
Adoptiveltern für Teddybären gesucht: Sie sollen die Kuscheltiere ein halbes Jahr in ihren Alltag integrieren
Sieben 1,60 Meter grosse Teddybären sitzen in farbige T-Shirts gehüllt mitten im Restaurant des Regionalen Pflegezentrums Baden. Und es ist erstaunlich, mitzuerleben, was für einen unmittelbaren Effekt die Plüschtiere haben. Vorbeigehende bleiben stehen und fangen an zu lächeln, manche zeigen sich erstaunt, andere umarmen sie. Die Stimmung im ganzen Raum heitert sich merkbar auf.
Die Kuscheltiere machen das partizipative Kunstprojekt «Bär*in ‹ad›Option» aus, das der Wettinger Verein Zukunftslabor ins Leben gerufen hat. Sieben Riesen-Teddys werden für ein halbes Jahr unentgeltlich in die Obhut von Menschen übergeben, die sie in ihren Alltag integrieren und ihre Erlebnisse mindestens einmal pro Woche in Form von Fotos, Videos oder Texten mit der Öffentlichkeit teilen.
«Wir bekamen vom Kanton Unterstützung für ein Projekt zum Thema Serendipität und entschieden uns für das interaktive Kunstformat mit den Bärinnen und Bären. Niemand kann sie übersehen, und sie lösen bei praktisch allen eine sofortige Reaktion aus. Es entstehen Gespräche, man lacht, witzelt und viele fangen an, sich an die eigene Kindheit zu erinnern», meint Mitinitiantin Simona Hofmann.
Die Idee, die Plüschtiere zur Adoption freizugeben, findet auch das Aargauer Kuratorium originell und sprach deshalb seine Unterstützung zu. Damit alle ihre ganz persönliche Beziehung zu ihren Adoptivteddys auf Zeit gestalten können, werden sie in der Projektankündigung bewusst geschlechtsneutral gehalten und eben als Bär*innen bezeichnet. «Sie sollen im Alltag präsent sein, begleitet werden und über ihre blosse Erscheinung hinaus als Impulsgeber für zwischenmenschliche Begegnungen und soziale Reflexion wirken», erklärt Hofmann den Anwesenden bei der Auftaktveranstaltung im Regionalen Pflegezentrum.
Drei der sieben Teddys können noch adoptiert werden. Vier sind bereits in guter Obhut. Zum Beispiel bei «Limmathof»-Direktorin Jessica Schmiederer. Die Berlinerin setzt ihren «Bärlin» bereits aktiv im Badener Hotel- und Wellnessbetrieb ein. Er fungierte schon als Praktikant, half im Housekeeping und bei der Saunareinigung mit und war Fitnesstrainer. Seit einigen Wochen sitzt er regelmässig in der Lobby und erfreut die Gäste.
«Egal ob Teenager oder gestandener Geschäftsmann – alle reagieren sofort darauf. Der Teddybär bringt auch bei Erwachsenen das unbeschwerte Kind wieder hervor», erzählt sie. Die witzigen Bilder, die aus ihrem Leben mit Bär entstehen, postet sie jeweils auf Instagram unter bear-with-heart.
Auch Dominic Eckert und Nadine Eberle vom Reisebüro Dreamtime Travel in Baden haben spontan einen Riesenteddy adoptiert. «Wir wurden vom Verein Zukunftslabor für ein Sponsoring angefragt und dachten zuerst, ‹was für ein Unsinn›. Dann waren wir aber trotzdem neugierig. Als die Initianten schliesslich mit einem ihrer Bären vorstellig wurden, war es um uns geschehen», berichten die beiden schmunzelnd.
Ihr Teddy habe bereits eine Schnupperlehre mit anderen Lernenden gemacht und sei bei Kundengesprächen dabei gewesen und lerne demnächst den Geschäftssitz in Bern kennen. Auch eine Familie aus Basel ist im vorübergehenden Besitz eines Bären beziehungsweise einer Bärin.
Das vierte Exemplar ging ins Regionale Pflegezentrum Baden selber. «Ueli» ist bereits voll ins Alltagsgeschehen integriert. Annette Vogelbacher, Hans Schwendeler und Markus Simon erzählen, dass er schon an Lotto-Events und Geschäftsleitungssitzungen mit dabei war. «Wir spüren ganz deutlich, wie er die Stimmung auflockert und welche Freude die Bewohnerinnen und Bewohner an ihm haben. Er zaubert bei allen ein Lächeln aufs Gesicht. Das sind Momente, die wir uns öfters wünschten», sind sie sich einig.
Vier Bewohnerinnen sind nun eifrig dabei, farbige «Blätzli» für Pullunder der sieben Bär*innen zu stricken, damit sie im Winter nicht frieren müssen. Die Strickgruppe der Reformierten Kirche Baden plus wird sie später zusammennähen. Die partizipative Aktion des Vereins Zukunftslabor zieht immer weitere Kreise, generiert mit wenig Aufwand viel Aufmerksamkeit und geht vor allem direkt ins Herz.