Investitionen in der Höhe von 200 Milliarden Franken versprochen, erläuterte Grossniklaus. «Das ist sportlich», fand Kathrin Bertschy, Nationalrätin der GLP und Mitglied der Wirtschaftskommission. Und fügte an, dass der Erfolg für die Wirtschaft nicht über den politischen Schaden hinwegtäuschen könne:

«Was bleibt, sind die Unsicherheit und der Vertrauensverlust. Beides ist schädlich für die Demokratie.»

Es wurde klar: So ganz trauen die Politikerinnen der Annäherung zwischen den USA und der Schweiz nicht. Sauter äusserte sich zwar vorsichtig optimistisch, dass der Deal diesmal «hält», plädierte aber auch dafür, Handelsbeziehungen zu anderen Ländern auszubauen.

Wasserfallen sah derweil nur eine Lösung: «Ich sage es ganz ehrlich: Ich hoffe auf einen Wechsel bei der nächsten US-Wahl.»

Die 13. AHV-Rente: Umstrittene Finanzierung

Aber eigentlich war die Polit-Runde ja zusammengekommen, um sich einem anderen Thema zu widmen: dem AHV-«Chnorz».

Nachdem das Stimmvolk die Initiative für eine 13. AHV-Rente angenommen hat, steht nun fest, dass Rentnerinnen und Rentner diese im Dezember 2026 erstmals erhalten werden. Wie sie finanziert wird, ist allerdings noch unklar. Ständerat und Nationalrat sind sich bislang nicht einig geworden.

Diese drei Finanzierungsmodelle stehen zur Diskussion:

  • Höhere Lohnbeiträge an die AHV
  • Erhöhung der Mehrwertsteuer
  • Mischlösung: Höhere Lohnbeiträge und Erhöhung der Mehrwertsteuer

Schafft es das Parlament, die Finanzierung der 13. AHV-Rente bis Ende 2026 zu klären? «Das müssen sie die linke Seite fragen», antwortete FDP-Nationalrätin Regine Sauter auf die Frage von Mario Grossniklaus.

Denn diese habe die Initiative zwar lanciert, aber keine Ideen vorgebracht, wie die zusätzlichen vier Milliarden Mehrausgaben pro Jahr berappt werden könnten, so Sauter. Die Mehrkosten ausschliesslich über Lohnbeiträge zu decken und sie damit auf die nächsten Generationen abzuwälzen, lehnte Sauter entschieden ab.

Den Vorwurf von Sauter, die Linken zeigten sich nicht lösungsbereit, wies SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen zurück: Die SP würde mittlerweile die Mischlösung unterstützen – die höhere Lohnbeiträge und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vorsieht: «Wir müssen alle einen Schritt aufeinander zugehen», so Wasserfallen.

Während sich FDP-Nationalrätin Regine Sauter einer Mischlösung für die Finanzierung der 13. AHV-Rente nicht verwehrte, sprach sich GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy dezidiert gegen eine solche Mischlösung aus. Sie plädierte für eine befristete Finanzierung über die Mehrwertsteuer bis 2030.

Der Weg über die Lohnabzüge sei der falsche Verteilmechanismus, weil dann die Jungen für die Kosten aufkommen müssten, die das Geld selbst bräuchten, argumentierte Bertschy. Über die Mehrwertsteuer würden hingegen alle, auch die Rentnerinnen und Rentner, etwas zur Finanzierung beitragen.

Die Reform: Braucht es eine strukturelle Reform?

Es stehen grosse demografische Veränderungen an: Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen in Pension, der Anteil der Erwerbstätigen sinkt, gleichzeitig ist die Geburtenrate auf einem historischen Tiefstand. GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy mahnte:

«Die AHV basiert auf einer demografischen Struktur, die überholt ist.»

Bertschy forderte deshalb «strukturelle Massnahmen». Was sie genau mit «strukturellen Massnahmen» meine, wollte Wasserfallen von Bertschy wissen: «Gib dem mal einen Namen.» Bertschy antwortete, dass sie damit Massnahmen meine, die nicht «rein finanzierungsseitig» ausgerichtet seien. «Das heisst Leistungsabbau», erwiderte Wasserfallen trocken.

Bertschy stellte aber noch ein anderes Szenario in den Raum: die Erhöhung des Rentenalters. Dass sich das Stimmvolk erst 2024 dagegen ausgesprochen hatte, sei nicht das alles entscheidende Kriterium, so Bertschy.

Kathrin Bertschy: «Wir haben nicht viele Möglichkeiten»

Wasserfallen hielt dagegen: Die Rolle der Demografie werde überhöht, fuhr sie fort. Auch andere Faktoren wie das Wirtschaftswachstum wirkten sich auf die AHV aus.

Sie sei konsterniert, dass die AHV immer wieder «schlechtgeredet» werde, obwohl sie finanziell gut aufgestellt sei, sagte die SP-Ständerätin. So sei für die AHV bis ins Jahr 2040 kein Defizit prognostiziert, die 13. AHV-Rente nicht eingerechnet. Im vergangenen Jahr habe die AHV ausserdem 5,5 Milliarden Franken Gewinn gemacht.

«Das ist meine sechste AHV-Sendung», sagte Wasserfallen mit Nachdruck. Und immer seien die Prognosen schlechter ausgefallen als die Realität.

Sauter und Bertschy wandten hingegen ein, dass sich die Prognosen verändern könnte und die AHV von der Wirtschaftslage und der Migration abhängig sei.

Regine Sauter: «Zu sagen, wir haben kein Problem mit der AHV, stimmt nicht»

Wie um zu beweisen, dass sie es ernst meinte, schlug Wasserfallen der versammelten Runde eine Wette vor: Sie wette, dass der Gewinn der AHV auch in diesem Jahr über dem prognostizierten Wert liege und bis Ende Jahr fünf Milliarden Franken betragen werde. Ihr Wetteinsatz: eine Tafel Schoggi für alle.

Damit rang sie selbst ihren bürgerlichen Gegenspielerinnen ein Lächeln ab. Nicht überzeugt wirkte Moderator Mario Grossniklaus, der einwarf: «So ein hoher Wetteinsatz ist das jetzt nicht.» Kathrin Bertschy witzelte: «Ich nehme diese Schoggi gern.»

Nachdem die Runde auch noch über die Initiative «Ja zu fairen AHV-Renten» der Mitte und die Hinterlassenenrente gesprochen hatte, beendete Grossniklaus diese engagierte und respektvolle «Arena» schliesslich – erneut mit einem Bild. «Öpis Gfröits», meinte er. Es waren die Polarlichter, die diese Woche am Himmel über der Schweiz zu bestaunen gewesen waren.