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Bauen ausserhalb der Bauzone: Jetzt wird die Politik aktiv 

Die Zersiedelung beschäftigt die Politik seit vielen Jahren. Trotzdem gibt es noch keine einheitlichen Regeln beim Bauen ausserhalb der Bauzone. Der Ständerat nimmt einen neuen Anlauf, lässt den Kantonen aber viel Spielraum.

Ausserhalb des Siedlungsgebietes gilt grundsätzlich ein Bauverbot. Trotzdem gibt es dort heute schweizweit fast 600’000 Gebäude. Die Regeln zum Bauen ausserhalb von Bauzonen sollen deshalb konziser ausgestaltet werden. Am Donnerstag hat der Ständerat mit den Beratungen über die zweite Etappe des Raumplanungsgesetzes begonnen.

Die Vorlage hat eine lange Vorgeschichte. Bereits 2018 hatte der Bundesrat seine Pläne präsentiert. So sollten Kantone Baubewilligungen nicht mehr «für alle Ewigkeit» geben, sondern für einen konkreten Zweck. Fällt dieser weg, müssten die Bauten wieder abgebrochen werden, Im Nationalrat biss er damit ein Jahr später aber auf Granit. Die Vorschläge seien nicht praxistauglich, befand die Mehrheit. Trotzdem nahm die zuständige Kommission des Ständerates das Gesetzesprojekt erneut an die Hand.

Keine Verlagerung der Zersiedelung

Der Handlungsbedarf war auch in der kleinen Kammer nicht grundsätzlich bestritten. «Die Zersiedelung darf nicht in die Nichtbauzone verlagert werden», betonte Heidi Z’graggen (Mitte/UR). Martin Schmid (FDP/GR) führte die Praxis ins Feld. Beim Bauen ausserhalb der Bauzonen sei vieles nicht so gelöst, wie es sein sollte. Für Hannes Germann (SVP/SH) geht es auch um die Glaubwürdigkeit der Politik. «Wir müssen Farbe bekennen.»

Damit der Reform nicht das gleiche Schicksal wie im Nationalrat widerfährt, speckt der Ständerat das Gesetz ab und verzichtet auf die umstrittensten Punkte. Etwa die Pflicht, nicht mehr genutzte Bauten ausserhalb der Bauzone zu beseitigen. Kommissionssprecher Jakob Stark (SVP/TG) zeigte sich überzeugt, dass dadurch den Besonderheiten der verschiedenen Kantone Rechnung getragen und ihnen die erforderliche Flexibilität gewährt werde.

Abbruchprämie als Anreiz

Kernelement der Reform ist ein sogenanntes Stabilisierungsziel. Die Zahl der Gebäude im Nichtbaugebiet wie auch die Bodenversiegelung durch Gebäude und Strassen sollen stabilisiert werden. Die konkrete Umsetzung obliegt den Kantonen. Wie sie das Stabilisierungsziel erreichen wollen, sollen sie in einem Gesamtkonzept festlegen.

Um Bauten ausserhalb der Bauzone zu beseitigen, soll eine Abbruchprämie einen Anreiz bieten. Auch können Kantone innerhalb des Berggebietes Spezialzonen bezeichnen, in denen nicht standortgebundene Nutzungen ausserhalb der Bauzone zugelassen werden können. Der Ständerat beschloss, in diesem Rahmen auch nicht mehr benötigte landwirtschaftliche Bauten zur Wohnnutzung vorzusehen.

Mehrheit beharrt auf Sanktionen

Für die Spezialzonen gelten Auflagen. Im betroffenen Gebiet muss die «Gesamtsituation» verbessert werden. Konkret sind die Kantone zu Kompensation- und Aufwertungsmassnahmen verpflichtet. Über die Erreichung der Stabilisierungsziele erstatten sie regelmässig Bericht. Die kantonalen Richtpläne müssen nach fünf Jahren dem Bundesrat zur Genehmigung vorgelegt werden. Andernfalls dürfen Kantone nur neue Gebäude ausserhalb der Bauzone erstellen, sofern diese andernorts kompensiert werden.

Eine Minderheit wollte auf Sanktionen für fehlbare Kantone verzichten. Daniel Fässler (Mitte/AI) verwies auf die Verfassung: Der Bund habe bei der Raumplanung nur die Kompetenz, Grundsätze festzulegen. Fässler ortete ein «Grundmisstrauen gegenüber den Kantonen». Sein Antrag scheiterte jedoch mit 28 zu 15 Stimmen.

Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative

Ursprünglich war das Stabilisierungsziel auch als Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative gedacht gewesen. An ihrer letzten Sitzung hat die vorberatende Kommission allerdings darauf verzichtet. Das Volksbegehren hat neue Bewegung in die Debatte gebracht. Die Initiative fordert, dass landwirtschaftliche Gebäude ausserhalb der Bauzonen nicht mehr umgenutzt, ausgebaut oder ersetzt werden dürfen.

Für Bundesrätin Simonetta Sommaruga ist der Entwurf ebenfalls ein tauglicher Gegenentwurf. Der Bundesrat hatte bereits früher geplant, der Initiative etwas entgegenzustellen. Diese ziele «grundsätzlich in die richtige Richtung», betonte die Umweltministerin. Die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet müsse gestärkt werden. Weil die vorberatende Kommission dem Bundesrat bereits zuvor kam, verzichtete er darauf, einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten.

Der Ständerat wird seine Beratungen nächste Woche fortsetzen. Dann entscheidet er auch über die Landschaftsinitiative selbst. Diese dürfte einen schweren Stand haben. Die vorberatende Kommission spricht sich mit 7 zu 3 Stimmen dagegen aus. Auch der Bundesrat lehnt das Begehren ab.