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Die wichtigsten Punkte zur umstrittenen Steuervorlage 

Am 18. Mai stimmen die Aargauerinnen und Aargauer über einige Änderungen des Steuergesetzes ab. Das sind die acht zentralen Fragen und Antworten mit den Argumenten beider Seiten.

Was ist das Ziel der Steuergesetz-Revision?

Der Aargau will bei allen Stufen der Einkommens- und Vermögenssteuern zu den Top Ten gehören. Festgelegt haben Regierung und Grosser Rat das in der Steuerstrategie 2022-2030. Für dieses Ziel sieht der Regierungsrat mehrere Anpassungen vor. Die Steuergesetz-Revision 2025, über die das Aargauer Stimmvolk am 18. Mai befindet, ist eine.

Die Senkung von Vermögenssteuern entlastet Steuerzahlende in der Summe um 116 Millionen Franken. Höhere Kinderabzüge bringen 27,5 Millionen Franken, der höhere Abzug für Kosten der Drittbetreuung von Kindern 5,8 Millionen Franken. 600’000 Franken macht der höhere Maximalbetrag für die Kosten von Weiterbildungen aus. 400’000 Franken die Senkung von Gewinnsteuern für Vereine, Stiftungen und übrige juristische Personen.

Warum kommt es zur Volksabstimmung?

Der Regierungsrat hat die Vorlage dem Grossen Rat vorgelegt. Dieser nahm wenige Änderungen vor und stimmte dem Paket an Gesetzesänderungen mit 93 Ja zu 39 Nein zu. Zur Volksabstimmung kommt es wegen des Behördenreferendums, das die SP darauf ergriff. Diesem stimmten nebst den Sozialdemokraten die Grossratsmitglieder von Grünen und EVP zu. Für ein Behördenreferendum sind 35 der 140 Stimmen im Aargauer Parlament nötig – die drei Parteien erreichten 42 Stimmen.

Wie werden die tieferen Steuern finanziert?

Anfang 2025 ist die Revision des Schätzungswesens in Kraft getreten. Diese Änderungen betreffen die Liegenschaftsbewertung und den Eigenmietwert. Sie führen zu einer höheren Belastung von Liegenschaftseigentümern und bringen Kanton und Gemeinden in der Summe zusätzliche Einnahmen von 190 Millionen Franken. Dieser Betrag soll nun durch die Senkung verschiedener Steuern kompensiert werden.

Gemäss Regierungsrat hat die Revision 2025 tiefere Steuereinnahmen von 150 Millionen Franken für Kanton und Gemeinden zur Folge. Um weitere 40 Millionen Franken sollen die Steuereinnahmen durch weitere Gesetzänderungen sinken. Über dieses wird der Grosse Rat in zweiter Lesung noch beraten.

Welche Auswirkungen hat die Revision auf die Gemeinden?

Die Gemeinden werden durch die Steuergesetzrevision 2025 rund 72 Millionen Franken weniger einnehmen. Gegenfinanziert wird dieses Minus durch die Revision des Schätzungswesens, die den Gemeinden Mehreinnahmen von 88 Millionen Franken pro Jahr bringen soll.

Für 171 Gemeinden, also die grosse Mehrheit, bleiben unter dem Strich Mehreinnahmen aus der Gegenfinanzierung übrig. Schneisingen darf gemäss den Berechnungen des Kantons mit 4,3 Prozent höheren Erträgen durch Einkommens- und Vermögenssteuern rechnen, Rüfenach mit 3,8 Prozent. Solch hohe Mehreinnahmen sind allerdings die Ausnahme. In den meisten Gemeinden betragen sie weniger als 1,5 Prozent.

Auf der anderen Seite müssen 25 Gemeinden trotz Gegenfinanzierung mit tieferen Einnahmen rechnen, allen voran Mandach (minus 3,2 Prozent) und Mellikon (minus 2,8 Prozent). Die Stadt Aarau steht mit minus 0,4 Prozent knapp auf der Verliererseite, während der Ausblick für Baden mit plus 0,6 Prozent knapp positiv ist.

Wer ist für ein Ja zur Steuergesetz-Revision?

Von politischer Seite sind das FDP, SVP, Mitte, GLP, EDU. Die Parteien bilden mit Gewerbeverband, Bauernverband, der Industrie- und Handelskammer (AIHK) sowie dem Hauseigentümerverband das Ja-Komitee.

Wer bekämpft die Vorlage?

Von den Parteien im Grossen Rat sind das SP, Grüne und EVP. Die Nein-Kampagne unterstützt auch Arbeit Aargau, der Dachverband der Gewerkschaften. Ungewöhnlich: Mehrere SP-Mitglieder haben beim Verwaltungsgericht eine Beschwerde gegen die offizielle Abstimmungsbroschüre eingereicht.Kritikpunkt ist die Auswahl der vier Beispiel-Haushalte, die von der Revision profitieren. Die SP fordert, dass 16 weitere Beispiele ergänzt werden, darunter Familien oder Vermögende, die nicht oder kaum respektive massiv profitieren.

Welche Argumente bringen die Befürworter?

Die Vorlage soll vor allem Familien entlasten und die Vermögenssteuern senken, so der Regierungsrat und die Befürworter. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung profitiere. In erster Linie sei das der Mittelstand. Die anderen Bürgerinnen und Bürger hätten keinen Nachteil. Die Entlastung sei bei den tiefsten Vermögenssteuern relativ gesehen mit 36 Prozent grösser als bei den höchsten Vermögenssteuern mit bis zu 24 Prozent. Die Vorlage entlaste Wohneigentümer und verhindere massive Steuererhöhungen durch die Revision des Schätzungswesens. Bei einer Reserve von über einer Milliarde Franken in der Kantonskasse seien tiefere Steuern angezeigt.

Welche Argumente bringen die Gegner?

Von der Steuergesetz-Revisionprofitierten vor allem die Reichen statt Familien und Mittelstand, argumentieren die Gegner. Für die 60 Reichsten im Aargau (Vermögen über 50 Millionen) wären das jeweils 100’000 Franken weniger – in der Summe 6 Millionen Franken. Der Mittelstand müsste, wenn man die Revision des Schätzungswesens mitberücksichtigt, höhere Steuern zahlen, monieren die Linken. Obwohl Regierungsrat und Befürworter die Entlastung der Familien hervorheben, würden die höheren Kinderabzüge kaum Entlastung bringen. Die breite Bevölkerung gehe leer aus. Deshalb sprechen die Gegner von einem «Steuer-Bschiss».