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Durch den Geheimgang ging’s zum Papst: Wie ich Franziskus die Hand schüttelte

Den Papst zu treffen, ist eine Ehre. Und eine Herausforderung. Warum, schreibt CH-Media-Journalistin Sermîn Faki, die diese unverhoffte Möglichkeit vor einigen Jahren hatte.

Händedruck. Leichte Verbeugung. «Es ist mir eine grosse Ehre, Eure Heiligkeit.» Am 12. November 2018 traf ich den Papst – und zwar dank Alain Berset. Ich begleitete den damaligen Bundespräsidenten auf einer Reise, die von Paris über Rom nach Palermo führte, Papst-Audienz inklusive.

Dass ich Franziskus persönlich die Hand schütteln konnte, kam allerdings unerwartet. Vielleicht auch besser so, denn der Besuch im Vatikan hatte mich schon ohne diese Aussicht nervös gemacht. Bundesräten mag man in den Gassen der Berner Altstadt oder im Coop häufiger begegnen, aber dem Papst? Und in einer streng hierarchisch organisierten und vom Protokoll beherrschten Umgebung wie der Vatikanstadt war das Risiko, einen peinlichen Fauxpas zu begehen, durchaus vorhanden.

Das beginnt schon mit einer einfachen Frage: Was zieht man da an? Lachen Sie nicht, es gibt Kleidervorschriften: Männer sollten, so heisst es auf der Website des Vatikans, «einen dunklen Anzug oder Frack tragen, während Frauen ein schwarzes, über knielanges, hochgeschlossenes Kleid bevorzugen sollten, mit wenig Schmuck. Schleier sind nicht obligatorisch, aber viele Frauen tragen sie als Zeichen der Bescheidenheit.»

Schleier?

Ich entschied mich für einen schwarzen Anzug und eine dunkle Bluse, kaufte aber noch ein paar elegante schwarze Pumps (deren Absätze ich mir gleichentags auf den Römer Bsetzisteinen ruinierte – aber das zu bemerken, ist angesichts der Person von Franziskus, der sich als Papst der Menschen, der Armen und Benachteiligten verstand, wohl fehl am Platz).

Erst Prunk, dann Profanes

Der Petersplatz lag menschenleer in der Morgensonne, als wir geladenen Journalisten uns an einem Seiteneingang versammelten, von wo aus wir durch von Schweizergardisten bewachte Säulengänge, imposante Treppenhäuser und marmorne Säle geführt wurden.

Schweizergardisten am 12. November 2018 im Vatikan.
Bild: Sermîn Faki

Dann plötzlich war es mit dem Prunk vorbei. Durch eine unscheinbare – vielleicht sogar unsichtbare – Tür in einer Wand wurden wir in einen schmalen Geheimgang geführt. Dieser führte in eine Kammer neben dem Audienzzimmer und war für Vatikanverhältnisse nüchtern gehalten: klein, eng, mit Garderobenhaken an der Wand. Wir wurden angewiesen, zu warten, bis man uns durch eine weitere Tür ins Zimmer lassen würde, wo der Papst Berset empfangen sollte.

Die korrekte Anrede

Es war in dieser kleinen Kammer, als es hiess, dass wir möglicherweise die Chance erhalten würden, dem Papst die Hand zu geben: «Wenn Sie das Zeichen erhalten, stellen Sie sich in einer Reihe auf. Sprechen Sie den Heiligen Vater mit ‹Sua Santità› an, geben Sie ihm die Hand, verbeugen Sie sich leicht. Damen machen einen kleinen Knicks. Wenn Sie mögen, können Sie dem Heiligen Vater etwas sagen. Warten Sie die Antwort ab, und gehen Sie weiter.»

Das waren die Anweisungen. «Sua Santità» also, Eure Heiligkeit. Das konnte ich mir merken. Von Katholiken würde auch ein «Santo Padre», Heiliger Vater, toleriert, auch wenn das protokollarisch falsch sei.

Als es so weit war, wurden wir ins Audienzzimmer gelassen, wo wir der Begrüssung von Bundespräsident und Papst aus einiger Entfernung zuschauen konnten. Die beiden wechselten ein paar Worte, Berset präsentierte die Gastgeschenke der Schweiz (ein Kunstbuch und ein Plakat des Schweizerischen Roten Kreuzes).

Ein Rosenkranz als Souvenir

Und dann, bevor sich Berset und Franziskus zum Vier-Augen-Gespräch zurückzogen, war es so weit. Das Zeichen kam, wir stellten uns in einer Reihe auf, und schon war ich an der Reihe, dem Papst die Hand zu schütteln. Ich verbeugte mich und murmelte so etwas wie «È un onore, Sua Santità», lächelte und ging weiter. Mir kamen tausend Fragen in den Sinn, aber keine wäre passend gewesen. Und weder mein Italienisch noch mein Spanisch sind wirklich gut. Kurz: Vor lauter Angst, etwas Falsches zu sagen, zu tun – sagte ich, tat ich: nichts.

Sermîn Faki bei Papst Franziskus.
Bild: zvg

Franziskus war freundlich und zugewandt, aber die Situation hatte auch etwas geschäftig Geschäftliches. Ein Pflichttermin eben. Nicht verwunderlich, wenn man weiss, wie termingefüllt die Tage des vatikanischen Staatsoberhaupts sind.

Dann war der Moment vorbei, ich machte Platz für den nächsten Grüssenden, bevor es wieder durch marmorne Säle, imposante Treppenhäuser und vorbei an Schweizergardisten wieder auf den Petersplatz ging.

Doch zuvor erhielt ich zum Andenken noch einen Rosenkranz mit dem Papstwappen. Und zwei Wochen später erreichte mich via Bersets Departement ein Foto, das unseren Handschlag festhielt. Wo das Bild ist, weiss ich nicht mehr. Der Rosenkranz liegt bis heute in meinem Nachttisch.