
Franzosen wollen Eringerkuhkämpfe verbieten – was passiert in der Schweiz mit der Lieblingskuh der SVP-Bosse?
Französische Parlamentarier wollen Eringerkämpfe verbieten. Sie fordern ein Verbot von «jeglicher Unterhaltung», die darin bestehe, einen Kampf zwischen einzelnen Rindern zu provozieren oder diese wissentlich in Umstände zu bringen, die einen solchen Kampf herbeiführen könnten. Das schreibt die französische Zeitung «Le Dauphiné libéré».
Unterzeichnet haben den Gesetzesvorschlag vor allem Parlamentarier der französischen Linken. Bereits der Transport zu den Veranstaltungen setze die Tiere unter Stress, und während der Kämpfe bestehe eine erhöhte Verletzungsgefahr für Mensch und Tier. Bei einem Wettkampf in Frankreich sei es etwa zu einem Vorfall gekommen, bei dem kämpfende Tiere die Absperrungen durchbrachen und in die Menge geraten seien.
Zudem sei der Eringerkampf eine Schweizer Tradition, welche erst in den 1970er-Jahren nach Frankreich importiert worden sei. Damit gehöre sie nicht zur französischen Kultur und könne gut wieder abgeschafft werden.
«Absolut natürliches Verhalten»
Während die Kühe in Frankreich vor allem als Nutztiere zur Fleischproduktion gehalten werden, gilt der Eringerkampf in den Schweizer Bergen als Kulturgut. Die Zucht hat insbesondere im Wallis eine lange Tradition.
Die Eringerkämpfe beruhen darauf, wie die Kühe die Rangfolge innerhalb der Herde bestimmen. Seit jeher würden die Kühe jeweils im Frühling auf der Weide natürlicherweise miteinander ringen, schreibt der Bund. Nach und nach beugen sich die Tiere der dominierenden Kuh.
Die Kämpfe finden deshalb meist im Frühling statt. Dabei werden die Kühe derselben Gewichtsklasse gleichzeitig in den Ring geführt, wo sie sich ihre Gegnerinnen aussuchen. Tiere, die an den Rand zurückgedrängt werden oder den Kampf verweigern, gelten als Verliererinnen. Mit im Ring stehen sogenannte Rabatteure, welche die Eringerkühe gemäss Anordnung der Jury wieder zusammenführen.
Die Rasse ist seit 1884 offiziell anerkannt, seit 1922 finden national dokumentierte Kämpfe statt. Allein im Kanton Wallis wurden 2022 über 5600 Eringerkühe gehalten. In Frankreich sind es knapp 1100 Tiere. Das Spektakel lockt jeweils mehrere tausend Besucherinnen und Besucher an. Die nationalen Finalkämpfe werden gar von über 15’000 Leuten besucht.
Verbot bleibt chancenlos – gefährlicher ist ein neues Virus
An den Bedenken der Tierschützer ändert das wenig. Auch wenn die Kühe in den Kämpfen ein natürliches Verhalten zeigen würden, finde dieses nicht in einer natürlichen Umgebung statt, schreibt der Tierschutzverband Vier Pfoten, sondern in einem inszenierten Umfeld. Der Spass der Besucher stehe im Vordergrund. Das gelte es kritisch zu hinterfragen.
Zu ernsthaften Zwischenfällen, wie sie die französischen Abgeordneten schildern, kommt es in der Schweiz aber selten. Wohl auch deshalb formulieren die Tierschutzverbände keine Verbotsforderungen. Dabei dürfte es vorerst bleiben. Der Widerstand dagegen wäre schlicht zu gross – seitens der Züchter, aber auch seitens der SVP. Die Partei zählt viele stolze und prominente Eringer-Besitzer, darunter auch der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner.
Grössere Sorgen bereitet den Züchtern ein neues Virus, welches die sogenannte Lumpy-Skin-Krankheit verursacht. Sie führt bei Rindern zu Hautveränderungen, Fieber und einer rückläufigen Milchproduktion. In Frankreich müssen Züchter deshalb momentan Rinder notschlachten. Auch in Genf wurden Ende Juni erste Fälle gemeldet. Der Bund hat entsprechende Massnahmen und Impfungen angeordnet.
Zuletzt wurde deswegen der Espace-Montblanc-Ringkuhkampf in Chamonix abgesagt. Dort wären im September Eringerkühe aus Frankreich, dem Aostatal und dem Wallis gegeneinander angetreten. Zwar findet das nationale Finale jeweils im Mai statt, doch im September dürfen sich Eringer-Fans auf weitere Kämpfe im Wallis freuen – egal, was die Kollegen jenseits der Grenze beschliessen.