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Sieben Franken pro Tag seien zu wenig gewesen: Ausbrecher Amin T. gibt der Schweiz die Schuld für seine Verbrechen 

Am 4. Oktober 2022 gelang einem Tunesier, Amin T. (Name geändert), am Bahnhof Aarau bei einem Gefangenentransport die Flucht. Die Polizei konnte ihn seither nicht finden. Nun meldet sich der 35-Jährige zu Wort – und gibt an, seit seiner Flucht schon vier Mal in der Schweiz gewesen zu sein.

Wo ist Amin T.? Der Häftling und Gewalttäter haute 2022 in Aarau ab. Dem Tunesier gelang am Bahnhof bei einem Gefangenentransport die Flucht. Seitdem wird er von der Polizei gesucht – bisher erfolglos. Nachdem er sich im November 2023 provokativ auf Social Media zeigte, hat «Blick» mit ihm sprechen können.

Dort gibt er der Schweiz die Schuld für seine Verbrechen. Er habe nur sieben Franken am Tag erhalten. «Zu wenig», wie er findet. Zudem beklagt er sich über die Schweizer Justiz. Er sei im Gefängnis wie ein Hund behandelt worden, erklärt Amin T. Schon seit eineinhalb Jahren ist er auf der Flucht. In dieser Zeit sei er laut eigener Aussage nicht mehr straffällig geworden. «Ich bin nicht gefährlich», sagt er gegenüber Blick.

Er soll seit der Flucht vier Mal in der Schweiz gewesen sein

Besonders brisant: Amin T. gibt an, seit seinem Verschwinden vor der Polizei schon vier Mal in der Schweiz gewesen zu sein. Bilder zeigten ihn vor dem Eiffelturm in Paris. Auch in Wien sei er schon gewesen. Seinen jetzigen Aufenthaltsort verrät der 35-Jährige aber nicht.

Im Herbst 2022 hatte Amin T. (Name geändert) im Gefängnis im Amtshaus Aarau bei einer Auseinandersetzung einen Mithäftling erheblich verletzt.Der tunesische Asylbewerber hätte die Schweiz schon 2014 verlassen müssen. Er wurde zweimal verurteilt und erhielt einen Landesverweis. Bevor er abhaute, sass er wegen Gewaltdelikten 27 Monate hinter Gittern. Am 4. Oktober 2022 gelang ihm bei einem Gefangentransport die Flucht.

Die Vorgeschichte

– 15. Januar 2014: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) weist den Tunesier, der später als Amin T. bekannt wurde, zusammen mit seiner Frau im Asylverfahren dem Kanton Aargau zu.

– 15. Mai 2014: Genau vier Monate später lehnt das SEM das Asylgesuch des Ehepaars ab und weist es aus der Schweiz weg.

– 16. Juli 2014: Das Bundesverwaltungsgericht tritt nicht auf eine Beschwerde des Ehepaars gegen die Wegweisung ein. Dem Ehepaar wurde eine Ausreisefrist bis zum 12. September 2014 gewährt.

– Herbst 2014: Da die Ehefrau des Tunesiers zu diesem Zeitpunkt das erste Kind erwartete, verlängerte das SEM auf Gesuch des Ehepaars hin die Ausreisefrist auf rund zwei Wochen nach dem erwarteten Geburtstermin, bis zum 12. Dezember 2014.

– 5. Dezember 2014: Das erste Kind des Ehepaars kommt zur Welt, die Familie reist aber weiterhin nicht aus.

– 25. März 2015: Das SEM ersucht die tunesischen Behörden um Ausstellung von Ersatzreisedokumenten für die ausreisepflichtige Familie.

– 6. März 2017: Die tunesischen Behörden erklären sich bereit, Ersatzreisepapiere für das Ehepaar auszustellen, verweigern jedoch die Dokumente für das Kind.

– Am 6. Dezember 2017: Das zweite Kind der Familie kommt zur Welt.

– 14. Februar 2018: Amin T. greift seine Ehefrau in einer Asylunterkunft an und verletzt sie schwer.

– 15. Juli 2018: In einer Bar in Olten greift er eine Kosovarin an, drückt ihr das Knie ins Gesicht und bricht ihr zweifach den Unterkiefer.

– 9. Oktober 2018: Aufgrund der Straffälligkeit von Amin T. beantragt das Aargauer Migrationsamt beim SEM eine von seiner Familie getrennte Rückführung.

– 12. Oktober 2018: Das SEM stimmt diesem Antrag (in Abweichung vom Grundsatz der Einheit der Familie beim Wegweisungsvollzug) zu.

– 28. Dezember 2018: Das dritte Kind der Familie kommt zur Welt.

– 4. Februar 2019: Das Staatssekretariat für Migration ordnet gegen Amin T. ein ab dem 16. Februar 2019 bis zum 15. Februar 2024 gültiges Einreiseverbot für die Schweiz und Liechtenstein an.

– 18. April 2019: Der Tunesier wird bei einer Zollkontrolle in Chiasso aufgegriffen. Die Behörden eröffnen ihm das Einreiseverbot und die Wegweisung und lassen ihn nach Italien ausreisen.

– 6. Mai 2019: Der Mann wird im Kanton Solothurn verhaftet, er war offenbar illegal wieder in die Schweiz eingereist.

– 12. Januar 2022: Der Tunesier soll nach Verbüssung seiner Freiheitsstrafe aus dem Gefängnis entlassen werden. Am gleichen Tag verfügt das Migrationsamt die Ausschaffungshaft.

– 9. März 2022: Weil die tunesischen Behörden einen Tag zuvor in letzter Minute die Ausstellung eines Reisedokumentes verweigern, scheitert ein weiterer Versuch, den Mann auszuschaffen.

– Herbst 2022: Amin T. verletzt im Gefängnis im Amtshaus Aarau bei einer Auseinandersetzung einen Mithäftling erheblich.

– 4. Oktober 2022: Amin T. gelingt bei einem Gefangentransport in Aarau die Flucht.(fan)