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Weil der Bund am Anschlag ist: Kantone müssen pro Woche doppelt so viele Asylsuchende aufnehmen

Die anhaltend hohe Zahl von Asylsuchenden bringt den Bund an die Belastungsgrenze – in seinen Unterkünften gibt es kaum noch freie Betten. Nun müssen die Kantone mehr Asylsuchende übernehmen. 

Statt wie bisher 500 müssen die Kantone ab Donnerstag 1000 Asylsuchende pro Woche vom Bund übernehmen. Dies gab das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Dienstag bekannt. Da es in den Unterkünften des Bundes kaum noch freie Betten gebe, sollen Asylsuchende bereits vor Ablauf der bisher geltenden Frist von 140 Tagen an die Kantone überstellt werden. Sie sollen proportional zur Bevölkerung auf die Kantone verteilt werden.

Grund für die Massnahme ist die anhaltend hohe Zahl von Menschen, die in der Schweiz ein Asylgesuch stellen. Derzeit seien es rund 800 Personen pro Woche, heisst es in der Mitteilung. Besonders betroffen sind die Regionen West- und Nordwestschweiz. Aber auch in den restlichen Regionen sei die Kapazitätsgrenze annähernd erreicht, so das SEM weiter.

Unbegleitete Minderjährige bleiben beim Bund

In enger Zusammenarbeit mit der Armee seien bisher gegen 20 Objekte in Betrieb genommen worden, darunter Mehrzweckhallen in Bure, Thun und Chamblon. Aktuell sei zusätzlich die Inbetriebnahme von Mehrzweckhallen in Schönbühl und Emmen geplant.

In einem ersten Schritt werden Personen mit einer Wegweisungsverfügung frühzeitig an die Kantone überstellt. Ab nächster Woche sollen dann auch Personen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, in die Verantwortung der Kantone übergeben werden. Ausnahmen gibt es für Fälle mit einem Dublin-Verfahren, Personen aus Afghanistan oder Ländern mit tiefer Schutzquote, bei denen ein Schnellverfahren durchgeführt wird, und für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA).

Deren Zahl hat sich im laufenden Jahr gegenüber 2021 um 50 Prozent erhöht, wie das Sem letzte Woche mitteilte. Aktuell sind laut SEM rund 650 UMA in den Bundesasylzentren registriert. Bei weiteren rund 500 wird derzeit überprüft, ob sie unter 18 Jahre alt sind. Das für diese Aufgabe benötigte Personal ist aber aufgrund des Fachkräftemangels schwer zu rekrutieren. Der in den Bundesasylzentren vorgesehene Schlüssel von einem Sozialpädagogen pro 15 UMA kann deswegen zur Zeit nicht eingehalten werden.

Bundesrätin Keller-Sutter bezeichnet Lage als «sehr angespannt»

Das SEM hatte bereits im September Alarm geschlagen und bekannt gegeben, dass die Plätze in den Bundesasylzentren mittelfristig nicht ausreichten. Verschärft wird die Lage zusätzlich durch die grosse Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine. Das SEM rechnet damit, dass die Schweiz dieses Jahr insgesamt 80’000 bis 85’000 Personen aus der Ukraine aufnehmen wird.

Die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter bezeichnete die Lage im Asylbereich am Samstag gegenüber Radio SRF als «sehr angespannt». Positive Effekte erhofft sie sich vom Entscheid Serbiens, von der bisherigen liberalen Visapolitik abzurücken und insbesondere Menschen aus Nordafrika die Einreise zu erschweren – dies auf Druck der EU. Keller-Sutter hatte sich am Lobbying für die EU-Intervention in Belgrad massgeblich beteiligt. (wap)