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Kommission sagt «Ja, aber» zur Gesundheitsstrategie der Aargauer Regierung

Die Kommission für Gesundheit und Sozialwesen steht mehrheitlich hinter der Gesundheitsstrategie der Aargauer Regierung. Allerdings verlangt sie insbesondere bei der ambulanten Notfallversorgung und bei den Versorgungsregionen eine andere Ausrichtung.

Grundsätzlich ja, aber mit vielen kleinen «aber»: So könnte man Botschaft der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW) zur Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2030 (GGpl) interpretieren. An diesem lange erwarteten Strategiepapier soll sich die Gesundheitspolitik des Kantons Aargau orientieren.

Die Kommission habe die GGpl an insgesamt sieben mehrstündigen Sitzungen beraten und dabei jede Strategie im Detail unter die Lupe genommen, heisst es in einer Medienmitteilung vom Dienstag. Mehrheitlich seien die Kommissionsmitglieder mit den 24 Strategien einverstanden, doch: «Eine gewichtige Ausnahme bilden die Versorgungsregionen.» Bereits in der Anhörung sei deutlich geworden, dass diese in der vorgeschlagenen Form bei den Gemeinden auf Widerstand stossen würden.

Eine Mehrheit verlange, dass die Langzeitpflege eine gemeinsame Aufgabe von Kanton und Gemeinden bleibe. Gerade die Verhandlung von Leistungs- und Tarifvereinbarungen mit den Pflegeheimen und anderen Anbietern von Beratungs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen könne nicht Aufgabe der Gemeinden sein. «Damit wären vor allem kleinere Gemeinden überfordert», schreibt die Kommission.

Ambulante Notfallversorgung: von den Ereignissen überholt

Differenzen gibt es auch, was die Strategie bei der ambulanten Notfallversorgung betrifft. Laut Vorschlag des Regierungsrats sollten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte weiterhin gesetzlich verpflichtet sein, die ambulante Notfallversorgung im Kanton sicherzustellen.

Dieser Vorschlag sei mittlerweile von den Ereignissen überholt worden. Nach dem Konkurs der Mobilen Ärzte im November 2023 hätten alle Beteiligten schnell umdenken müssen, schreibt die Kommission. «Dass die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte diese Aufgaben wieder selbst übernehmen sollen, hält eine Mehrheit der GSW-Mitglieder für unzumutbar.» Der Kanton Aargau sei vor allem für Hausärztinnen und Hausärzte schon heute wenig attraktiv, «weil beispielsweise die Selbstdispensation, die direkte Abgabe von Medikamenten durch den Arzt oder die Ärztin, im Kanton Aargau verboten ist».

Stattdessen schlägt die Kommission dem Grossen Rat vor, dass der Kanton künftig den ambulanten Notfalldienst unter Einbezug der Leistungserbringer und von telemedizinischen Dienstleistungen sicherstellen soll: «Dabei soll der Kanton den ungedeckten Betriebsaufwand der Leistungserbringer im ambulanten Notfalldienst decken.»

Die bis zum letzten Herbst ebenfalls von den Mobilen Ärzten wahrgenommenen gesundheitsbehördlichen Aufgaben werden aktuell von der Oseara AG abgedeckt. Sie sollen nach Wunsch der Kommission auch in Zukunft an Drittanbieter delegiert werden können.

Potenzial bei der Prophylaxe

Weiter sollen laut Kommission die Reduktion von Fehlanreizen im Gesundheitssystem, die Digitalisierung, Früherkennungsmassnahmen sowie höhere Kantonsbeiträge an die Gesundheitsförderung zur Kostendämpfung beitragen.

Ausserdem liesse sich im Bereich Schulgesundheit betreffend Prophylaxe und Gesundheitsförderung viel erreichen. Da heute diverse Schulen keinen Schularzt beziehungsweise keine Schulärztin mehr hätten, lasse sich dieses Potenzial im Moment jedoch nicht verwirklichen. Nebst Schulärztinnen und Kinderärzten sollen «weitere Gesundheitsfachpersonen für eine flächendeckende Erfassung und Versorgung der Schülerinnen und Schüler im Kanton Aargau sorgen».

Viel Istzustand, wenig Visionen

Laut Kommissionspräsident Severin Lüscher (Grüne) waren die langen Sitzungen «gesittet und auf hohem fachlichen Niveau». Man habe über die Parteigrenzen hinaus sehr gut zusammengearbeitet und konstruktive Lösungen gesucht.

Einen Wermutstropfen gebe es allerdings: «Wir beschrieben viel, wie es ist und sind wenig visionär», sagt Lüscher. Man habe bewusst Raum für Entwicklungen gelassen, statt glasklare Regeln zu formulieren. Als Beispiel nennt er die ambulante Notfallversorgung, die im Umbruch ist: «Wir wollen nicht Visionen zu Papier bringen, die dann nicht umsetzbar sind.»

Der Grosse Rat wird das Geschäft voraussichtlich im Juni behandeln. Lüscher geht davon aus, dass die GGpl gute Chancen hat, angenommen zu werden. Eine Kehrtwende, wie jüngst bei der geplanten Einführung einer Einheitspolizei, erwartet er nicht.