
Aufgefahren in den Himmel
Christi Himmelfahrt – oder wie es in der Schweiz eher bekannt ist: «Auffahrt» – ist ein Fest, das aus dem Rahmen fällt. Wir haben nicht einmal so viel wie beim Pfingstfest, wo man noch sagen kann, dass dort Feuer und Flammen erschienen und ein Wind durch die versammelte Menschenmenge ging. Es ist kein Fest der sichtbaren Zeichen, und es gibt nicht einmal erwähnenswerte Volksbräuche, die damit verbunden wären. Und doch gehört dieses Fest zum Wesen des Christentums.
In der Bibel finden sich verschiedene Beschreibungen darüber, was und wie es im Himmel sein wird. Neben vielen bildhaften Darstellungen, die einen himmlischen Hofstaat andeuten, begegnen uns auch wesentliche Aussagen über Jesus – und damit auch über Gott. Als Grundtenor lässt sich daraus entnehmen: Der, der gen Himmel gefahren ist und nun zur Rechten Gottes sitzt, ist jemand, der uns liebt.
Diese Liebe, von der hier die Rede ist, ist keine an Bedingungen geknüpfte Liebe. Sie ist einfach da – und sie wirkt für alle. Ich muss daran denken, wie der neu gewählte Papst in seiner ersten Predigt die Liebe Gottes hervorgehoben hat. Gottes Liebe ist kein Programm, sondern etwas Wesentliches. Und ich denke, es ist wichtig, dass wir das gerade an Himmelfahrt bedenken.
Im Leben ist es meistens so, dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist. «Ich liebe, weil …», hören wir oft. Danach folgt eine ganze Reihe von Argumenten. Nicht so im Falle der göttlichen Liebe! Auf die Aussage, dass Jesus uns liebt, folgt kein aber und keine Einschränkung. Es ist nicht nötig zu beweisen, wie gut wir sind oder wie gute Christen wir sind – denn seine Liebe gilt uns.
Beim Bild des himmlischen Hofstaats muss ich daran denken, wofür ein König in der Antike stand: Er war Garant für Sicherheit und Ordnung. An Christi Himmelfahrt dürfen wir uns bewusst machen, dass unsere Freiheit und Sicherheit von niemand anderem als von Gott garantiert sind. Die Himmelfahrt Christi steht als Zeichen dafür, dass wir im Leben einen stabilen Grund und Boden haben.
Auffahrt ist also ein Fest der Freude – und zwar nicht irgendeiner Freude, sondern einer Freude, die unserem Leben eine besondere Tiefe schenkt. Diese Tiefe verdanken wir dem, der als Hohepriester zur Rechten des Vaters sitzt. Ein Priester sollte nicht nur Opfer darbringen, sondern sein ganzes Leben steht – exemplarisch – im Dienst seines Herrn.
Steht die Auffahrt für die bedingungslose Liebe Gottes, die unser Leben umrahmt, so muss dies auch in unserer Lebensführung sichtbar werden. Denn wir haben Anteil an seinem priesterlichen Amt. Auffahrt ermutigt uns, nach dem Beispiel dessen zu leben, der uns die Liebe Gottes nahegebracht hat. Es ist eine Ermutigung – kein Zwang.Himmelfahrt stellt die Frage nach den bewussten Entscheidungen in unserem Leben. Beantworten müssen – und dürfen – wir sie selbst. Der Sohn Gottes ist gen Himmel gefahren, um uns genau diese Freiheit zu schenken: ein für alle Mal und für alle Zeiten.