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Nach nur 15 Monaten: Erneuter Wechsel im altehrwürdigen Restaurant Du Nord – der Koch zog extra von Neapel nach Wettingen

Das frühere Wirtepaar hatte im Mai 2022 nach zwei Jahrzehnten schweren Herzens aufgehört. Nun kommt es innert kürzester Zeit bereits zum zweiten Pächterwechsel. Wer jetzt das Restaurant führt – und wieso die neuen Pächter kurzfristig den Namen änderten.

Auf den Tischen stehen Schnaps- und Weinflaschen, zahlreiche Pfeffermühlen, ein Behälter voller Korken und kleine Topfpflanzen zur Dekoration. Der neue Pizzaofen wartet mitten im Raum noch darauf, an der richtigen Stelle platziert zu werden. An der Haselstrasse in Baden laufen am Montag im Innern des ehemaligen Restaurants Du Nord – dessen Namen noch immer draussen auf der schweren Eingangstüre eingeritzt steht – die letzten Arbeiten.

Letzte Woche war die 88 noch klar erkennbar, inzwischen wurde die vordere 8 abgedeckt. Diese Woche soll das neue Schild montiert werden.
Bild: cla

Ab Mittwoch wird hier italienische Küche im authentischen Ambiente serviert. Anfang Jahr hat der bisherige Wirt die Schlüssel an die neuen Pächter Natasha und Kostadin Gochev übergeben – nach nur 15 Monaten. Er hatte den Betrieb 2022 vom Ehepaar Fatos und Veli Us übernommen, das nach 21 Jahren schweren Herzens aufgehört hatte, weil das Gebäude, in dem sich das Restaurant befindet, statt an sie an einen Wettinger Gastronomen verkauft worden war.

Dieser verpachtete das Gasthaus an den neuen Wirt, der aus dem «Du Nord» die Pizzeria «il Peperone» machte. Etwas mehr als ein Jahr später prangte letzte Wochen draussen auf dem Schild oberhalb der Türe bereits wieder ein neuer Name: Ristorante Pizzeria 88.

Beim Besuch der AZ ist die vordere 8 abgeklebt. Das ganze Schild soll bis am Mittwoch, pünktlich zur Wiedereröffnung, ersetzt sein. Denn: «Uns war die Bedeutung dieser Zahl speziell in Deutschland nicht bewusst», sagt Natasha Gochev. 88 steht in der rechtsextremen Szene für «Heil Hitler», weil der Buchstaben H an achter Stelle des Alphabets kommt.

Ihr habe die Zahl besonders gut gefallen, weil sie im Feng-Shui für Glück und Reichtum stehe, so Gochev. Dass sie noch eine weitere, aber negative Bedeutung hat, erfuhren ihr Mann und sie durch Kunden ihres bisherigen Hauptunternehmens, der Natur Pilze GmbH, mit der sie balkanische Pilze vertreiben. «Doch damit wollen wir uns natürlich nicht in Verbindung bringen», bekräftigt sie. Deshalb haben sie nun den Namen kurzfristig in «Ristorante 80» geändert und alles, worauf die 88 geschrieben stand, neu bedrucken lassen. Das sei zwar ein Dämpfer gewesen, sagt Gochev, aber nun schauen sie wieder vorwärts.

Das Wirtepaar Natasha und Kostadin Gochev hat die letzten 15 Tage unter Hochdruck daran gearbeitet, dem Restaurant mehr «Italianità» zu verpassen.
Bild: Sandra Ardizzone

Innert zwei Wochen haben sie das Restaurant umgestaltet, das in einer Ausgabe der Badener Neujahrsblätter als «Stammtisch der schlichten BBC-Mitarbeiter der 50er- und 60er-Jahre» bezeichnet wurde. So manches erinnert zwar immer noch an die vergangenen Jahrzehnte: Tische, Theke und natürlich die Küche befinden sich noch immer an derselben Stelle.

In neuem Glanz erstrahlen hingegen die Wände, die mit italienischer Barockmalerei verputzt wurden. «Alles in Handarbeit», versichert Kostadin Gochev. Auch was oberhalb des Kücheneingangs wie eine Holzverkleidung daherkommt: alles selbst gemacht.

Pilz-Business wird weitergeführt

Beide kommen ursprünglich aus Nordmazedonien. Bevor er aber vor fünf Jahren der Liebe wegen in die Schweiz kam, hatte er in Italien gelebt und gearbeitet. Seine Frau fand vor 20 Jahren den Weg ins zürcherische Oberengstringen, wo sich auch der Firmensitz ihrer Erstfirma Natur Pilze GmbH befindet.

Die Wände wurden im Barockstil neu verputzt.
Bild: Sandra Ardizzone

Die wollen sie trotz neuer Aufgabe weiterführen. Sie vertreiben Pilze aller Art und bedienen damit in erster Linie Gastrobetriebe. «Eierschwämmli, Trüffel, Steinpilze», beginnt Natasha Gochev aufzuzählen. Ausserdem sind die 39- und der 38-Jährige Eltern eines Kleinkindes. Als das Lokal im Herbst online ausgeschrieben war, bewarben sie sich sogleich: «Es war schon immer der Traum meines Mannes, ein eigenes Restaurant zu führen», erzählt Natasha Gochev, die dafür das Wirtepatent erworben hat.

Sicher werde es deshalb im Ristorante 80 einige Menüs mit Pilzen geben, sagt sie mit einem Lächeln. Geplant ist über Mittag eine Auswahl aus drei Menüs, die wöchentlich wechseln – zu günstigen Preisen, wie sie betont. Dank Koch Raffaele «Lello» Esposito kommt das Essen mit einer Extraportion Italianità. Er ist extra aus Neapel in die Schweiz gekommen, er lebt aktuell in Wettingen, um hier für das Ehepaar Gochev und hoffentlich zahlreiche künftige Gäste zu kochen.

Koch Raffaele «Lello» Esposito kommt aus Neapel und lebt nun in Wettingen.
Bild: Sandra Ardizzone

Das Wirtepaar Gochev wünscht sich nun, dass das Restaurant bald wieder so gut läuft wie zu früheren Zeiten, als es das Ehepaar Us führte, deren Stammgäste über den Abschied genauso traurig waren wie sie selbst. Dass nun wieder ein Paar übernimmt, ist hoffentlich ein gutes Vorzeichen.